Hochzeitstag

3,70 Stern(e) 3 Bewertungen

Kamster

Mitglied
Der abendliche, graue Frühlingshimmel spiegelt sich in der Glastür des Bürokomplexes. Die Tür schwingt auf und auf die Straße tritt, in grauem Anzug, in grauem Mantel und in großer Eile, Herr Meyer. Es ist schon recht spät und heute ist sein Hochzeitstag. Meyer hasst es, unpünktlich zu sein. In schnellem Schritt bewegt er sich auf die gegenüberliegende Straßenseite zu und verschwindet im Eingang der U-Bahn.

Meyer ist allein, niemand sonst ist am Gleis zu sehen und die Anzeigetafel verkündet eine Wartezeit von 9 Minuten. Meyer flucht ganz leise und reibt sich nervös die Hände. Eigentlich wollte er schon zuhause sein, bei seiner Frau, oder vielleicht schon mit ihr beim Italiener bei ihnen um die Ecke. Dorthin lud er Susanne jedes Jahr ein. Aber im Büro war heute der Teufel los gewesen.

Meyer arbeitete im internen Audit und in der heutigen Tageszeitung standen wieder einmal Insiderinformationen über den geplanten Stellenabbau im Unternehmen. Natürlich war der Stellenabbau nicht schön, aber es gab nachvollziehbare Gründe. Alle Arbeitsplätze wären gefährdet, wenn es keine deutlichen Einschnitte geben würde. Seine Firma musste konkurrenzfähig bleiben, das war wichtig. Seit Monaten schon sickerten vertrauliche Informationen durch und es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt, wer der Maulwurf sein könnte. Weder Meyer noch seine Kollegen waren dem Nestbeschmutzer bisher auf die Schliche gekommen. Er war nun schon seit 18 Jahren im Unternehmen und hielt es für eine bodenlose Unverschämtheit, dass eine einzige Person mit ihrer Indiskretion die Firma in solche Bedrängnis bringen konnte.

Meyer geht am Gleis auf und ab, grübelt offensichtlich, wirkt verbissen, bleibt plötzlich stehen. Er schüttelt den Kopf und flucht erneut. In der Mittagspause hatte er einen Strauß rote Rosen gekauft, die stehen noch im Büro. Eilig geht er in Richtung Ausgang, die Treppen hoch, über die Straße, die Glastür schwingt auf und zu und wieder spiegelt sich der abendliche, graue Frühlingshimmel in der Glastür des Bürokomplexes.

In den Räumen der Firma liegt alles bereits im Halbdunkel. Aber Meyer kennt sich gut aus, so dass er den Weg auch mit verbundenen Augen finden würde. Zielstrebig geht er auf sein Büro zu und sucht in seiner Manteltasche nach dem Büroschlüssel. Vom benachbarten Büro, vom Büro seines Chefs Rossmann, dringen Gesprächsfetzen durch die verschlossene Tür.

„…denke die Öffentlichkeit hatte ein Recht, das mit dem Stellenabbau zu erfahren… halte ich für eine Schweinerei… unethisch…“

Meyers Hand umfasst fest den Schlüsselbund und lauscht im Halbdunkel.

„Ich kann das auch mit meinen Werten nicht vereinbaren…habe schon tausend Mal versucht, den Vorstand davon zu überzeugen, aber denen ist das egal. Zum Glück ist es jetzt raus.“

Eine längere Pause.

„Nein, nein, keine Sorge. Ist keiner mehr hier.“

„Ja, natürlich bin ich vorsichtig“.

Rossmann sagt das, als ob er diesen Satz schon zum hundertsten Mal von sich gibt.

„Nein, niemand hat auch nur den leisesten Verdacht geschöpft. Ich ruf Dich immer nur an, wenn ganz sicher niemand mehr im Büro ist.“

Meyer würde am liebsten die Tür aufreißen und Rossmann direkt zur Rede stellen. Aber lieber wartet er bis Rossmann weg ist und durchsucht dann sein Büro nach Beweisen. Als Rossmanns Stellvertreter hat auch er einen Schlüssel zu dessen Büro. Leise steckt Meyer den Schlüssel ins Türschloss und öffnet die Tür zu seinem Büro.

„Bisher ist doch alles glatt gelaufen...Bis bald.“

Meyer huscht schnell in sein Büro und mit einem kaum hörbaren Klick schließt die Tür sich hinter ihm. Die Nachbartür öffnet sich, wird wieder geschlossen und auf dem Flur schreitet Rossmann vorbei.

Meyer kann ihn sich vorstellen: Wie immer mit stolz geschwellter Brust, mit diesem selbstzufriedenen Grinsen, selbstbewusst, ja angeberisch in seinem Maßanzug und den teuren Schuhen. So kam er vor einem Jahr ins Unternehmen und wurde ihm, Meyer, direkt vor die Nase gesetzt. Rossmann, ein Blender, ein Clown, der vom Fach und von der Firma keine Ahnung hatte und ohne ihn, den erfahrenen, fachkundigen, gewissenhaften, ja unentbehrlichen Meyer, sicher schon nicht mehr in seiner Position wär. Meyer war immer loyal gewesen, jetzt lächelt er im Schatten. Er freut sich fast ein bisschen darauf, Rossmann, den Maulwurf, zu überführen. Es diesem aufgeblasenen Gockel endlich zu zeigen. Für Recht und Ordnung zu sorgen.

Meyer wartet sicherheitshalber noch eine Minute, um ganz sicher zu sein, dass sein Chef weg ist. Dann tritt er leise auf den Flur und schleicht sich in Rossmanns Büro. Er überlegt genau, wo er zu suchen anfangen soll und entscheidet sich für den Schreibtisch. Er würde es diesem selbstverliebten Idioten glatt zutrauen, dass er direkt dort Beweisstücke hat liegen lassen. Er schaltet die Schreibtischlampe an und sichtet systematisch die chaotisch verstreuten Unterlagen. Mit einem Mal bildet sich in seinem Gesicht eine Furche, senkrecht, vom Haaransatz bis zur Nasenwurzel. Seine Hände verkrampfen ein wenig. Sie halten einen Bogen Papier, eine Reservierungsbestätigung im Seehotel, das „Romantik-Wochenende“, \"der Traum für Frischverliebte\", für Daniel Rossmann und Susanne Meyer.

Meyer blickt verwirrt auf. Daniel Rossmann lehnt im Türrahmen, dieses selbstzufriedene Lächeln auf den Lippen.

„Was machen Sie noch hier, ist heute nicht Ihr Hochzeitstag?“
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Kamster,

eine im Großen und Ganzen schlüssig erzählte Geschichte, an der mich nur wenig stört:
Meyers Hand umfasst fest den Schlüsselbund und lauscht im Halbdunkel.
Lass einfach die Hand weg!

Meyer wird ja als erfahrener Mitarbeiter geschildert, der schon lange im Betrieb ist, während Rossmann eher jünger und unerfahrener dargestellt wird. Passen da Frau Meyer und Herr Rossmann zusammen? Unwahrscheinlich, aber letztlich nicht ausgeschlossen.
sicher schon nicht mehr in seiner Position wär[blue]e[/blue].
Ansonsten: Gut geschrieben!

Allerdings gab es gerade vor einigen Tagen schon einmal eine Geschichte mit dem Titel "Hochzeitstag" bei den Krimis. Vielleicht solltest Du den Titel ändern lassen.

Gruß Ciconia
 

Kamster

Mitglied
Der abendliche, graue Frühlingshimmel spiegelt sich in der Glastür des Bürokomplexes. Die Tür schwingt auf und auf die Straße tritt, in grauem Anzug, in grauem Mantel und in großer Eile, Herr Meyer. Es ist schon recht spät und heute ist sein Hochzeitstag. Meyer hasst es, unpünktlich zu sein. In schnellem Schritt bewegt er sich auf die gegenüberliegende Straßenseite zu und verschwindet im Eingang der U-Bahn.

Meyer ist allein, niemand sonst ist am Gleis zu sehen und die Anzeigetafel verkündet eine Wartezeit von 9 Minuten. Meyer flucht ganz leise und reibt sich nervös die Hände. Eigentlich wollte er schon zuhause sein, bei seiner Frau, oder vielleicht schon mit ihr beim Italiener bei ihnen um die Ecke. Dorthin lud er Susanne jedes Jahr ein. Aber im Büro war heute der Teufel los gewesen.

Meyer arbeitete im internen Audit und in der heutigen Tageszeitung standen wieder einmal Insiderinformationen über den geplanten Stellenabbau im Unternehmen. Natürlich war der Stellenabbau nicht schön, aber es gab nachvollziehbare Gründe. Alle Arbeitsplätze wären gefährdet, wenn es keine deutlichen Einschnitte geben würde. Seine Firma musste konkurrenzfähig bleiben, das war wichtig. Seit Monaten schon sickerten vertrauliche Informationen durch und es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt, wer der Maulwurf sein könnte. Weder Meyer noch seine Kollegen waren dem Nestbeschmutzer bisher auf die Schliche gekommen. Er war nun schon seit 18 Jahren im Unternehmen und hielt es für eine bodenlose Unverschämtheit, dass eine einzige Person mit ihrer Indiskretion die Firma in solche Bedrängnis bringen konnte.

Meyer geht am Gleis auf und ab, grübelt offensichtlich, wirkt verbissen, bleibt plötzlich stehen. Er schüttelt den Kopf und flucht erneut. In der Mittagspause hatte er einen Strauß rote Rosen gekauft, die stehen noch im Büro. Eilig geht er in Richtung Ausgang, die Treppen hoch, über die Straße, die Glastür schwingt auf und zu und wieder spiegelt sich der abendliche, graue Frühlingshimmel in der Glastür des Bürokomplexes.

In den Räumen der Firma liegt alles bereits im Halbdunkel. Aber Meyer kennt sich gut aus, so dass er den Weg auch mit verbundenen Augen finden würde. Zielstrebig geht er auf sein Büro zu und sucht in seiner Manteltasche nach dem Büroschlüssel. Vom benachbarten Büro, vom Büro seines Chefs Rossmann, dringen Gesprächsfetzen durch die verschlossene Tür.

„…denke die Öffentlichkeit hatte ein Recht, das mit dem Stellenabbau zu erfahren… halte ich für eine Schweinerei… unethisch…“

Meyer umfasst fest den Schlüsselbund und lauscht im Halbdunkel.

„Ich kann das auch mit meinen Werten nicht vereinbaren…habe schon tausend Mal versucht, den Vorstand davon zu überzeugen, aber denen ist das egal. Zum Glück ist es jetzt raus.“

Eine längere Pause.

„Nein, nein, keine Sorge. Ist keiner mehr hier.“

„Ja, natürlich bin ich vorsichtig“.

Rossmann sagt das, als ob er diesen Satz schon zum hundertsten Mal von sich gibt.

„Nein, niemand hat auch nur den leisesten Verdacht geschöpft. Ich ruf Dich immer nur an, wenn ganz sicher niemand mehr im Büro ist.“

Meyer würde am liebsten die Tür aufreißen und Rossmann direkt zur Rede stellen. Aber lieber wartet er bis Rossmann weg ist und durchsucht dann sein Büro nach Beweisen. Als Rossmanns Stellvertreter hat auch er einen Schlüssel zu dessen Büro. Leise steckt Meyer den Schlüssel ins Türschloss und öffnet die Tür zu seinem Büro.

„Bisher ist doch alles glatt gelaufen...Bis bald.“

Meyer huscht schnell in sein Büro und mit einem kaum hörbaren Klick schließt die Tür sich hinter ihm. Die Nachbartür öffnet sich, wird wieder geschlossen und auf dem Flur schreitet Rossmann vorbei.

Meyer kann ihn sich vorstellen: Wie immer mit stolz geschwellter Brust, mit diesem selbstzufriedenen Grinsen, selbstbewusst, ja angeberisch in seinem Maßanzug und den teuren Schuhen. So kam er vor einem Jahr ins Unternehmen und wurde ihm, Meyer, direkt vor die Nase gesetzt. Rossmann, ein Blender, ein Clown, der vom Fach und von der Firma keine Ahnung hatte und ohne ihn, den erfahrenen, fachkundigen, gewissenhaften, ja unentbehrlichen Meyer, sicher schon nicht mehr in seiner Position wäre. Meyer war immer loyal gewesen, jetzt lächelt er im Schatten. Er freut sich fast ein bisschen darauf, Rossmann, den Maulwurf, zu überführen. Es diesem aufgeblasenen Gockel endlich zu zeigen. Für Recht und Ordnung zu sorgen.

Meyer wartet sicherheitshalber noch eine Minute, um ganz sicher zu sein, dass sein Chef weg ist. Dann tritt er leise auf den Flur und schleicht sich in Rossmanns Büro. Er überlegt genau, wo er zu suchen anfangen soll und entscheidet sich für den Schreibtisch. Er würde es diesem selbstverliebten Idioten glatt zutrauen, dass er direkt dort Beweisstücke hat liegen lassen. Er schaltet die Schreibtischlampe an und sichtet systematisch die chaotisch verstreuten Unterlagen. Mit einem Mal bildet sich in seinem Gesicht eine Furche, senkrecht, vom Haaransatz bis zur Nasenwurzel. Seine Hände verkrampfen ein wenig. Sie halten einen Bogen Papier, eine Reservierungsbestätigung im Seehotel, das „Romantik-Wochenende“, \"der Traum für Frischverliebte\", für Daniel Rossmann und Susanne Meyer.

Meyer blickt verwirrt auf. Daniel Rossmann lehnt im Türrahmen, dieses selbstzufriedene Lächeln auf den Lippen.

„Was machen Sie noch hier, ist heute nicht Ihr Hochzeitstag?“
 

Kamster

Mitglied
Hallo Ciconia,

hab Dank für Deinen Kommentar und die Verbesserungsvorschläge. Die Kleinigkeiten habe ich schon korrigiert, die waren mir leider wohl "durchgeruscht". Auch mit dem Punkt, dass die Affäre eher unrealistisch wirkt, hast Du Recht. Obwohl nicht explizit erwähnt, erweckt die Beschreibung der Beiden (nun mit etwas Abstand betrachtet) den Eindruck, dass Meyer deutlich älter ist...

Viele Grüße,
Stephan
 
I

Inky

Gast
Moin, Kamster - Ich habe die Geschichte gerne gelesen!

Zit.: ...heute ist sein Hochzeitstag...

- wie wärs denn mit Meyers, sagenwirmal: drittem Hochzeitstag mit seiner zierlichen, jungen Thai-Frau LinMin...oder seiner rassigen Olga aus der Ukraine?
Älterer Mann mit junger Frau, die in Rossmanns Beuteschema passt...?

Lieben Gruß, Gringo
 
E

eisblume

Gast
Hallo Kamster,

ich finde deine Geschichte ja leider ein bisserl langatmig. Bei dem Titel hatte ich mir auch etwas anderes erwartet, aber gut, das ist jetzt kein Argument. Ich meine nur, dass es mir für diesen Titel zu „firmenintern“ angelegt ist. Da hätte ich lieber ein paar zusätzliche Infos gehabt, wie Meyer und seine Frau zueinander stehen, wobei die alljährliche Einladung zum Italiener für mich eher auf etwas Eingefahrenes schließen lässt, wodurch nachvollziehbar wäre, dass sie ein Verhältnis mit Rossmann hat und auch mal so übers Wochenende verschwinden könnte.
In dem Zusammenhang frage ich mich, ob Meyer die Buchung für das romantische Wochenende absichtlich so getätigt hat, dass Sabines Namen auf der Reservierung erscheint? Hat er damit gerechnet, dass Meyer schnüffelt? Sonst hätte es ja genügt unter seinem Namen ein Doppelzimmer zu buchen, dafür hätte es Sabines Namen nicht gebraucht.
Mir gefiele es, wenn Rossmann das alles so eingefädelt hätte, aber in dem Fall fände ich einen anderen Schlusssatz passender, wobei ich sagen muss, dass mir der so oder so ein bisserl farblos erscheint, mehr so, um halt den Bogen zum Titel zu spannen.

Lieben Gruß
eisblume
 

Kamster

Mitglied
Hallo Inky, hallo Eisblume,

vielen Dank für Eure ausführlichen Kommentare.

@ Eisblume: Was würdest Du denn ändern, um das Ganze weniger langatmig wirken zu lassen? Ist im Nachhinein auch mein Eindruck, finde aber nicht heraus, woran konkret das liegt...

Grüße!
 
E

eisblume

Gast
Hallo Kamster,

vielleicht könnte es helfen, wenn du einzelne Abschnitte im Text umstellen würdest. Ansonsten könntest du das eine oder andere umformulieren und auch streichen.
Ich habe jetzt mal ein bisserl "rumgebastelt" und schicke dir das per Mail. Vielleicht kannst du ja etwas davon brauchen.

Lieben Gruß
eisblume
 



 
Oben Unten