Kurzprosa

dembla

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Es geht weiter


Sie hört noch wie er sagt, sie soll sich nicht sorgen, es wird schon alles in Ordnung kommen. Ihre Tochter kann in jedem Fall mitkommen. Sie weiß nicht mehr wie sie nach Hause gekommen ist, ihre kleine Tochter ist von den Strapazen des langen Tages im Kinderwagen eingeschlafen, so ist Ruhe da zu denken. Ein Zustand den sie nur noch selten zur Verfügung hat, seitdem sie Mutter ist. Doch heute rasen die Gedanken wie Raketen durch ihren Kopf und verursachen dabei schmerzhafte Adrenalinstöße in ihrem Magen. Zitternd steckt sie sich eine Zigarette an. Warum? Warum? Was soll sie verstehen? Hautkrebs. Tod. Vorher Chemo, Bestrahlung, Kahlköpfigkeit, Übelkeit, Schreie, letzte Blicke und dann, was kommt dann? Sterbe ich? Was wird mit Lilly? Sie hat doch nur mich. Frank hat sich noch nicht gemeldet. Was erwartet sie auch? Er hat damals gleich gesagt, er wünscht sich auch ein Kind, aber er kann keine Zusagen machen. Tja und sie ? Sie wollte ein Kind. Es war ihre letzte Chance. Sie war fast vierzig, als Lilly auf die Welt kam und nun 4 Jahre später. Sie erschauert bei dem Gedanken, dass sie vielleicht nach einem qualvollen Kampf ihr Kind verlassen soll, nicht erleben darf wie sie wächst, nicht jeden Morgen ihren kindlichen, verschlafenen Geruch in der Nase zu haben und wie sie mit ihren blauen Augen die Welt entdeckt.
Das war vor fünf Jahren. Lilly geht jetzt in die Schule. Der Krebs hat sich auf einen neuen Lebensvertrag eingelassen. Das Ende ist offen.
Viel hat sie seitdem verstanden, über sich und das Leben. Jeden Morgen erneut, pflückt sie den Tag und genießt seinen Duft mit ihrem Kind.
 



 
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