Irre Zeiten

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Maribu

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Irre Zeiten

Walter, Ralf und Karl sind drei Freunde im Rentenalter.
Das Trio trifft sich Sonntags in der Hamburger Hafen-Kneipe
"Bei Charly". Dabei geht es aber nicht nur ums Skatspielen!

Walter und Ralf hatten schon am Stammtisch Platz genommen, als Karl aufgeregt dazukam. "Ich habe eben im Auto noch Nachrichten gehört. Donald Trump hat schon wieder so ein Wahnsinns-Dekret verfasst."
"Erzähl!", sagte Walter und legte die Skatkarten beiseite.
"Die Strafe für VW von vier Milliarden Euro wird um eine Milliarde gesenkt. Die verbleibenden drei fließen nicht in den amerikanischen Haushalt, sondern werden direkt für den Bau der Mexiko-Mauer verwendet."
Charly, der Wirt, hatte die Biere vor ihen abgestellt und sie prosteten einander erst Mal zu. Nachdem Ralf sich mit dem Handrücken den Schaum von den Lippen gewischt hatte, antwortete er: "Das passt doch genau zum Dieselskandal! - Eine Hand wäscht die andere! Verkehrsminister Dobrindt, der sosehr mit der PKW-Maut beschäftigt war, dass er von den Manipulationen und Vertuschungen nichts mitbekommen haben will, erhält nach der verlorenen Bundestagswahl ab 1. Oktober einen Posten im VW-Vorstand."
"Na ja", Walter grinste, "immerhin muss er noch arbeiten! Der ehemalige Vorstands-Vorsitzende Martin Winterkorn bekommt 29 Millionen Euro Pension und muss die vom Konzern bezahlten 60 Tausend für die beheizbare Reinigungsanlage in seinem Gartenteich nicht zurückzahlen! Jetzt hat er genug Zeit, seine Koi-Karpfen im Garten zu beobachten!"
"Ja, das ist die angemessene Belohnung für einen Vorgesetzten, der seinen Entwicklern freie Hand gelassen und nicht kontrolliert hat, wie sie seine hochgesteckten Vorgaben umsetzen!", erwiderte Ralf sarkastisch. Er nahm einen Schluck Bier und ergänzte dann: "Aber Vorstands-Vorsitzende können bei Duldung eines erkennbaren Risikos zur Verantwortung gezogen werden. Das ist noch nicht vom Tisch! Im August 2015 gründete Winterkorn zwei Immobilien-Firmen, in denen sein Frau als Geschäftsführerin und einzig haftende Gesellschafterin fungiert. Kurz vor Bekanntwerden des Abgas-Skandals transferierte er beträchtliche Teile seines Vermögens an seine Frau." Ralf blickte seine überraschten Freunde lächelnd an und fragte: "Findet ihr das auch eigenartig?"
"Eigenartig", wiederholte Walter."Das ist clever! Der Aufsichtsrat von VW war schön blöd, so einen intelligenten Manager zu feuern!"
Karl bestellte noch Bier und sagte: "Das meiste ist ja bekannt!
Mein Sohn hat einen Freund, der arbeitet bei VW unterhalb der Vorstandsebene, der ihm einige Interna erzählt hat, die aber erst in den nächsten Tagen an die Öffentlichkeit kommen."
Er zögerte mit dem Weitersprechen. "Ich weiß gar nicht, ob meinem Sohn das recht wäre, wenn ich euch das erzähle."
"Mach das nicht so geheimnisvoll!", tadelte Ralf. "Uns kannst du das verraten, wenn das bald die ganze Welt weiß!"
Karl nickte. "Im Gegensatz zur Konkurrenz, die auf Elektro-Autos setzen will, wird VW am Dieselmotor festhalten!
Ihr firmeneigenes Labor hat eine sensationelle Methode zur Schadstoffverminderung von Dieselöl gefunden. - Und jetzt kommt der Hammer: Das Öl soll bei Exxon Mobil in Amerika raffiniert und destilliert werden. Und ratet mal, wer der Vorsitzende dieses Konzerns war: Rex Tillerson, jetzt Außenminister unter Donald Trump!"
Ralf schaltete sofort. "Deswegen dieser Strafnachlass von einer Milliarde! Das ist wirklich der Hammer! - Charly, darauf brauchen wir einen Klaren!"
Karl genoss einen Moment schmunzelnd seinen Coup. "Das ist aber noch nicht alles! VW ist da sehr ehrgeizig. Sie wollen noch ein zweites Standbein. In den nächsten Monaten erwarten sie den großen Durchbruch. Diesel soll dann so rein sein, dass es dem Reinheitsgebot für das Braugewerbe von 1516 entspricht und durchaus genießbar ist."
Der Wirt kam mit dem Schnaps, und da er einiges von der Unterhaltung mitbekommen hatte, sagte Ralf: "Charly, das wäre doch ein Anreiz für deinen schlecht gehenden Mittagstisch:
'Gedünsteter Koi-Karpfen und dazu ein Wolfsburger Dunkel vom Fass'." Und Walter, der ebenso fasziniert war, ergänzte: "Ja, und darauf einen 'Winterkorn'!"
 

Tula

Mitglied
Hallo maribu

weil ich zur Bewertung auch stehen muss: ich finde den Ansatz ok, aber die Satire als solche ist zu direkt, da kommt kein Lacher auf. Denn wenigstens die Hälfte der Aussagen im Text entsprechen traurigen Tatsachen, d.h. vielleicht nicht im Detail, aber im Allgemeinen. Für eine gute Satire müssen die Protanisten lächerlich gemacht werden, ich meine auf gekonnte Weise, mit gutem Humor.

LG
Tula
 
A

aligaga

Gast
Das ist 1:1 das Gebrabbel, wie man's immer wieder an jedem Stammtisch und an den Stehtischen vor den Eckkneipen der Stadt zu hören bekommt, wo die "Checker" sich den Tag oder den Abend schön trinken und die Welt "verbessern".

Sie fügen dabei den aus den Regenbögen gepressten Postfakten eigene hinzu, versuchen sich damit groß und den Rest der Welt klein zu machen.

Diese prekäre Welt abzubilden, ohne mit den Augen zu zwinkern, hält @ali weder für witzig noch für spannend. Es ist dies hier, als sähe man sozialneidigen Rentner beim Blättern in einer vorgestrigen Bild-Zeitung zu - das ist nicht satirisch, sondern schrecklich langweilig, auch wenn ein paar Winterkörner dazwischen gestreut werden.

TTip: Wenigstens einen der Rentner ins Unrecht setzen und dem Leser zeigen oder ihn ahnen lassen, dass der Grufti in Wirklichkeit noch dümmer ist als der Präsident der Vereinigten Staaten.

So muss Satire!

Heiter

aligaga
 
A

aligaga

Gast
Na Ali, dann zeig mal, was du kannst
und mach nicht immer nur den "Besserwisser"!
Ali kommentiert nicht nur fremde, sondern schreibt auch fleißig eigene Texte. Du kannst dich jederzeit mit einem davon kritisch auseinandersetzen. Nur immer zu!

Heiter, sehr, sehr heiter

aligaga
 



 
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