Maldoror singt von einer Frau

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Maldoror

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Maldoror singt von einer Frau. Einer Frau, die im Goldbad versank, weil er sie dort reingesetzt hat. Die Frau ist jetzt also vergoldet. Aber sie kann sich nicht mehr rühren. War sie vorher etwa schöner? Maldoror kann besser von ihr singen, wenn sie Gold ist, sonst bewegt sie sich zu schnell, wie schnell soll er denn Worte finden für sie und Töne, wenn sie jede Sekunde anders ist? Hat sie genommen, Maldoror, und in die Wanne gesetzt und Gold drüber gegossen. Weint jetzt nicht mehr, die Frau. Lacht auch nicht mehr. Ein Corpus ist sie jetzt mit geflossenen Haaren über der Schulter. Hatte sie lange Haare? Scheiße, ich denke du liebst sie, Maldoror!

Und die ganze Nacht mit dem Blaster in der Bude hocken und Felix Da Housecat: die pinke sanfte Wahrheit umtappt dich. Der Rauch steigt in Kringeln an die Decke, du starrst auf den umgestoßenen CD-Turm und die Plastikhaufen drum rum und dieses Zeug und die Gedanken an Stella mittendrin, du kannst dich nicht rühren. Dein Ellenbogen im Aschenbecher, scheiße. Sie gehört dir nicht, kapiers mal.
Dedetdede, dadeldidam. Wodka ist auch alle. Ich versuchs mal mit Waldbeereneis von Lidl. Erste Sahne. Ich muss noch kotzen wenn ich jetzt nicht hier rauskomme! Es ist schon längst hell. Der Ärmel hat ein Loch, prima.

Draußen fegen Drachenwolken über blauem Winterhimmel und Maldoror wird fast von einem Käfer überfahren. So´n neuer, der aussieht wie diese Spielzeugautos zum Anschieben, wie funktioniert das noch, mit Zahnrad, damit sie fünf Meter selbst drauflos brausen bis zur nächsten Teppichwelle, über die kommen sie nicht drüber. Stolpere dann gleich über den Bordstein. So hast du nie werden wollen!

Frauen: Je schöner desto schizo. Wollen, dass du mit dem Schwanz wedelst und werden schnippisch, sobald du es tust (während Männer dann vor dir niederknien oder ihren eigenen rausholen). Stella ganz besonders. Stella beschwert sich über die ganzen Typen, die sie angieren, aber sie muss überall die Schönste sein, sonst geht es ihr nicht gut; sie würde sich als Nichts fühlen, wenn keiner guckt, das hat sie mir mal verraten. Als würde sie unter den Blicken erst leibhaftig. Oder vor der Linse.

Stella posiert manchmal für mich. Meine Kamera: das Auge Gottes, das Stella erschafft. Stella als Hure, Stella als Kind, Stella lachend, Stella verletzt. Ich gebe ihr ein bisschen Geld dafür, leider kann ich sie nicht angemessen bezahlen, aber sie ist stolz auf die Bilder. Stella zeigt mir alles, sogar ihre Möse. Ich darf sie so ablichten, diese Frau mit der wahnsinnsweißen Haut, ihren Körper, zuletzt in Glasfaser gewickelt, ihre Blicke. Die Luft platzt fast vor Sex zwischen uns, aber wehe ich wage es, hinter meiner Kamera hervorzukommen.

Keinen Schritt! schreit sie, wenn ich nur die Plane glatt ziehen will, auf der sie posiert. Ihre drohenden Augen: Wenn sie wüsste, dass sie mich damit nur noch mehr aufregt! Aber ich halte mich an unsere Vereinbarung, ich will, dass sie sich sicher bei mir fühlt, nur so ist sie echt vor der Kamera, außerdem bin ich ihr Freund. Das zu riskieren wäre das Dümmste, was mir in meinem leidvollen Maldoror-Dasein passieren könnte!

Wir sind gut zusammen, besonders, wenn ich vorher einen ausgegeben habe. Eine Nase für die Kunst, was ist dagegen einzuwenden. Ich suche noch einen Galeristen. Ich werde Stella berühmt machen. Werde sie aus ihrem verblödeten Callcenter holen. Sollen die Küchenvertreter sehen, wo sie bleiben. Stella wird mich berühmt machen. Wir werden abhauen. Nach Andalusien.

Und dann stehe ich in der Dunkelkammer, Stella wird sich denken können, mit was für einer Latte, aber das scheint sie nicht zu kümmern. Wenn ich ihren Körper und ihre Blicke auf die Leine zum Trocknen hänge, ist sie längst wieder bei ihrem Macker. Zeigt dem ihre Möse. Wie scheiße das Leben sein kann.

Maldoror springt auf die Tram auf, als sie schon anfährt, die Türen lassen sich nicht mehr öffnen, er nibbelt an dem Knopf rum, die Fahrgäste drinnen glotzen blöd, noch nie n Maldoror gesehen? Glotzt nur, ihr in eurer gelben Wärme, Maldoror friert gleich auch nicht mehr dank seines Balanceakts, nur die Finger sind blaurot. Die Tram fährt in die Kurve, ich springe ab in den Blumenkübel ohne Blumen, ist nur Gestrüpp drin und alte Kippen.

Dieser Typ, was will sie von dem, na ja, was sollte sie von mir wollen, anders gefragt, Kokser oder Kiffer, das ist hier die Auswahl. Koksen ist sexier als kiffen, dass das mal klar ist, aber der Typ scheint trotzdem ne harte Nummer zu sein im Bett, was anderes kann ich mir nicht vorstellen, bei einer wie Stella. (Fuck it!) Trinkt immer dieses Energy-Zeugs, angeblich wegen Handball, aber eigentlich wegen ihr; Taurin macht n tüchtigen Knüppel.

Ich hab ihn beobachtet. Betont relaxed, Körperhaltung und so, breitbeinig zurückgelehnt, aber seine Finger trommeln und er bewegt ständig die Nase hin und her und nach oben weg, das merkt der wohl gar nicht. Komischer Knappe. Und dann hat er oft diesen Blick. Ein Blick, der wie schützend vors Gesicht gehaltene Arme ist.
Stella liebt ihn bis aufs Blut, das aus ihren Narben quillt. So ist Stella. Unbedingt bis zur Selbstzerstörung. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass diese Unbedingtheit ihm gilt. Es kommt mir bei ihr vor wie Trotz. Sie will das Leben bezwingen mit ihrer rausgestreckten Zunge. Macht sich nur unglücklich damit. Aber sagen lässt sie sich nichts. Was willst du, fragt sie mich mit kalten Augen. Und dann fühle ich mich ertappt.

Maldoror singt von einer Frau. Einer Frau, die einmal echt war, Bewegung, jetzt kann sie sich nicht mehr regen, nicht mehr toben oder lachen oder weinend mich berühren. Jetzt ist sie mein; aus Gold.
 

Maldoror

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Hallo Rainer,
danke für Deinen aufbauenden Kommentar! Rotzig? Hm. Weiß gar nicht, ob das meine Absicht war, aber ich sinniere mal drüber, hihi. Jedenfalls nehme ich es als Kompliment...
Das mit dem Zeug - tja, nach nochmaligem Lesen weiß ich ehrlich gesagt auch nicht mehr so genau, was ich damit eigentlich meine, dieses ganze Zeug halt, das einem so im Leben herumpfuscht...
Wünsche Dir gutes - Zeug.
Bis dann
M.
 
G

Gelöschtes Mitglied 5196

Gast
hallo maldoror,

ebenfalls kompliment an deinen schreibstil, frech und anders eben... und aus diesem grund fesselnd (und das ist ja ein schöner effekt). nach etwas überlegung bin ich auch zu dem entschluss gekommen, dass die "schimpfwörter" in diesen text passen (könnte man jetzt auch negativ auffassen, ist aber nicht so gemeint). auch der titel gefällt mir sehr gut... eher sinnlich... und somit im kontrast zu deinem stil stehend; mal davon abgesehen, dass ich es gar nicht leicht finde, einen guten titel zu finden.
also, weiter so.

gruß
 

Rainer

Mitglied
rotzig war und ist als kompliment gemeint - halt nicht verklausuliert, symbolträchtig überfrachtet etc - das würde nicht zum text passen.

und gutes zeug habe ich immer. :)


grüße

rainer
 



 
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