Irdisches Verblühn

Ralph

Mitglied
Scheidend löst ein buntes Blatt sich vom Geäste,
tanzend in den goldnen Morgenlüften
lockt es eifernd zu dem Freudenfeste
Laubgesellen, in ihren farbenfrohen Klüften,
um nach berauschendem Himmelsritt
im stählernen Blau
gleitend zu landen
im spinnbenetzten Gräsertau.

Wo Blumenkelche angeschmiegt,
knospenspringend
zum Leben neu erwacht,

wie Blütenstaub verfliegt,
was eben noch ringend
senkt sich in ewige Todesnacht.

Denn was der Schoß der Wälder grünend gebar,
dieser Schönwuchs mannigfaltiger Schar,
verwelkt, erstirbt und fürwahr,
alles schwindet,
alles mündet
ins weite Meer der Vergänglichkeit,
ist eingehüllt im Schleier der Unkenntlichkeit.

Was blütenprächtig dir die Sinne stahl,
ist morgen zunichten, totenfahl,
was vor Leben sprüht, muß doch verwesen.

Drum entsag' ich Flora's freudespendener Lebensglut,
an der selbst Frostgemüter tauend genesen.

Hinweg mit dir, du auserkiesenes Augenziel,
dem herzbeschwingenden Frühlingslauten,
des Sommer's sonniger Lichterflut,
des Herbsten buntem Farbenspiel,
Heil allein
des Winter's bedächtigem Windesflauten.
 
S

Sanne Benz

Gast
hallo ralph,
das einzige was mir im moment auffällt ist:
löst und scheidend..wäre doppelgemoppelt, meiner ansicht nach..(?)
statt EIFERND...spielend(?)

es ist eine art,wie ich sie nicht vermag zu schreiben..(leider..auch)
darum kann ich dazu nicht viel sagen..nur das mir das..oben..auffiel.
und mir es gefällt..

lG
sanne
 

Ralph

Mitglied
Hallo Sanne,

"scheidend löst" ist sicherlich doppelgemoppelt oder anders ausgedrückt pleonastisch ( griech.: "Überfluß" ) gleich dem schwarzen Rappen, dem alten Greis, dem runden Kreis etc.

Mir ging es aber bei jenem Ausdruck um Konkretisierung.
"Scheidend" emotionalisiert eine langsame, sachte Trennung mit wehmütigem Charakter.
Daher auch das Partizip (-end) mit weicher Endung.

"Lösen" beschreibt den eigentlichen Abnabelungsprozeß.

Schwierig zu verstehen, ich weiß, aber schließlich wurde die Sprache für den Menschen erschaffen und nicht umgekehrt.

Gruß

Ralph
 
E

ElsaLaska

Gast
Hallo Ralph,

ach schmachtend seufzend, herrlich.
Weisst Du, das einzige, was mich wirklich stört ist dieses "Auserkiesenes", das macht in meinen Augen den Text ein bisschen kaputt, weil irgendwie triefend.
Fällt einfach raus aus der schlichten Schönheit.
Nachvollziehbar?
Liebe Grüsse
Elsa
 

Ralph

Mitglied
"auserkiesen"

Hallo Elsa,

Du hast recht, irgendwie paßt das Wort "auserkiesen" zum Gesamtbild der gewählten Sprache nicht, aber ich wollte es eben unbedingt aufführen. *grins*

Lieben Gruß

Ralph
 
richtige Rubrik?

Hallo Ralph,

nun stoße ich bereits im dritten Online Forum auf dein wunderschönes Gedicht vom 'Irdischen Verblühen'.

http://www.poesieforum.de/forum045.htm
und
http://home.wtal.de/eisenherz/heldenstreiche/garten_irdisches_verbluehen.html


Warum setzt du das 1998 und auch 2001 von dir vorgestellte Gedicht noch in die Schreibwerkstatt der LL? Willst du wirklich noch Änderungen vornehmen? :eek:

Es wäre meines Erachtens ein besonderes Glanzstückchen direkt in der Rubrik Poesie, wie einige andere Beiträge, die ich bereits von dir in unterschiedlichen Foren, Gästebüchern, etc. gelesen habe, auch.

LG
Femi (in tiefer Bewunderung für dein Trochäenfaible...):D
 

Ralph

Mitglied
Streu meiner Redeblümchen

Hallo Femi,

zunächst ziehe ich meinen bunten Federhut vor Deiner Anerkennung, denn Heil den Trösterworten, die in Zeiten ausbleibender Lobrede vermögen das fahle Haupt mir schmückend zu bekränzen.

Der Grund für die "Streu" meiner Gedichte in verschiedene Foren liegt einfach im Wunsch einer subjektiven Rückmeldung, denn meist trübt die maßlose Selbstüberschätzung den scharfen Blick für wahre Poesie und verfällt einstweilen der literarischen Arroganz.

Mir geht es nicht unbedingt um Anerkennung, sondern um Wegweisung der Leserschaft :)

Mit heiterem Federschwung

Ralph


P.S.: Was mein Trochäenfaible anbetrifft, so bedarf es noch eine Menge Portion Übung und Wortgewandtheit, bis ich mich zur Elegie im antiken Versmaß vorantasten darf.
 



 
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