Katerstrophe

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birdy

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Angeblich teilt sich die Menschheit in zwei Gruppen. In Katzenmenschen und Hundemenschen. Egal, nach welcher wissenschaftlichen Methode diese These konzipiert wurde, es wurde auf eine Gruppe vergessen.

Die der meine-ex-wollte-unbedingt-zwei-Katzen-und-jetzt-habe-ich-sie Menschen.

Diese Gruppe – zu der ich mich zählen darf – ist wohl eine Mischform der beiden Erstgenannten, die ja einer Spezies - aus welchem Grund auch immer - ihre unbedingte Sympathie aussprechen. Der Homo mewuzkujhis empfindet grundsätzliche Sympathie für alle Tierarten (außer für solche, deren Stachel oder Saugrüssel sich zum zwecke der Flüssigkeitsabgabe oder –entnahme unter seine Haut schieben) und wird durch äußere Umstände und nicht durch Präferenz zum Obdachgeber.

In meinen Fall sind es eben zwei Katzen. Reiner Zufall.

Obwohl - hätte man mich vor die Alternative gestellt „Entscheide dich für ein Haustier, oder du verlierst dein Augenlicht“ hätte ich mich für Katzen entschieden. Mit einem Hund im Winter mitten in der Nacht einen Pinkelbaum zu suchen mag für Hundemenschen eine verbindende Komponente beinhalten, wäre aber meinem Lebensvollzug nicht entgegen gekommen.

Auch zerbissene Schuhe (ich hasse es, Schuhe zu kaufen und bitte um Zuschriften, ob es je einem Mann gelungen ist, eine lähmendere Tätigkeit zu finden als den gemeinen Schuhkauf . Man schwitzt und bindet und bindet und schwitzt. Die Schuhverkaufsfachfrau Evelyne ist im Labyrinth der Verkaufsregale trotz Körpertäuschung und Tempowechsel immer einen Schritt hinter mir – ein kafkaeskes Erlebnis – bis sie mich endlich vom Modell „Schraubstock in Leder“ überzeugt hat. Nach 14 Tagen Blutblasen passt das Teil dann wie angegossen) oder Urlaub mit Leine und Fressnapf sind für mich in die Rubrik „eher unbequem“ einzuordnen.

Von dieser pragmatischen Basis ausgehend kann also gesagt werden, dass mein aufgezwungenes Dasein als Homo mewuzkujhis auch schlimmer hätte ausfallen können.

Falls der jetzt noch immer Lesende zu dem Schluss kommen sollte „Na also, er hat genau das, was er will“, darf ich darauf hinweisen, dass Katzenhalter NIE das haben, was sie wollen.

Der grundsätzlich unerfreuliche Beginn eines neuen Tages – das Aufwachen – wird von einem Hund mit einem freundlichen Lecken über das Gesicht des Besitzers eingeleitet. Für Menschen, deren Hygienedefinition als großzügig zu bezeichnen ist und für die der Spulwurm auch eine Form von Haustier ist (nur halt im Darmtrakt), ein erfreulicher Tagesbeginn.

Ein Katzenhalter wacht mit einem unangenehmen Druckgefühl im Brustbereich auf und sieht in 10 cm Abstand in zwei Augen mit schmalen Pupillenschlitzen, deren dahinter liegende 8 kg Körpermasse diese Herzinfarktsimulation auslösen. Mein Kater liegt vollkommen regungslos auf mir und starrt mich an, und ich glaube der einzige Grund, der ihn daran hindert mir mit einem Biss die Halsschlagader zu eröffnen ist das Wissen um seine Unfähigkeit, Whiskasdosen zu ohne mich eröffnen. Ein zwar hygienischer, aber psychisch belastender Tagesbeginn (der Gerechtigkeit halber muss ich anfügen, dass seine Schwester als interessierter Zeuge dieses Machtkampfes vom Boden aus ihrem Bruder mental den Rücken stärkt, ohne aber mit ihren zusätzlich 4 kg den Kampf vorzeitig zu entscheiden).

Wenn nun ein Hund schwanzwedelnd mit triefender Zunge zur Haustüre voraus läuft, um seinen Besitzer zum Gassi gehen zu empfangen, während sich dieser relativ gemütlich die Gassirüstung (Jogginganzug) anlegen kann, wird dem Katzenhalter wesentlich größere Körperbeherrschung abverlangt. Der Weg vom Schlafzimmer in die Küche wird nämlich zu einem saisonunabhängigen Slalomlauf mit mehrmaligem Einfädeln, da Katzen dem Trugschluss verfallen, dass vor-die-Füße-laufen die Nahrungsgabe beschleunigen könnte und unerfahrene Katzenhalter dem Trugschluss verfallen, sie müssten tatsächlich schneller gehen.

In unserer 10-jährigen Lebensgemeinschaft hat sich das aber mittlerweile eingeschliffen und ich kann durch geschicktes abrollen blutende Platzwunden meist vermeiden.

Wenn der Fressnapf gefüllt ist, sind auch Fressverhalten von Hund und Katze jeweils unterschiedlich ausgeprägt. Während ein Hund die Nahrung in Bruchteilen von Sekunden (so interessiert gesehen bei befreundeten Hundehaltern) in seinen Magen weiterleitet, fressen (jedenfalls meine) Katzen zwar gierig, bis der erste Hunger gestillt ist, benutzen dann aber ihre Krallen im Sinne von Besteck, um einzelne Futterbrocken aus der Schüssel zu fischen, diese kurz zu prüfen und nach mir bis heute unerfindlichen Qualitätskriterien entweder zu fressen oder mit einem kurzen Schütteln der Pfote durch die Küche zu schleudern. Was dann zu lebhaften Vorhaltungen meiner lieben Gattin führen kann, die ja diese „Altlasten“ aus meinem Vorleben mittragen muss.

Unglücklicherweise haben Katzen außer dem Futterweitwurf noch eine weitere ungustiöse Vorliebe namens Katzengras.
Das per se nicht wirklich ungustiös ist, Gras eben.
Nur leider fressen sie es manchmal, um das eben mühsam selektierte Futter wieder heraufzuwürgen und es niemals - aber auch wirklich niemals - im gefliesten Vorzimmer, sondern auf dem Teppich oder der Sitzecke zu verteilen. Was dann zu lebhaften Vorhaltungen…

Um meine „Katzenposition“ auf eine diskussionsfestere Basis zu stellen, versuche ich die Tischmanieren der Tochter meiner Frau - aus erster Ehe - zu unterwandern. Da Elisabeth aber mit Ihren 11 Jahren schon weiß, wie man sich bei Tisch zu benehmen hat, verhallen meine kleinen Sabotageakte bei Ihr ungehört. Nicht aber bei unserem gemeinsamen Sohn, der mit seinen 5 Jahren für Essenwerfen immer ein offenes Ohr hat. Was dann zu lebhaften Vorhaltungen…

Der große Vorteil von Katzen gegenüber Hunden – sie müssen nicht hinaus – wird aber in dem Augenblick zu einem gravierenden Nachteil, sobald ihre Stoffwechselendprodukte dies sehr wohl müssen.

Pflanzen erzeugen als Abfallprodukt Sauerstoff.
Katzen sind keine Pflanzen. Definitiv nicht.

Seit dem ich Katzen habe, kenne ich den olfaktorischen Unterschied zwischen einem Waldspaziergang und dem Besuch des Teufels. Liebe Gentechniker, gibt es unter euch keine Katzenhalter? Lasst euch bitte ´was einfallen.

Solange das nicht passiert habe ich halt das, was ich verdiene. Zwei Katzen.

Aber die beiden fragt ja auch niemand, ob sie mich überhaupt wollen.





Anm.: Ich erlaube mir an dieser Stelle auf die Texte von Dorian zu verweisen, von dem das Zusammenleben mit diesen Tieren hervorragend satirisch beschrieben wurde!
 

Dorian

Mitglied
Da schau ich aber...

Ich hätte nicht gedacht, daß Du Dich mit einer Katzengeschichte zurückmelden würdest.

Natürlich mal wieder eine superere Geschichte geworden, obwohl sie mir eigentlich zu kurz war. Mehr eine Art Artikel oder Kolumne.

Nichtsdestotrotz meine beste Bewertung.

Wir sehen uns auf Deiner Homepage.

LG

Dorian

P.S.: Vielen Dank für Deinen Hinweis auf meine Beiträge.
 

birdy

Mitglied
Hallo Dorian!

Schön, dass dir die Story gefallen hat.

Du hast vollkommen recht, der Text "riecht" irgendwie nach Artikel.

Aber wenn der "Meister der Katzenstory" diesen Artikel liest und ihn für gut befindet, ist das mehr als o.k. ;)
Kein Scherz: Deine Geschichten haben mir so gut gefallen, dass ich mich an dem Thema "Leben mit Katzen" auch einmal versuchen wollte.

Meine (Ex-)Homepage ist mittlerweile ein Auslaufprojekt. Ich versuche nun mit einem Kollegen der schreibenden Zunft, eine Satirezeitung zu etablieren.

Würde mich freuen, wenn Du Heiteres.at auch einen Besuch abstatten würdest.
Übrigens: Wir brauchen talentierte Autoren, Dorian.
Hast Du gehört?! ;)


LG

birdy
 



 
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