Stefan Sternau
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Auf vielfachen Wunsch liefere ich hier eine ökologisch korrekte Version meiner Geschichte „HEIMFAHRT – Point of no Return“.
Öko-Hans, in schlabbriger Latzhose, geht zu seinem VW Lupo, in einer Öko-Ausführung mit Hybridmotor, extra für ihn angefertigt. Einmal streichelt seine Hand kratzend über die grün-bräunlich-schmutzige, verbeulte Karosserie, deren eigentliche Farbe man nur noch erahnen kann.
Er steigt ein und steigt wieder aus: erst einmal die Lichtkontrolle machen. Die Scheinwerfer sind o.k., aber was ist mit dem Blinker? Er hat wohl einen Wackelkontakt: Blinker geht an, Blinker geht aus, Blinker geht an, Blinker geht aus … „Da sieht man mal wieder das Versagen der Technik, sie können nicht einmal einen dauerhaft funktionierenden Blinker herstellen“, brummelt Öko-Hans.
Er steigt wieder ein und lässt den Elektromotor an. Und man hört – nichts. „Herrlich, diese Stille“, schwärmt er und fährt los. Leider streift er dabei eine Mutter mit Kinderwagen, die das geräuschlose Auto überhört hatte. Das bekommt Öko-Hans aber nicht mit, denn er hört bereits seine Lieblings-CD: Karl, der Käfer. Von dem Song bekommt er immer eine Gänsehaut. „Karl der Käfer wurde nicht gefragt, man hat ihn einfach fortgejagt“ … summt er mit.
Dann zieht Öko-Hans den Lupo brutal hoch. Die erste Kurve nimmt er schon mit 20 km/h. Da passiert es: In 50 Meter Entfernung sieht Öko-Hans eine grüne Ampel. Und was macht der korrekte Mann? Er steigt voll auf die Bremse. Denn er sagt sich: Falls ich jetzt weiterfahre, kann es sein, dass die Ampel, wenn ich sie erreicht habe, gelb oder sogar rot ist und ich nicht mehr rechtzeitig bremsen kann. Also bremse ich lieber schon jetzt.
Leider sind die anderen Autofahrer zu dumm, solchen komplexen Gedankengängen zu folgen. So gibt es nach Öko-Hans‘ Vollbremsung einen Auffahrunfall. Drei Wagen knallen aufeinander. Aber ER achtet nicht darauf, denn er sieht einen Zebrastreifen vor sich, und da muss der umsichtige Fahrer äußerste Vorsicht walten lassen.
An der einen Seite vom Zebrastreifen steht eine Greisin. „Ein Fall für Super-Hans“, sagt sich Öko-Hans, stellt den Wagen mitten auf der Straße ab und eilt zu der alten Dame. „Keine Sorge, ich helfe Ihnen über die Straße.“ „Sehr nett, junger Mann, aber ich will gar nicht rüber, ich warte hier nur auf eine Freundin.“ Aber da ist die Alte an den Falschen geraten. Wenn sich Öko-Hans eine gute Tat vorgenommen hat, dann zieht er das auch gnadenlos durch. Öko-Hans schleift und zerrt die sich heftige wehrende Frau über den Zebrastreifen. Da fällt ihre Tasche runter und geht auf, ein Sammelsurium von Lippenstift, Rouge, Makeup, Kamm, Spiegel usw. ergießt sich auf den Asphalt. „Ach, das sind alles unökologische Konsumgüter“, doziert Öko-Hans, „sei froh, Muttchen, dass du den Plunder los bist, in deinem Alter brauchst du das sowieso nicht mehr.“
Hinter Karls stehendem Lupo hat sich inzwischen ein Stau gebildet, die Fahrer hupen und brüllen aus den Fenstern. Zwei sind in Streit geraten und prügeln sich.
Öko-Hans schaut sie missbilligend an. „Tja, die Leute haben keine Geduld mehr und keinen Blick für eine hilfsbedürftige Frau.“ Er grüßt die Fahrer, die ihn mit dem ausgetreckten Mittelfinger heftig zurückgrüßen. Öko-Hans fährt wieder los, da gibt es einen Schlag auf sein Auto. Er guckt sich um und sieht die alte Frau, die ihren Schirm auf sein Auto geworfen hat. „Mein Gott, wie undankbar, diese alte Krähe“, wundert sich Öko-Hans. „Dabei habe ich ihr doch im Verkehrsdschungel das Leben gerettet. Dass selbst die Alten heute schon gewalttätig sind, daran ist bestimmt die Konsumgesellschaft schuld.“
Aber jetzt wird es ernst, da vorne ist die Autobahn. Karl denkt traurig an seine Kindheit im Heim. Da herrschte das blanke Entsetzen, der furchtbarste Terror, die gnadenlose Grausamkeit: er musste Fleisch essen! Nie wird er dieses Trauma überwinden! „Eigentlich ist mein Leben dadurch sinnlos geworden“, sagt sich Öko-Hans. „Ich glaube, ich sollte mich recyclen, so dass mein Körper wieder der Mutter Natur zugeführt wird.“
Öko-Hans tritt jetzt voll aufs Gas. Und dabei will er etwas Härteres hören. Er legt die CD Mein Freund, der Baum ein und denkt zurück. Wie ein Film läuft sein Leben im Heim vor seinem inneren Auge ab: Frankfurter Würstchen, Wiener Würstchen, Schinken, Fleischwurst, Salami, Schnitzel, Gänsebraten, Hühnerfrikassee, Kalbsragout, Rindersteak, sogar Frikadellen und andere Scheußlichkeiten mehr – ein Fließband des Grauens.
Und der Song ist auch nicht gerade ein Stimmungsaufheller. Refrain: „Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot.“ „Soll ich dem Baum nicht folgen?“, grübelt Öko-Hans.
Plötzlich traut Öko-Hans seinen Augen nicht: ein typischer Rentner überholt ihn auf dem Fahrrad. „Mein Gott, sind diese Raser denn überall?!“ schreit er auf. Und dabei überholt ihn dieser Verkehrsraudi auch noch rechts, auf dem Standstreifen.
Aber dann überholt ihn noch einer und zwingt ihn sogar zum Anhalten: die Polizei. „Mann, wie kommen Sie dazu, hier mit Tempo 30 die Autobahn langzuschleichen? Hier ist doch keine Fußgängerzone!“ „Herr Oberwachtmann, ich fahre immer Richtgeschwindigkeit 30 km/h, dem Wald zuliebe.“ „Was reden Sie denn da? Die Richtgeschwindigkeit ist 130 km/h, nicht 30 km/h. Anders als viele denken, gibt es zwar keine Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h, aber Sie dürfen durch Langsamfahren nicht den Verkehr behindern.“ „Ach, und ich dachte 60 km/h wäre die erlaubte Höchstgeschwindigkeit.“ Der Polizist schüttelt verzweifelt den Kopf. „Wir folgen Ihnen jetzt, wenn Sie nicht mindestens 80 km/h fahren, ziehen wir Sie aus dem Verkehr.“
Öko-Hans fährt weiter - jetzt mit rasanten 80 km/h. Und wenn er ehrlich ist, fühlt er sich in diesem Geschwindigkeitsrausch sogar ganz wohl. „So schlecht ist das Leben gar nicht“, sagt er sich. „Ich habe heute einer alten Frau geholfen, andere Verkehrsteilnehmer durch mein Vorbild belehrt und der Polizei durch mein umsichtiges Fahren imponiert. Das Fleisch im Kinderheim verdränge ich einfach mit positivem Denken. Ich lebe weiter und freue mich jetzt auf einen Tofuburger.“
Und so war aus dem „posttraumatischen“, traurigen Öko-Hans ganz einfach und schnell ein Hans im Glück geworden.
Nachtrag: Der Autor dieser Geschichte weist daraufhin, dass er selbst noch nie einen Punkt in Flensburg hatte und seinen Müll ordentlich trennt.
Öko-Hans, in schlabbriger Latzhose, geht zu seinem VW Lupo, in einer Öko-Ausführung mit Hybridmotor, extra für ihn angefertigt. Einmal streichelt seine Hand kratzend über die grün-bräunlich-schmutzige, verbeulte Karosserie, deren eigentliche Farbe man nur noch erahnen kann.
Er steigt ein und steigt wieder aus: erst einmal die Lichtkontrolle machen. Die Scheinwerfer sind o.k., aber was ist mit dem Blinker? Er hat wohl einen Wackelkontakt: Blinker geht an, Blinker geht aus, Blinker geht an, Blinker geht aus … „Da sieht man mal wieder das Versagen der Technik, sie können nicht einmal einen dauerhaft funktionierenden Blinker herstellen“, brummelt Öko-Hans.
Er steigt wieder ein und lässt den Elektromotor an. Und man hört – nichts. „Herrlich, diese Stille“, schwärmt er und fährt los. Leider streift er dabei eine Mutter mit Kinderwagen, die das geräuschlose Auto überhört hatte. Das bekommt Öko-Hans aber nicht mit, denn er hört bereits seine Lieblings-CD: Karl, der Käfer. Von dem Song bekommt er immer eine Gänsehaut. „Karl der Käfer wurde nicht gefragt, man hat ihn einfach fortgejagt“ … summt er mit.
Dann zieht Öko-Hans den Lupo brutal hoch. Die erste Kurve nimmt er schon mit 20 km/h. Da passiert es: In 50 Meter Entfernung sieht Öko-Hans eine grüne Ampel. Und was macht der korrekte Mann? Er steigt voll auf die Bremse. Denn er sagt sich: Falls ich jetzt weiterfahre, kann es sein, dass die Ampel, wenn ich sie erreicht habe, gelb oder sogar rot ist und ich nicht mehr rechtzeitig bremsen kann. Also bremse ich lieber schon jetzt.
Leider sind die anderen Autofahrer zu dumm, solchen komplexen Gedankengängen zu folgen. So gibt es nach Öko-Hans‘ Vollbremsung einen Auffahrunfall. Drei Wagen knallen aufeinander. Aber ER achtet nicht darauf, denn er sieht einen Zebrastreifen vor sich, und da muss der umsichtige Fahrer äußerste Vorsicht walten lassen.
An der einen Seite vom Zebrastreifen steht eine Greisin. „Ein Fall für Super-Hans“, sagt sich Öko-Hans, stellt den Wagen mitten auf der Straße ab und eilt zu der alten Dame. „Keine Sorge, ich helfe Ihnen über die Straße.“ „Sehr nett, junger Mann, aber ich will gar nicht rüber, ich warte hier nur auf eine Freundin.“ Aber da ist die Alte an den Falschen geraten. Wenn sich Öko-Hans eine gute Tat vorgenommen hat, dann zieht er das auch gnadenlos durch. Öko-Hans schleift und zerrt die sich heftige wehrende Frau über den Zebrastreifen. Da fällt ihre Tasche runter und geht auf, ein Sammelsurium von Lippenstift, Rouge, Makeup, Kamm, Spiegel usw. ergießt sich auf den Asphalt. „Ach, das sind alles unökologische Konsumgüter“, doziert Öko-Hans, „sei froh, Muttchen, dass du den Plunder los bist, in deinem Alter brauchst du das sowieso nicht mehr.“
Hinter Karls stehendem Lupo hat sich inzwischen ein Stau gebildet, die Fahrer hupen und brüllen aus den Fenstern. Zwei sind in Streit geraten und prügeln sich.
Öko-Hans schaut sie missbilligend an. „Tja, die Leute haben keine Geduld mehr und keinen Blick für eine hilfsbedürftige Frau.“ Er grüßt die Fahrer, die ihn mit dem ausgetreckten Mittelfinger heftig zurückgrüßen. Öko-Hans fährt wieder los, da gibt es einen Schlag auf sein Auto. Er guckt sich um und sieht die alte Frau, die ihren Schirm auf sein Auto geworfen hat. „Mein Gott, wie undankbar, diese alte Krähe“, wundert sich Öko-Hans. „Dabei habe ich ihr doch im Verkehrsdschungel das Leben gerettet. Dass selbst die Alten heute schon gewalttätig sind, daran ist bestimmt die Konsumgesellschaft schuld.“
Aber jetzt wird es ernst, da vorne ist die Autobahn. Karl denkt traurig an seine Kindheit im Heim. Da herrschte das blanke Entsetzen, der furchtbarste Terror, die gnadenlose Grausamkeit: er musste Fleisch essen! Nie wird er dieses Trauma überwinden! „Eigentlich ist mein Leben dadurch sinnlos geworden“, sagt sich Öko-Hans. „Ich glaube, ich sollte mich recyclen, so dass mein Körper wieder der Mutter Natur zugeführt wird.“
Öko-Hans tritt jetzt voll aufs Gas. Und dabei will er etwas Härteres hören. Er legt die CD Mein Freund, der Baum ein und denkt zurück. Wie ein Film läuft sein Leben im Heim vor seinem inneren Auge ab: Frankfurter Würstchen, Wiener Würstchen, Schinken, Fleischwurst, Salami, Schnitzel, Gänsebraten, Hühnerfrikassee, Kalbsragout, Rindersteak, sogar Frikadellen und andere Scheußlichkeiten mehr – ein Fließband des Grauens.
Und der Song ist auch nicht gerade ein Stimmungsaufheller. Refrain: „Mein Freund der Baum ist tot, er fiel im frühen Morgenrot.“ „Soll ich dem Baum nicht folgen?“, grübelt Öko-Hans.
Plötzlich traut Öko-Hans seinen Augen nicht: ein typischer Rentner überholt ihn auf dem Fahrrad. „Mein Gott, sind diese Raser denn überall?!“ schreit er auf. Und dabei überholt ihn dieser Verkehrsraudi auch noch rechts, auf dem Standstreifen.
Aber dann überholt ihn noch einer und zwingt ihn sogar zum Anhalten: die Polizei. „Mann, wie kommen Sie dazu, hier mit Tempo 30 die Autobahn langzuschleichen? Hier ist doch keine Fußgängerzone!“ „Herr Oberwachtmann, ich fahre immer Richtgeschwindigkeit 30 km/h, dem Wald zuliebe.“ „Was reden Sie denn da? Die Richtgeschwindigkeit ist 130 km/h, nicht 30 km/h. Anders als viele denken, gibt es zwar keine Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h, aber Sie dürfen durch Langsamfahren nicht den Verkehr behindern.“ „Ach, und ich dachte 60 km/h wäre die erlaubte Höchstgeschwindigkeit.“ Der Polizist schüttelt verzweifelt den Kopf. „Wir folgen Ihnen jetzt, wenn Sie nicht mindestens 80 km/h fahren, ziehen wir Sie aus dem Verkehr.“
Öko-Hans fährt weiter - jetzt mit rasanten 80 km/h. Und wenn er ehrlich ist, fühlt er sich in diesem Geschwindigkeitsrausch sogar ganz wohl. „So schlecht ist das Leben gar nicht“, sagt er sich. „Ich habe heute einer alten Frau geholfen, andere Verkehrsteilnehmer durch mein Vorbild belehrt und der Polizei durch mein umsichtiges Fahren imponiert. Das Fleisch im Kinderheim verdränge ich einfach mit positivem Denken. Ich lebe weiter und freue mich jetzt auf einen Tofuburger.“
Und so war aus dem „posttraumatischen“, traurigen Öko-Hans ganz einfach und schnell ein Hans im Glück geworden.
Nachtrag: Der Autor dieser Geschichte weist daraufhin, dass er selbst noch nie einen Punkt in Flensburg hatte und seinen Müll ordentlich trennt.