Jenseits von Pisa

Jenseits von Pisa


Finsternis.

Eine trübe Finsternis herrschte in dem schmalen Gang. Grau gedämpftes Zwielicht einer hinter dunklen Regenwolken verborgenen Sonne fiel durch die milchigen, kleinen Fenster, doch konnte dieses kaum den Gang erhellen. Blitzte tauchten den Gang immer wieder in feuriges Blau, gefolgt von höllischem Dröhnen, das die Fensterrahmen erzittern ließ wie frierende kleine Kinder. Und tatsächlich hatte man das Gefühl ein leises Wimmern zu hören, als würde ein dünnes Schluchzen wie ein leiser Windhauch durch die steinernen Flure ziehen.
Leise, aber doch hörbar. Es schien, als wäre es mehr eine Illusion, es schien, als wäre hier tatsächlich irgendwo in diesen dunklen, steinernen Gängen ein kindliches Weinen zu hören Ja, wahrhaftig! Jetzt gerade in dem Moment, in dem ein besonders ohrenbetäubender Donnerhall gegen die Mauern schlägt, ja, hört man es leise erschreckt aufheulen. Woher kommt es? Folgen wir dem Geräusch. Es scheint von der hölzernen Treppe her zu kommen, der Treppe, die in den alten, vergessenen Keller führt. Und wirklich unter dem Treppenabsatz sitzt ein Junge, die braunen Augen sind wie bei einem verwaisten Rehkitz mit Angst und Tränen gefüllt, der kleinen Körper zittert wie eine Trauerweide im Novembersturm.
"WW...Warum?” stammeln die Blut leeren Lippen, das blonde Haar hängt in langen Strähnen in das verweinte Gesicht. "WW...Warum?” Doch die Frage bleibt unbeantwortet, denn niemand ist hier, um sie zu beantworten. Da kreischt der Arme erneut in Furcht auf, ein Blitz blendet seine Rehaugen und der Donner fährt ihm in den Körper wie ein Hammerschlag. Er ist ganz allein. Allein.
Doch .... Nein ganz allein? Plötzlich erscheint ein Licht am Ende des Ganges. Eine Silhouette wird sichtbar. Wer ist es? Noch enger kauert sich der Kleine auf den steinernen Boden. Blitzartig ändert sich jedoch das angstvolle Gesicht und ein erleichterter Aufschrei entspringt der dünnen Kehle. Es ist Bernd! Bernd! Bernd! Oh, wie groß ist die Freude!
Langsam schreitet Bernd den Gang entlang und es scheint fast, als würde die Sonne hinter den Wolken gegen die Dunkelheit ankämpfen, als wäre alles wieder plötzlich mit Leben, gefüllt, mit Freude.
"Was ist hier passiert?” spricht sanft und väterlich die Stimme. Güte scheint bei diesen Worten aus seinen Augen, Güte und Verständnis. Schnell springt der Junge voller Freude zu ihm, umklammert seinen Arm mit seinen Händchen und ganz aufgeregt plappert er wie ein Wasserfall, seine Stimme überschlägt sich fast: "Ich war, das, das, der Timo hat meinen Ranzen ausgeleert!” Beinah wären ihm nun erneut die Tränchen über seine Wangen gekullert, doch schon nimmt Bernd seine Hand und drückt sie sanft. "Keine Sorge. Das bekommen wir schon wieder hin. Weine nicht, mein Kleiner, weine nicht!”
Mit schnellen Schritten gehen beide zur Tür der Klasse 6a und Bernd öffnet sie mit kräftiger Hand. Als er in den Raum blickt, sieht er schon den Übeltäter. Gerade ist Timo dabei mit einem Zirkel in der ersten linken Hand einen unschuldigen Maikäfer zu durchbohren. Den Teddy seiner Mitschülerin - der armen Sissy - liegt zerrisen neben ihm. Die Kleine Sissy weint bitterlich. Aber ein teuflisches Gelächter dringt aus Timos Rachen.
"Genug, Timo! Deine Zeit ist um!” Verwundert schreckt Timo herum. "Was?” - "Ja, ganz recht! Schon lange beobachte ich dein diabolisches Treiben, doch jetzt hast du ausgespielt!”
Mit schnellen Schritten stürmt Bernd um die Tische, rettet den Teddy, schenkt dem Maikäfer die Freiheit und mit einer eleganten Handbewegung nimmt er den Ranzen Timos und stülpt ihn um. Mit einem lauten Scheppern purzeln seine Sachen auf den Boden. Kreidebleich steht der Klassenrabauke vor seinen zerstreuten Habseligkeiten. "So! Jetzt siehst du wie es ist, gedemütigt zu werden. Jetzt bist du einmal das Opfer! Weißt du jetzt, wie sich das anfühlt?”
Timo blickt ihn an. Ja; er weiß es jetzt, und er verspricht es nie wieder zu tun. Schnell verlässt der strafende Blick Bernds Augen und er nimmt auch Timo an der Hand und als Timo fragt, ob er eine Strafe bekommt, antwortet Bernd väterlich: "Aber nein, Timo, du hast deine Lektion gelernt und zum Lernen bist du ja hier - und ich bin hier, um euch zu lehren!”
Verständnisvoll lächeln die beiden Jungen Bernd an und versöhnen sich dann miteinander. Und zusammen blicken sie
Bernd noch nach, als er schon längst in der goldenen Abendsonne verschwunden ist....

Denn auch HINTER DEM HORIZONT gibt es Kinder, die seine Hilfe brauchen
Und sie werden sie bekommen von unserem geliebten Bernd.

Nachtrag für infantile Zeitgenossen: es geht hier nicht um Bernd das Brot -
sondern um Bernd d. Großen - den unerschrockenen Sixty-Eight.

(c) g-ps-d
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

was, bitte, darf ich in deinem werk als humor oder satire ansehen? ist es nicht eher eine kindergeschichte?
fragend guckt
 



 
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