Ich liebe meinen Job!

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Soll ich Ihnen mal was verraten? Das Beste an der Arbeit sind die Freizeiten! Nein- ehrlich!
Da arbeitet man von 8- 23 Uhr und bekommt doch tatsächlich 11 Stunden bezahlt - also wenn das kein Reibach ist! Nun aber mal Scherz beiseite...

Es gibt Kollegen,die finden Freizeiten klasse – wie ich zum Beispiel - und es gibt Chefs die da immer nicht mit wollen, aber müssen, und es gibt die, so genannte, 3. Besetzung; also Praktikanten, FSJler, studentische Aushilfen, oder was sonst noch billig verfügbar ist.
So steht die Mitarbeiterbesetzung eigentlich schon immer im Voraus fest, aber da wir ja demokratisch sind, verplempern wir dafür doch noch mal ne Dienstbesprechung, ziehen Streichhölzer o.ä. ... na ja man möge uns das nachsehen, wir sind ja schliesslich im öffentlichen Dienst, da kann man sich das leisten.

Tja, und dann dauert es nicht mehr lange, und der grosse Tag ist da! Das zusätzliche Auto, welches wir bestellt hatten ist grad mal nicht verfügbar, so dass wir irgendeinen Ersatz bekommen ( meistens mit kleinen Defekten, aber das macht ja nichts – Hauptsache wir kommen vom Hof!).
Meine Güte, was da alles in einen Bus und in ein Auto reinpassen muss, Bettzeug, Koffer, Kisten und Kasten - ach ja und die Klienten auch noch.

Endlich am Ziel angekommen, geht die Geschichte mit der Zimmerverteilung los. Als erstes suchen sich die Mitarbeiter die besten Zimmer aus, der Rest wird dann auf die Klienten verteilt. Ob diese damit einverstanden sind oder nicht, ist erstmal egal, Hauptsache jeder hat ein Bett. Schliesslich kampieren wir ja nicht im Luxus-Hotel!

Was für ein Stress – erst mal ne Tasse Kaffee – dann packen wir den Rest aus.

Zum Glück ist bald 18h - dann gibt’s Abendessen. Man kann ja über diese Unterkunft sagen was man will – durchgesessene Sofas, kleine, durch gelegene Betten – von den sanitären Einrichtungen ganz zu schweigen – aber das Essen hier ist echt ne Wucht. Und jetzt mal ganz unter uns: sollen wir uns hier Abends noch hinstellen und kochen, wenn wir es doch bequemer und leckerer haben können? Wir sind doch nicht blöd!

Abgefüttert und zufrieden beginnt jetzt der gemütliche Teil des Abends. Die Klienten machen was sie am liebsten tun – fernsehen.
Wir holen die erste Flasche Wein raus und beginnen uns sinnlos zu betrinken – sonst hält das ja auch keiner aus. (Den Wein bezahlt natürlich: na darüber reden wir hier mal nicht - ich mein, wenn wir das Spektakel hier schon mitmachen, dann können wir unsere Medizin nicht noch selber finanzieren! Und das ist Medizin, das können sie mir glauben)

Sie fragen sich jetzt sicher, was man auf Freizeit so den ganzen Tag macht – das frag ich mich manchmal auch – aber hier ein paar Ausführungen dazu:
Die Klienten haben ganz bestimmte Vorstellungen von ihrem Urlaub; dazu gehören auf jeden Fall der Besuch eines bekannten Freizeitparks, Kutschfahrten, Spaziergänge am Strand und zu meinem grossen Leidwesen : Schifffahrten.
Soll ich ihnen mal was sagen? Im Grunde ist das ja ne Zumutung. Ich habe eine anerkannte Seekrankheit, aber darauf wird überhaupt keine Rücksicht genommen! Jede Freizeit wieder, muss ich an so nem dämlichen Turn teilnehmen – kaum haben wir abgelegt, wird mir schlecht und ich kann mich stundenlang bei schlechtem Wetter an Deck rumtreiben, während alle anderen sich gemütlich im Salon aufhalten und alle Brötchen aufessen. Zwischenzeitlich wird sich auch immer gern noch über mich lustig gemacht. Aber wer den Schaden hat , braucht für den Spott nicht zu sorgen!
Besonders schön sind auch immer die Besuche im Freizeitpark. Jedes mal wieder muss man erklären, dass Loopingbahnen tabu sind – sonst ist mir schon wieder schlecht - und dass es nicht ständig Cola uns ekelhaftes Fastfood gibt – wo sind wir denn schliesslich?!
Aber mein schönstes Erlebnis war eine rasante Fahrt mit einer Schlauchbootrutsche. Ich kann Ihnen sagen – einmal und nie wieder. Das gab ne Steißprellung vom Feinsten. Ich konnte den Rest der Freizeit weder sitzen noch liegen und war mal wieder das beliebteste Verarschungsobjekt. Super Urlaub... ( die Geschichte ist heute noch nicht ganz ausgestanden...) Aber was macht man nicht alles für das Wohl unserer Lieben?!

Aber wissen Sie was das Schlimmste ist? Nein, nicht der nichtsnutzige FSJler und auch nicht der ständig mit der Wirtin flirtende Chef – nein , es ist der ständige Regen!
Wenn wir auf Freizeit fahren, regnet es immer – wie aus Kübeln; echt unglaublich.
Einmal hat es so gegossen, dass wir den ganzen Tag nur Bus gefahren sind – bis nach Dänemark.
Da haben wir Hot Dogs gekauft und sind wieder zurück.
Super Urlaub...

Sie fragen sich doch sicher, wenn das alles wahr ist ( und das ist es, ich schwöre es Ihnen), warum machen wir das immer und immer wieder? Ja, auf der einen Seite – unsere Klienten haben auch ein Recht auf Urlaub ( und ihnen gefällt es - auch das schwöre ich) und auf der anderen Seite – ich weiss es auch nicht...( aber ich mein, jeden Tag lecker Rotwein und gutes Essen kostenlos, ist auch was wert...)

Somit geht’s bald wieder los – Ende Mai – die Besetzung ist , wie immer unklar, die Klienten rätseln täglich darüber, wer dieses Jahr mitfährt, wer mit wem ein Zimmer teilt und ob es vielleicht dieses Jahr einmal nicht regnet...

Was soll ich sagen, warten wir es ab!
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
zu

erst einmal herzlich willkommen auf der lupe.
sag mal, hast du in deiner geschichte einen familienbetrieb im sinn? wer sind die klienten? und was sind fsjler? fsj - freizeit sieht jeder?
fragend guckt
 
Hallo!
Nein, das ist kein Familienbetrieb, sondern eine Einrichtung, des Erziehungsdienstes. In dieser Einrichtung leben 10 Menschen, hier Klienten genannt, auf die ich hier aber nicht weiter eingegangen bin, da sich die Satire lediglich auf die Mitarbeiter und die Situation bezieht. FsJler sind junge Menschen, die in sozialen Einrichtungen freiwillig ein Jahr lang für ein "Taschengeld" arbeiten (ähnlich wie Zivildienstleistende) und Freizeiten sind pädagogisch begleitete Urlaubsreisen der Klieneten. Ich hoffe, die Situation ist jetzt klarer geworden.
Gruss Sonja
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
yep!

hätteste aber auch in die story mit einweben können. man kommt beim lesen ganz schön ins schwimmen.
lg
 
Ja, das hätte ich können, aber die Anonymität war mir sehr wichtig. Die ganze Story hab ich mal in so einer Weinlaune zu Papier gebracht. Eigentlich wollte ich nämlich einen seriösen Bertrag zu Freizeiten schreiben, der in der Einrichtung veröffentlicht werden sollte. Leider fiel mir an dem Abend absolut nichts seriöses ein... Chef fand es ganz passend, nur sind wir übereingekommen, dass das besser unter uns bleibt. (Sonst hätte es wohl mächtig Ärger gegeben). Dann hab ich durch Zufall diese Seite entdeckt und dachte mir, hier kann ich den Artikel nun doch veröffentlichen.
LG Sonja
 
Was flammarion sagen will ist: wenn Du Begrifflichkeiten oder Referenzen machst, dann kannst Du nicht davon ausgehen, dass sie jeder versteht. Das mag vielleicht in Deinem Verein/Organisation bekannt sein oder bei sonstigen Insidern, nicht aber hier.

Z.B. ich weiss nicht, was "Freizeiten" sind. Damit wird die Geschichte kryptisch. Du musst sie für Dein Zielpublikum anpassen und entweder draussen lassen, verallgemeinern, oder die Erklärung im Text geschickt einbauen.

Bei diesem Text kenne ich mich nicht aus und weiss nicht, welche Anspielungen Du hier machst. Damit bleibt dann auch der Humor unerschlossen.

Marius
 



 
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