Krebs-Tanaga

H

Heidrun D.

Gast
Lieber Bernd,

ich bin schon oft um deinen Text herumgeschlichen ... weil er auf mich so verstörend wirkt. - Fast jeder kam in seinem Umfeld schon mit Krebserkrankungen in Berührung oder hatte selbst damit zu kämpfen.

Das Schrecklichste daran sind wohl die ständigen Kontrolluntersuchungen, die nach einem ersten Sieg über die Krankheit notwendig werden und den Betroffenen immer wieder in einen Zustand der Starre versetzen.

Diese hast du (indirekt) treffend durch das "Stieren" zum Ausdruck gebracht. - Es fällt mir wegen des Gedichtshintergrunds nicht ganz leicht, eine Veränderung anzuregen, aber der erste Vers wirkt irgendwie unfertig auf mich. - Wenn du zunächst eine andere Form wähltest:

Auf den Fleck am Finger stieren
(Eisspray lässt ihn stets gefrieren)
dort wo
Zellen tödlich gieren
hilft zuweilen extrahieren

So hättest du einen anderen Klang, aber auch eine andere Form.
Wenn du deine aber beibehalten möchtest, könnte dir vielleicht trotzdem eine leichte Umstellung hilfreich sein (Klangharmonie). - Es sei denn, dass die Sperrigkeit des Gedichts in deiner Absicht liegt ...

Herzliche Grüße
Heidrun
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Heidrun,
es ist auch der erste Schreck, den ich darstellen wollte.
Das (oder der?) Tanaga hat eine sehr feste Form:
4 Verse mit je 7 Silben, die aber keinen regelmäßigen Rhythmus bilden.
Klassisches Reimschema aaaa, es gibt aber auch neuere Abweihungen aaab oder aabb (vielleicht noch andere).
Deshalb funktioniert der Vorschlag nicht. Tanaga ist silbenzählend, nicht taktzählend.

Inhaltlich soll es starke Bilder und eine Weisheit enthalten, soweit ich es verstanden habe.
Oft werden auch Sprichwörter in dieser phillippinischen Form verarbeitet.

Ich habe also versucht, Takte, Jamben und ähnliches weitgehend zu vermeiden oder zu durchbrechen, was in Deutsch nicht ganz einfach ist, vielleicht aber zum Thema passt.

Aber, die Anregung hat doch etwas.
Ich versuche, das Bild und den Schreck besser zu zeigen.

Ein Fleck am Finger: stieren,
Eisspray lässt ihn gefrieren,
denn: wo Krebszellen gieren,
hilft oftmals extrahieren.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein Fleck am Finger: stieren,
Eisspray lässt ihn gefrieren,
denn: wo Krebszellen gieren,
hilft oftmals extrahieren.
 
H

Heidrun D.

Gast
Ja,
ist wohl eine schwer übertragbare Form.

So gefallen mir deine Verse aber deutlich besser und wirken sprachlich eleganter.

Freundliche Grüße
Heidrun
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Mein Tipp (trotz Gänsehaut, Mann umgeht ja solche Themen gerne)

Ein Fleck am Finger: stieren,
mit Eisspray ihn gefrieren.
Wo Zellen Krebs platzieren,
hilft oftmals extrahieren.

Gesunde Grüße vom
Sta.tor
 
M

max

Gast
du meinst bestimmt VOKALharmonie - so wie in der arabischen sprache!
 
H

Heidrun D.

Gast
Jau,
Sta.Tors Version finde ich noch einen Tick ansprechender. ;) So gewinnt das Gedicht eine leicht sarkastische Note, die dem furchteinflößenden Text gut zu Gesicht steht. - Denn Grauen lässt sich m. E. so am besten transportieren - Meister Hitchcock hat es uns gelehrt ...

Liebe Grüße
Heidrun
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nach unseren Gewohnheiten ist der Jambus sehr verfestigt. Ich habe versucht, einen durchgängigen Jambus zu vermeiden, was aber der Form geschuldet ist. Andererseits habe ich nur gelesen, der Rhythmus sei frei, damit sollte auch ein Jambus möglich sein.

Danke für die Hinweise.

Übrigens: In meiner Form ist hinter "denn" eine Pause.
Es darf nicht jambisch gelesen werden.
 



 
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