Makkaronische Dichtung

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Makkaronische Dichtung ist scherzhafte, spielerische Dichtung und schon sehr alt. Die komische Wirkung wird durch Verschmelzung zweier Sprachen erreicht.

Im Mittelalter war das zum Beispiel oft eine Verschmelzung von Deutsch und Latein.

Dabei werden auch oft die grammatischen Regeln der einen Sprachen (oft komikverstärkend falsch) in der zweiten Sprache eingesetzt.

Ein Beispiel von Fischart (1546-1590)

Caseus vnd Schnecken die machen optime trinkus
Vinum saurum klingelitum facit in aure.
(Zitiert aus: Gerhard Grümmer, Spielformen der Poesie)


Hier ein Beispiel von mir

ja goworju am morgen oft
und sehe na okno
maja schena kam unverhofft
und spraschiwalsa Kto?


Kto war das tam in deinem Bett?
Kto büla fremde Frau?
Ich sprach: ana büla ganz nett,
ja snaju njet genau


kto büla und woher she kam,
sie lag da da und spala
und ja fsjegda jetzt fühle scham
als ty hier pojechala.


Poschalsta, please, verzeihe mir,
it will nicht sein again,
es sei, she pawtarjajetsa,
mit me, dem plocho man.


(es sind hier drei Sprachen vermengt, wie man leicht sieht.)

Grüße von Bernd
 

GabiSils

Mitglied
Hallo Bernd,

die elsässische Variante hatte ich bereits an anderer Stelle zitiert ("Gestern im Chat"). Das ist dann aber nicht eigentlich makkaronische Dichtung, denn dieses Sprachgemisch ist im Grenzgebiet ja tatsächlich im Alltag gebräuchlich. Der Nationalfeiertag heißt "de vierzeht Quatorzejuillet" <g>.

Gruß
Gabi
 
L

loona

Gast
Hi Bernd,

mein russisch ist leider nicht sonderlich... aber ich hab doch so einiges verstanden (und das ist ziemlich interessant!)

Was mir sofort in den Sinn kam, waren Kabarett à la Gayle Tufts (Dinglisch) und Kaya Yanar (der mixt ja alles, was nicht niet- und nagelfest ist). Da Comedians vielleicht irgendwie die Bänkelsänger zur Zeit des Jahrtausendwechsels sind, konnte ich diesen Gedankensprung vor mir selbst zumindest rechtfertigen ;o)

Es grüßt

loona
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Ioona und liebe Gabi,

vielen dank für die Antworten. Ich habe das tatsächlich mal bei einer Lesung mit großem Erfolg vorgelesen. Es hat den meisten gefallen.

Sicher habt Ihr schon bemerkt, dass ich gern spiele ...

Das Spiel ist die ernsteste Sache der Welt.
Viele Grüße von Bernd
 

Tekky

Mitglied
Wenn Du in Deiner Makkaronischen Dichtung drei Sprachen verschmelzt - wer soll denn dann noch was verstehen?

Ich selber spreche 3 Sprachen und verstehe eine vierte. Leider sind Russisch und Latein nicht dabei, kann also garnichts damit anfangen.

Trotzdem: alle Achtung!
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Tekky

Es sind nur Deutsch, Russisch (in eigener Umschrift) und Englisch.

ja goworju am morgen oft / ja=ich goworju=spreche
und sehe na okno / okno=Fenster
maja schena kam unverhofft / maja=meine schena=Frau
und spraschiwalsa Kto? / spraschiwala=fragte kto=wer


Kto war das tam in deinem Bett? / tam=dort
Kto büla fremde Frau? / büla=war
Ich sprach: ana büla ganz nett, / ana=sie
ja snaju njet genau ja=ich, / snaju=weiß, net=nicht,


kto büla und woher she kam, / she=sie (Englisch)
sie lag da da und spala / spala=schlief
und ja fsjegda jetzt fühle scham / fsjegda=immer
als ty hier pojechala. / ty=du, pojechala= herkamst, erschienst


Poschalsta, please, verzeihe mir, / Poschalsta=bitte
it will nicht sein again, / it=es (Englisch), again=wieder (Englisch)
es sei, she pawtarjajetsa, / pawtarjajetsa=wiederholt, she=sie (Englisch)
mit me, dem plocho man. / me=mir (Englisch), plocho=schlecht (Russisch) man= Mensch, Mann (Englisch)
 

Schakim

Mitglied
Neben dem Thema eine Frage:

Hallo Bernd!

Du zitierst immer mal wieder diesen "Gerhard Grümmer" mit "Spielformen der Poesie" --> Könntest Du mal den Verlag angeben oder ist dieses Buch vergriffen? In der Buchhandlung habe ich es nicht bekommen. Danke!

Viele Grüsse
Schakim
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Buch gibt es (wahrscheinlich) noch in Antiquariaten.

Hier die kompletten Angaben aus dem Buch:


Grümmer, Gerhard:
Spielformen der Poesie/von Gerhard Grümmer. - 2. Aufl. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1988.-243 S.
ISBN 3-323-00204-0

2. Auflage 1988 © VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1988
Verlagslizenz-Nr. 433-130/226/88 Printed in the German Democratic Republic
Gesamtherstellung: Druckhaus Aufwärts, Leipzig III/18/20-152/88
Lektorat Literaturwissenschaft Leitung: Wolfgang Lehmann
Lektor: Irmtraud Mahn Einbandgestaltung: Barbara Cain, Leipzig LSV 8003 Best.-Nr.577 7163 01800
 



 
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