Ein Jahr kann einem kurz oder sehr lang erscheinen, was sicher auch von der Perspektive abhängt, ob man zurück oder auf das kommende Jahr blickt. Ich war gerade zwanzig geworden, und mein Blick zurück ergab ungefähr das Gleiche wie der nach vorn. Seit einem Jahr war ich Soldat, ein weiteres lag noch vor mir. Ich zog Bilanz.
Mein anfänglicher Respekt vor Offizieren und deren Gebrüll, vor Gewalt und Drill hatte sich zu einem gesunden Überlebensinstinkt gewandelt. Mit meiner Grundeinstellung, nichts und niemanden in Uniform ernst zu nehmen und Ärger aus dem Weg zu gehen, war ich bestens gefahren. Ich hatte mit Pistolen, Uzzis und Maschinengewehren geschossen, Panzerfäuste und Scharfschützenkoffer durch den Dreck geschleppt. Es gab die üblichen Raufereien unter Infanteristen, aber auch Freundschaften, und nach Klärung der Fronten besetzte ich sogar eine ziemliche hohe, friedliche Position in der Hackordnung.
Mein jugendlicher Leichtsinn hatte sich zu dem Plan materialisiert, nach zwei Jahren Bundeswehr, zu denen ich mich verpflichtet hatte, mit dem ersparten Sold nach Kanada oder Alaska auszuwandern und dort jede Menge Abenteuer zu bestehen. Insofern betrachtete ich die Zeit bis dahin als notwendiges Übel, um mir die anschließende Belohnung zu verdienen. Wobei mein freiwilliges Opfer nicht in Anstrengung oder Leid bestand, sondern im täglichen Erdulden organisierten Wahnsinns. Je weniger ich mich am Fiasko beteiligte, desto leichter ließ es sich ertragen.
Umso überraschender traf mich auf diesem Zenit, also nach etwa einem Jahr Dümpelei eine Tatsache, die ich bis dahin völlig aus den Augen = aus dem Sinn verloren hatte: Meine Verpflichtung hatte automatisch zur Folge, dass man mich im zweiten Jahr als Ausbilder, als Vorgesetzten „verwenden“ würde. Nur echte oder simulierte Behinderungen hätte mich davor bewahren können, doch dafür war es bereits zu spät.
Nach ein paar wahnwitzigen Lehrgängen, vor denen ich mich nicht drücken konnte, wurde ich zum Gruppenführer befördert und dadurch zum Sinnbild des Sprichworts vom Bock, der zum Gärtner gemacht wurde. Man hatte mir eine Truppe von zwölf neuen Rekruten zugeteilt, traurige Gestalten, die zum ersten Mal diese kratzigen Uniformen, Stiefel in falschen Größen und schwere Stahlhelme verpasst bekamen. Ihre panischen Blicke und Gesten, wenn nachts zum Probelarm gepfiffen wurde und willkürliche Befehle durch lange Korridore donnerten, erinnerten mich an meine eigenen ersten Tage im Gulag. Fest entschlossen, meinem anvertrauten Haufen schwere Traumata zu ersparen, musste ich anfangs trotzdem meine Rolle als Vorgesetzter spielen, schon aus Selbstschutz.
Ich kommandierte meine Jungs über den Kasernenhof, kontrollierte Spinde und Waffen. Auf meinen Befehl warfen sie sich in den Dreck, rannten durch Wälder, gruben Löcher in vereisten Boden und schossen auf Pappscheiben. Wie in jeder Gruppe gab es auch unter ihnen den „Kleinen“, den „Raufbold“, den „Clown“, den „Unsichtbaren“, den „Arschkriecher“ und weitere Formen schräger Charaktere, die sich unter verschärften Bedingungen heraus-kristallisieren. Aber wie erwartet, weil selbst schon dutzendmal erlebt, wurde aus einem bunten Haufen von Verlierern irgendwann ein Team, eine verschworene Mannschaft - mit mir als Trainer. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten alle verstanden, dass ich die Regeln des Spiels, zu dem wir hier täglich antreten mussten, als puren Humbug einstufte. Zwar sprachen wir nie offen darüber, auch nicht nach Dienstschluss bei Flaschenbier in den Soldatenstuben, doch spürten meine Männer, zumindest die Cleveren von ihnen, dass ich uns alle nur möglichst unbeschadet über die Runden bringen wollte. Mein ganzer Ehrgeiz, so fremd mir der Begriff damals auch war, stand im Dienst meiner Mission, die Gruppe körperlich und seelisch gesund zu erhalten und vor allem in einer Disziplin zu trainieren: Wachsamkeit und Skepsis gegenüber allen Unsinnigkeiten, die jemand befiehlt!
So gesehen hätte ich auch eine prima Restzeit in der Bundeswehr ableisten können ... wären da nicht noch die anderen gewesen, meine Ausbilder-Kollegen und Vorgesetzten. Auch hier galt natürlich das ungeschriebene Gesetz, dass eine Gruppe nie nur aus Vollidioten besteht. Was im konkreten Fall für mich bedeutete, dass die Moral meiner kleinen Einheit (bzw. ihr auffälliger Mangel daran) im Bataillon Argwohn erregte. Ich wurde „anvisiert“, so könnte man es wohl am besten beschreiben; erst ausgegrenzt, dann schweigend und schließlich offen verdächtigt, subversive Ausbil-dungsmethoden anzuwenden, die zu einer Unterminierung der Kampfmoral führten. Bei einem Überraschungsbesuch mehrerer Offiziere in meiner Bude waren ihnen meine Bücher von Dostojewskij und Klaus Mehnert sofort ein Dorn im Auge. „Russenfreund, nicht wahr?“ Worauf ich mir nur mühsam verkneifen konnte, mit „Feindbeobachtung!“ zu antworten. Es war die Zeit der RAF, und ich wollte bei allem Übermut nicht riskieren, unter irgendeinem Verdacht verhaftet oder verhört zu werden. Niemandem, auch mir selbst konnte ich nicht garantieren, unter Druck lange die Beherrschung zu bewahren. Ich blieb höflich und behielt meine Meinung zu dem ganzen Affentheater für mich.
Eine andere Begebenheit sollte stattdessen diese Zeit in der Armee gewissermaßen krönen. Ein historischer Moment, der meine Erlebnisse, ihre Sinnlosigkeit und ihre ganze Lächerlichkeit in einem einzigen Punkt verdichtete:
Es war im Januar 1978, als die Rekruten dieses Jahrgangs aus mehreren Bataillonen zusammengetrieben worden waren, um ihr feierliches Gelöbnis, ihren Eid auf Fahne und Vaterland abzulegen. Ein Jahr zuvor hatte ich selbst in ähnlichem Rahmen, damals sogar bei Fackelschein wie zu Zeiten der Wehrmacht, die vom Kommandeur gebrüllten Floskeln müde nachgesprochen, innerlich das Gegenteil schwörend. Diesmal führte ich meine kleine Gruppe, alle geschniegelt in Ausgehuniformen, auf einen weiten Platz in Norddeutschland, der wohl ein Schlosshof war und zu drei Seiten von hohen Fassaden begrenzt wurde. Es war neblig und eiskalt, und vermutlich lag es an der Feuchtigkeit, die einem in die Knochen kroch, dass bald alle zu zittern begannen. Die Vorbereitungen, bis mehrere Hundert Rekruten nebst Gruppen- und Zugführern verschiedener Waffengattungen in Reih und Glied standen und endlich drei massive Menschenblöcke in U-Form bildeten, nahmen einfach kein Ende. Dabei lieferten die gebellten Befehle der Kapos, die ihre Herden ausrichteten, einen ersten Vorgeschmack auf die Besonderheit des Ortes: Ein ungewöhnlich starkes Echo in diesem Schlosshof! Jedes Geräusch, jeder Ruf wurde mehrfach zurückgeworfen und durch die Wände scheinbar noch verstärkt.
Kurz vor dem feierlichen Akt hatte ich in meinem Haufen noch eine Zigarette herumgehen lassen, unbemerkt von den Wachoffizieren. Dann hieß es „Stillgestanden!“, und ein General bestieg ein Podest vor unserer Formation. Nebelschwaden zogen über den Platz, hier und da klapperten Zähne vor Kälte, und alle hofften, dass die Zeremonie zügig abgewickelt würde. Nach einer markigen Begrüßung aus ein paar Hundert Kehlen gab es eine gottlob kurze Rede des Generals, die in dem Ausruf endete: „Sprecht mir nach!“
Er brüllte: „Ich gelobe ...“ mit zehnfachem Echo in den folgenden Sekunden. Alle (außer mir) wiederholten: „Ich gelobe ...“ Dann weiter der General: „... der Bundesrepublik Deutschland ...“ wieder das Echo und würdevolles Innehalten, in das, noch während die Soldaten ihre Münder aufrissen, ein furchtbarer Furz knatterte, dessen ebenso furchtbares Echo mit einem Durcheinander von Stimmen verschmolz, die teils feierlich, teils feixend „Bundesrepublik Deutschland“ wiederholten und sich schließlich in kollektivem Gelächter auflösten. Der General rang um Fassung, schrie „Ruhe!“ und brachte den Eid irgendwie zu Ende. Doch danach hieß es nicht „Rühren!“, sondern Offiziere marschierten die Reihen ab.
„Wer war das?!“ hallte es unaufhörlich über den Platz. Jeder wusste, dass den Ruhestörer eine Strafe erwartete, von der noch Generationen sprechen würden. Niemand zuckte, alle starrten gebannt geradeaus, aber man spürte, dass alle Frierenden unter ihrer Maske jubilierten, tierisch über dieses Fanal jauchzten. Mein Kompaniechef lief mit anderen Mördervisagen die Front ab und schnaubte vor Wut. Er ahnte, was ich wusste: Der Trompetenstoß war aus einem meiner Rekruten gekommen! Ich konnte nicht sagen, ob es der Dicke, der Raufbold oder einer der anderen gewesen war. Aber ich war mir absolut sicher, dass soeben einer meiner Schüler bewiesen hatte, wie treu man die Botschaft seines Lehrers umsetzen konnte. Und obwohl ich die Konsequenzen fürchtete, falls dies jemals herausgekommen wäre (es kam nie heraus!), war ich in diesem Moment der stolzeste Mensch auf dem gesamten Platz.
Mein anfänglicher Respekt vor Offizieren und deren Gebrüll, vor Gewalt und Drill hatte sich zu einem gesunden Überlebensinstinkt gewandelt. Mit meiner Grundeinstellung, nichts und niemanden in Uniform ernst zu nehmen und Ärger aus dem Weg zu gehen, war ich bestens gefahren. Ich hatte mit Pistolen, Uzzis und Maschinengewehren geschossen, Panzerfäuste und Scharfschützenkoffer durch den Dreck geschleppt. Es gab die üblichen Raufereien unter Infanteristen, aber auch Freundschaften, und nach Klärung der Fronten besetzte ich sogar eine ziemliche hohe, friedliche Position in der Hackordnung.
Mein jugendlicher Leichtsinn hatte sich zu dem Plan materialisiert, nach zwei Jahren Bundeswehr, zu denen ich mich verpflichtet hatte, mit dem ersparten Sold nach Kanada oder Alaska auszuwandern und dort jede Menge Abenteuer zu bestehen. Insofern betrachtete ich die Zeit bis dahin als notwendiges Übel, um mir die anschließende Belohnung zu verdienen. Wobei mein freiwilliges Opfer nicht in Anstrengung oder Leid bestand, sondern im täglichen Erdulden organisierten Wahnsinns. Je weniger ich mich am Fiasko beteiligte, desto leichter ließ es sich ertragen.
Umso überraschender traf mich auf diesem Zenit, also nach etwa einem Jahr Dümpelei eine Tatsache, die ich bis dahin völlig aus den Augen = aus dem Sinn verloren hatte: Meine Verpflichtung hatte automatisch zur Folge, dass man mich im zweiten Jahr als Ausbilder, als Vorgesetzten „verwenden“ würde. Nur echte oder simulierte Behinderungen hätte mich davor bewahren können, doch dafür war es bereits zu spät.
Nach ein paar wahnwitzigen Lehrgängen, vor denen ich mich nicht drücken konnte, wurde ich zum Gruppenführer befördert und dadurch zum Sinnbild des Sprichworts vom Bock, der zum Gärtner gemacht wurde. Man hatte mir eine Truppe von zwölf neuen Rekruten zugeteilt, traurige Gestalten, die zum ersten Mal diese kratzigen Uniformen, Stiefel in falschen Größen und schwere Stahlhelme verpasst bekamen. Ihre panischen Blicke und Gesten, wenn nachts zum Probelarm gepfiffen wurde und willkürliche Befehle durch lange Korridore donnerten, erinnerten mich an meine eigenen ersten Tage im Gulag. Fest entschlossen, meinem anvertrauten Haufen schwere Traumata zu ersparen, musste ich anfangs trotzdem meine Rolle als Vorgesetzter spielen, schon aus Selbstschutz.
Ich kommandierte meine Jungs über den Kasernenhof, kontrollierte Spinde und Waffen. Auf meinen Befehl warfen sie sich in den Dreck, rannten durch Wälder, gruben Löcher in vereisten Boden und schossen auf Pappscheiben. Wie in jeder Gruppe gab es auch unter ihnen den „Kleinen“, den „Raufbold“, den „Clown“, den „Unsichtbaren“, den „Arschkriecher“ und weitere Formen schräger Charaktere, die sich unter verschärften Bedingungen heraus-kristallisieren. Aber wie erwartet, weil selbst schon dutzendmal erlebt, wurde aus einem bunten Haufen von Verlierern irgendwann ein Team, eine verschworene Mannschaft - mit mir als Trainer. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten alle verstanden, dass ich die Regeln des Spiels, zu dem wir hier täglich antreten mussten, als puren Humbug einstufte. Zwar sprachen wir nie offen darüber, auch nicht nach Dienstschluss bei Flaschenbier in den Soldatenstuben, doch spürten meine Männer, zumindest die Cleveren von ihnen, dass ich uns alle nur möglichst unbeschadet über die Runden bringen wollte. Mein ganzer Ehrgeiz, so fremd mir der Begriff damals auch war, stand im Dienst meiner Mission, die Gruppe körperlich und seelisch gesund zu erhalten und vor allem in einer Disziplin zu trainieren: Wachsamkeit und Skepsis gegenüber allen Unsinnigkeiten, die jemand befiehlt!
So gesehen hätte ich auch eine prima Restzeit in der Bundeswehr ableisten können ... wären da nicht noch die anderen gewesen, meine Ausbilder-Kollegen und Vorgesetzten. Auch hier galt natürlich das ungeschriebene Gesetz, dass eine Gruppe nie nur aus Vollidioten besteht. Was im konkreten Fall für mich bedeutete, dass die Moral meiner kleinen Einheit (bzw. ihr auffälliger Mangel daran) im Bataillon Argwohn erregte. Ich wurde „anvisiert“, so könnte man es wohl am besten beschreiben; erst ausgegrenzt, dann schweigend und schließlich offen verdächtigt, subversive Ausbil-dungsmethoden anzuwenden, die zu einer Unterminierung der Kampfmoral führten. Bei einem Überraschungsbesuch mehrerer Offiziere in meiner Bude waren ihnen meine Bücher von Dostojewskij und Klaus Mehnert sofort ein Dorn im Auge. „Russenfreund, nicht wahr?“ Worauf ich mir nur mühsam verkneifen konnte, mit „Feindbeobachtung!“ zu antworten. Es war die Zeit der RAF, und ich wollte bei allem Übermut nicht riskieren, unter irgendeinem Verdacht verhaftet oder verhört zu werden. Niemandem, auch mir selbst konnte ich nicht garantieren, unter Druck lange die Beherrschung zu bewahren. Ich blieb höflich und behielt meine Meinung zu dem ganzen Affentheater für mich.
Eine andere Begebenheit sollte stattdessen diese Zeit in der Armee gewissermaßen krönen. Ein historischer Moment, der meine Erlebnisse, ihre Sinnlosigkeit und ihre ganze Lächerlichkeit in einem einzigen Punkt verdichtete:
Es war im Januar 1978, als die Rekruten dieses Jahrgangs aus mehreren Bataillonen zusammengetrieben worden waren, um ihr feierliches Gelöbnis, ihren Eid auf Fahne und Vaterland abzulegen. Ein Jahr zuvor hatte ich selbst in ähnlichem Rahmen, damals sogar bei Fackelschein wie zu Zeiten der Wehrmacht, die vom Kommandeur gebrüllten Floskeln müde nachgesprochen, innerlich das Gegenteil schwörend. Diesmal führte ich meine kleine Gruppe, alle geschniegelt in Ausgehuniformen, auf einen weiten Platz in Norddeutschland, der wohl ein Schlosshof war und zu drei Seiten von hohen Fassaden begrenzt wurde. Es war neblig und eiskalt, und vermutlich lag es an der Feuchtigkeit, die einem in die Knochen kroch, dass bald alle zu zittern begannen. Die Vorbereitungen, bis mehrere Hundert Rekruten nebst Gruppen- und Zugführern verschiedener Waffengattungen in Reih und Glied standen und endlich drei massive Menschenblöcke in U-Form bildeten, nahmen einfach kein Ende. Dabei lieferten die gebellten Befehle der Kapos, die ihre Herden ausrichteten, einen ersten Vorgeschmack auf die Besonderheit des Ortes: Ein ungewöhnlich starkes Echo in diesem Schlosshof! Jedes Geräusch, jeder Ruf wurde mehrfach zurückgeworfen und durch die Wände scheinbar noch verstärkt.
Kurz vor dem feierlichen Akt hatte ich in meinem Haufen noch eine Zigarette herumgehen lassen, unbemerkt von den Wachoffizieren. Dann hieß es „Stillgestanden!“, und ein General bestieg ein Podest vor unserer Formation. Nebelschwaden zogen über den Platz, hier und da klapperten Zähne vor Kälte, und alle hofften, dass die Zeremonie zügig abgewickelt würde. Nach einer markigen Begrüßung aus ein paar Hundert Kehlen gab es eine gottlob kurze Rede des Generals, die in dem Ausruf endete: „Sprecht mir nach!“
Er brüllte: „Ich gelobe ...“ mit zehnfachem Echo in den folgenden Sekunden. Alle (außer mir) wiederholten: „Ich gelobe ...“ Dann weiter der General: „... der Bundesrepublik Deutschland ...“ wieder das Echo und würdevolles Innehalten, in das, noch während die Soldaten ihre Münder aufrissen, ein furchtbarer Furz knatterte, dessen ebenso furchtbares Echo mit einem Durcheinander von Stimmen verschmolz, die teils feierlich, teils feixend „Bundesrepublik Deutschland“ wiederholten und sich schließlich in kollektivem Gelächter auflösten. Der General rang um Fassung, schrie „Ruhe!“ und brachte den Eid irgendwie zu Ende. Doch danach hieß es nicht „Rühren!“, sondern Offiziere marschierten die Reihen ab.
„Wer war das?!“ hallte es unaufhörlich über den Platz. Jeder wusste, dass den Ruhestörer eine Strafe erwartete, von der noch Generationen sprechen würden. Niemand zuckte, alle starrten gebannt geradeaus, aber man spürte, dass alle Frierenden unter ihrer Maske jubilierten, tierisch über dieses Fanal jauchzten. Mein Kompaniechef lief mit anderen Mördervisagen die Front ab und schnaubte vor Wut. Er ahnte, was ich wusste: Der Trompetenstoß war aus einem meiner Rekruten gekommen! Ich konnte nicht sagen, ob es der Dicke, der Raufbold oder einer der anderen gewesen war. Aber ich war mir absolut sicher, dass soeben einer meiner Schüler bewiesen hatte, wie treu man die Botschaft seines Lehrers umsetzen konnte. Und obwohl ich die Konsequenzen fürchtete, falls dies jemals herausgekommen wäre (es kam nie heraus!), war ich in diesem Moment der stolzeste Mensch auf dem gesamten Platz.