In der Kälte reden

Cafard

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Wir standen auf einer winterlichen Terrasse, der Gastgeber hatte sie mit Kerzen beleuchtet, mit Kerzen in Gläsern. Damit wir uns wohl fühlen, wenn wir rauchen. Mein Gesprächspartner raucht selten, wie er sagte, er rauche nur die wenigen Male, die wir uns auf solchen Terrassen treffen.

Ich kann mich nicht erinnern, nach seinem Befinden gefragt zu haben, es ist nicht nötig bei ihm, er sagt es auch ungefragt. Das gefällt mir an ihm. Wer macht das schon? Eher Frauen, vermute ich, Frauen teilen sich gerne ihr Befinden mit. Männer selten, ziemlich selten.

Ich bin durch, sagte er.

Du bist durch?

Ja, mit dem Jahr bin ich durch. Ich habe so viele Termine vor mir, Meetings, Feiern, und so etwas, alle Tage sind verplant, mir bleibt keine Luft, ich bin durch.

Das ist nicht gut, sagte ich.

Das ist auch nicht gut, aber ich kann es nicht ändern, mir bleibt keine Luft, aber ich kann es nicht ändern, sagte er.

Ich hielt mich zurück, ich hielt alle Einwände zurück; wenn er sagt, es sei nicht zu ändern, dann nerven Einwände. Wenn er weiß, dass ihm keine Luft bleibt, nervt es, wenn man sagt, er solle sich Luft verschaffen. Es geht nicht, dieses Jahr geht es nicht mehr, bestimmt im nächsten Jahr.

Trotzdem war ich erschrocken, denn es klang beinah so, als ob er mit dem Leben durch sei, Meetings, Feiern, und so etwas; und immer so weiter, es bleibt keine Luft, man kann es nicht ändern.

Ich wusste also nichts zu sagen, ich schaute in eins der Gläser mit den Kerzen, bis mir doch etwas einfiel: Was machst du, wenn du Luft hast, was machst du im Urlaub?

Nichts, sagte er: Ich mache nichts, ich sitze einfach nur auf einer schattigen Terrasse im Süden herum, ich lese nicht einmal die Zeitung, ich sitze nur herum und schaue in die Landschaft.

Welche Landschaft?

Toskana!

Großartig! Zypressenallee?

So in etwa, lachte er.

Was für ein Nichts!, sagte ich.

Ist das auf die Dauer genug?, fragte er.

Natürlich nicht, man will auch mal ein Spiel sehen, lachte ich.

Nein, sagte er, kein Fußball, nur grandiose Landschaft.

Es zog ein kalter Wind über die beleuchtete Terrasse, ich fragte ihn, den Wind, nach dem Ausgang, mein Gesprächspartner grinste ernst:

Männer, die mit dem Wind reden, so weit sind wir schon.
 



 
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