Liebesbrief

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Ameli

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Liebesbrief

Einen Liebesbrief schick ich hinter dir her,
einen Liebesbrief erst, dann immer mehr
Aus Angst, denn ich könnt’s kaum ertragen,
dir all die Dinge nicht zu sagen,
zu schreiben vielmehr und deswegen
will ich alles schriftlich niederlegen.

So füllt sich dein Briefkasten mehr und mehr
Du wirst der Brieftwust nicht mehr Herr,
du strampelst schreist und weigerst dich,
das anzunehmen – doch ohne mich!
Ganz unbeirrt füllt meine Feder
den Tropf für deinen Liebeskatheder.

„Mein Herz“ schreib ich, „mich schmerzt’s so sehr,
setzt du dich doch gegen die Liebe zur Wehr
und verweigerst gar, so hörte ich
meinen Brief anzunehmen, fürchterlich
wie du dich meiner widersetzt
während ich hier, völlig abhetzt,
zum Postamt renne jeden Tag,
um das zu tun was ich so mag:
dir meine Liebe zu beschreiben.
Ich sag dir: Du bist zu beneiden.

Unbeirrt, wie ich bereits sagte,
kritzle ich weiter und der vermeintlich Geplagte,
schließt vor mir seine Türe zu,
schimpft, wettert: „Lass mich bloß in Ruh’!
Deine Liebesbriefschreiberei,
wie oft soll ich’s sagen: ist mir einerlei!

Deine Briefe machen mein Zimmer zur Gruft,
sie engen mich ein, ich krieg kaum noch Luft,
sie verdunkeln den letzten Sonnenstrahl,
versperren die Türe allzumal,
die lästigen Zettel hängen an mir dran,
und ich versuche wo ich kann,
was schönes ihnen abzulesen,
doch schön ist nur der erste gewesen.“

Bekümmert schütt ich nun die Tinte aus,
verbrenn alles Papier in meinem Haus,
nehm’ alle Briefe und trag sie weg,
in ein geheimes Brief-Versteck.
Dort schließ ich sie ein und mich dazu:
Sieh jetzt hast du deine Ruh.

Der Liebesbrief aber, der erste eben,
wird ewig für mich weiterleben
und dir zeigen, jeden Tag,
was ein verschmähter Brief zu tun vermag.



Ameli
 



 
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