Ich liebe Dich

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Ich liebe dich. Drei einfache Worte, die eine Menge bedeuteten. Ihr Blick fing den Dreck auf dem Boden auf, während sie vor ihm stand.
Die Straße um sie herum war völlig dunkel, nur schwach von Laternen beleuchtet. Es war bitterkalt und seine abweisende Haltung verpasste ihr einen Schlag ins Gesicht.
Was willst du? Sie wusste es selbst nicht.
Weisse Flocken fielen vom Himmel, ließen die Umgebung um sie herum verschwinden; doch das alles war ihr egal, denn für sie zählte ohnehin nur er.
Er verlagerte sein Gewicht auf ein Bein, streifte sich die ledernen Handschuhe über, während seine dunklen Augen ungeduldig auf ihr lagen, genervt.
Sie hatte ihren Schal vergessen, doch selbst das machte ihr nichts. Wärme.. sie spürte Wärme, wenn sie ihm nur in die Augen blickte.
In deren Dunkelheit, in der sie sich so geborgen fühlte.
"Ich.. ich.." Ein Stottern, das ihre Lippen verließ und nur gleich einem Hauche an seine Ohren drang.
Sie schlang die Arme um sich, als würde aller Mut sie verlassen, als sie seine ungerührte Miene bemerkte.
"Ich liebe dich." Drei einfache Worte, doch sie schienen so schwer auf ihrer Zunge zu lasten, diese zu lähmen. Und während diesem kurzen Augenblick wandte sie ihren Blick fort und über die Straße hinweg, einem Schneeflöckchen folgend, das auf die Erde herunter segelte, um dort von dreckigen Absätzen zertrampelt zu werden.
Die Luft schien sich ihr zu verwehren, ihre Lungen nicht richtig zu füllen, als sie einen weiteren Atemzug nahm - ihr Herz setzte aus, in Erwartung auf seine Antwort.
Doch.. stand sie nicht ohnehin in seinen Augen?

Er hob seine Brauen, blickte sie weiterhin ungerührt an.
"Nein." Seine Stimme war fest, hartnäckig, während sein Blick sich in ihre Augen zu fressen drohte.
Er war nicht so stark, wie er es wollte.
Ein Glimmen trat in seinen Blick, das an Zärtlichkeit erinnerte - nur für wenige Momente, für sie nicht bemerkbar.

Sie würde verstehen.

Doch sie verstand rein gar nichts.
Sie spürte, wie Tränen ihren Blick verschleierten, sein hübsches Gesicht vor ihrem inneren Auge verschwimmen und zu einer hässlichen Grimasse werden ließen.
Abrupt wandte sie sich ab, in einer völligen Kurzschlussreaktion, um dem mittlerweile matschigen Weg zu folgen, ihre Schritte dabei immer schneller setzend, um ins Rennen zu verfallen.
Die Kälte auf ihren Wangen wurde abgelöst von der Wärme ihrer Tränen, die sich ihren eigenen Weg auf ihrem Gesicht suchten.
Ein Schluchzen entkam ihrer Kehle, schwer, laut. Sie ließ ihren Schmerz raus, denn ein Gefühl der Leere hatte sich in ihrem Innern eingestellt, ihre Einsamkeit vergrößert.
Sie wurde von dieser fast erschlagen, gleich einer schweren Last; sie sehnte sich so nach ihm.
Trauer, Enttäuschung, Wut.
Sie war schuld; er wollte sie nicht.

Sie sah die rote Ampel nicht. Sie sah nicht das heranbrausende Auto, auch nicht die Scheinwerfer, die auf sie gerichtet waren.
Sie fühlte nur den Schmerz, der ihr plötzlich den völligen Atem nahm.
Ein Gefühl der Leichtigkeit, als das Auto sie erfasste und sie kurz durch die Luft gewirbelt wurde, um dann hart auf dem Boden aufzuschlagen.
Ein letztes Mal entwich die Luft ihren Lungen, ein letztes Mal schlug ihr Herz.
Und sie starb in ihrem Schmerz.

Davon hatte er nichts mehr mitbekommen, denn als sie ging, ging auch er.
Er versuchte seine Gefühle für sie zu löschen, ihr Gesicht zu verdrängen, das sich immer wieder vor sein Auge schlich.
Ihr Lächeln...

Er las es erst einen Tag später in den Zeitungen.
Dort stand ihr Name.
Er vergrub sein Gesicht in den Händen und seine Tränen kamen, schienen unaufhörlich, während sein Innerstes wie zerrissen schien.
Seine Mutter kam, legte ihre Hand auf seinen Kopf, strich ihm sanft durch die Haare.
"Du wirst darüber hinwegkommen." Die sanfte, warme Stimme.. wie er sie schon immer gekannt hatte - und die er nun anfing zu hassen.
Denn es war ihre Schuld; wütend schickte er sie fort, die Tür hinter sich zuknallend.

Als die Zeitung wieder in seinen Händen lag strich er über den Namen, der dort abgedruckt war, den Namen der Toten.

Ich liebe dich.
 



 
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