Lass mich! Ich muss mich da jetzt reinsteigern!

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Betzebub

Mitglied
Sebastian schmeißt sich wütend auf sein Bett. Seinen Kopf presst er dabei so fest wie möglich in sein Kopfkissen. ‚Musste diese blöde Kuh unbedingt fremdgehen? Und warum musste ich das ganze durch ihre Schwester erfahren? Naja, sie hatte ja noch nie den Arsch in der Hose, Fehler von sich einzugestehen. Aber warum tut sie gerade mir das an? Ich habe ja alles für sie getan. Am Sex kann’s nicht liegen. Vielleicht hätte ich doch etwas mehr auf sie eingehen müssen. Aber sie hat mir gegenüber nie gesagt, ob sie etwas stört und was das ist‘
Er drückt seinen Kopf noch fester ins Kissen. ‚Diese dämliche Schlampe. Sie war meine große und einzige Liebe. Und so dankt sie es mir.‘
Sebastian kämpft mit dem Gedanken, seiner Ex-Freundin eine E-Mail oder SMS zu schreiben. Eine, die sich gewaschen hat. Er wälzt sich auf den Rücken und erst jetzt nimmt er den salzigen Geschmack auf der Zunge war.
Er fingert sein Handy aus der Hosentasche und entsperrt den Bildschirm. ‚Hexe‘ ist sein Passwort. So nannte er sie damals immer. Aber das ist ja jetzt vorbei. „Ich hoffe, du bist glücklich!“, tippt er ein. Er zögert kurz. ‚Reicht das? Oder soll ich noch was dran hängen? Nee, das reicht fürs Erste. Ich warte erstmal eine Antwort ab‘, denkt er und tippt auf „Senden“.
Sein Herz pocht. Tausende Gedanken schwirren in seinem Kopf herum. Wie hypnotisiert starrt er auf das Display. Immer wieder berührt er das Glas, damit der Bildschirm nicht schwarz wird.
Plötzlich ein „Pling“ des Handys.
„Ja, bin ich. Danke der Nachfrage. Laura und ich sind sehr glücklich. Mach’s gut.“
Dieses Detail hatte ihre Schwester verschwiegen. Oder sie wusste es selber nicht.
Sebastian steht auf und geht ins Badezimmer. Er zieht die Schublade auf und holt eine, in weißes Wachspapier verpackte, Rasierklinge heraus. Zurück in seinem Zimmer setzt er sich an seinen Schreibtisch und faltet das winzige Päckchen auseinander. Er spielt mit dem scharfen Messer. vorsichtig und konzentriert. Sebastian reißt sich die Brille von der Nase und schleudert sie achtlos gegen die Schranktür.
Sein Herz rast. Eiskalter Schweiß läuft seine Stirn hinunter und brennt in seinen roten, vom Weinen geschwollenen und Blut unterlaufenen Augen. Worauf er genau wütend sein soll, weiß er nicht. Seine Ex-Freundin, diese Laura, die er nicht kennt – geschweige denn kennen will – oder auf sich selbst.
Fassungslos starrt er auf die verschwommene Rasierklinge zwischen Daumen und Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand. Ein Freund hatte ihm mal erzählt, dass er sich ab und zu ‚ritzt‘. Zum Stressabbau, wenn er traurig oder wütend ist oder wenn er einfach nur Langeweile hat. Er hatte ihn auch gewarnt, dass er keine Ader anritzen darf. Sein Freund wäre dadurch fast verreckt. Darum macht er es nur noch am Oberschenkel. „Da sieht’s keiner“, sagte sein Freund.
Sebastian lässt die Klinge zwischen seinen Finger tanzen. Immer wieder dreht er sie mit dem Zeigefinger ein Stückchen weiter. Er sieht sich die Klinge von allen Seiten an.
Bevor er es überhaupt gespürt hatte, sieht er ein dünnes Rinnsal, der an seinem rechten Zeigefinger hinab läuft und dessen Quelle unaufhörlich weiteren Lebenssaft zu Tage fördert. Diese rote Flüssigkeit, die in seiner rechten Hand einen kleinen See bildet.
Rot, wie die Liebe. Die, die sich vor wenigen Minuten in blanken Hass verwandelt hat.
Er widersteht dem Bedürfnis, den Finger in den Mund zu stecken.
Er fängt an, dieses Gefühl zu lieben. Mehr zu lieben, als er seine Ex-Freundin je geliebt hatte.
Er schüttelt seinen Kopf. ‚Nein. So darf es nicht enden. Und so soll es nicht enden. Dann gewinnt sie. Und das hat sie nicht verdient. Nicht nach dem, was sie mir angetan hat.‘ Sebastian rennt wieder ins Bad und holt die Verbandstasche heraus. Seine linke Hand sucht die Mullbinden und Pflaster. Er wickelt seinen rechten Zeigefinger großzügig mit den Verbänden ein und klebt den Verband mit mehreren Pflastern fest.
Verschwommen entziffert er die Nummer seines Freundes und wählt. „Hey, Alter. Lass heute Abend ausgehen. Meine Alte hat mich abserviert.“
 
P

Personagrata

Gast
Hallo Betzebub, Sebastian wie auch Deine anderen Protagonisten
wirken auf mich, als sei ich ihnen gestern begegnet. Wie machst Du
das? Ist es die gepflegte Umgangssprache Deiner wörtlichen Rede,
die sie so real macht? Oder die Art, auch negative Gefühle wie Wut,
Enttäuschung und Zorn so ohne Scheu anzupacken? Übrigens habe ich
selten so vergeblich nach Rechtschreibfehlern gesucht.
Wenn der Osterhase dies Jahr so sparsam versteckt, gibt es für
mich nichts zu behalten, und ich gehe leer aus. LG Personagrata
 



 
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