Mir fehld die A5 - Folge 1

Raul Reiser

Mitglied
Mir fehld die A5
isch brauch se ned mehr
bin dausend Mal die Streck gefahre
dahin, wo die viele Kirschbäum ware

Steh jetz uff de Brück von Kalsruh rum
unn guck denne ganze Audos zu
Die fahrn all dahin
Wo isch nix mehr hab und nix mehr bin

Die A5 habbe se damals neu gebaud
Dafür hadde mer'n rischdische Baggersee
ohne Chlorwasser, Aufsichd, unn 18 Uhr raus
des war e Stügg Freiheid, Nadur unn schee

Mir sinn die A5 hoch unn runner gefahre
aus Kaff's, die dod und langweilisch ware
Die Fahrde war'n meisdends des Allerbesde
De Resd nur Suff,
mir kaame ned druff
Dass, was uns gefehldt had,
Ned uff de A5,
odder de rischdische Ausfahrd war
E paar war'n dod nach denne paar Jahr.

Des iss abber eigendlisch ned so wischdisch
Steh uff de A5 Brück unn gugg de Audos zu
fahr'n wo vorbei, des war ma so rischdisch
des Haus jedz leer, über'm Gadde nur Ruh

Kein Grund meer, da noch hin zu fahre
Wo Heimad war unn Kriesch für Jahre
Bin abgehaue dann zuledzd
Nie Fuss gefassd und irschendwie
Was mier viele Freunde saache
Bregrenzd erträschlisch,
final verledzd
 
M

Marlene M.

Gast
mir gefällt dein Werk sehr gut, lieber Raul.
Die A5 als totes Stück Strasse, als Bild für das Leben, für die Veränderung, die verletzt und einsam machen kann.
Erinnerungen verwoben mit dem Bild der Starße, Landschaft, das sich durchs ganze Werk zieht.
Der Dialekt ( Hunsrück?)macht es athentischer, lebhafter.
Allein der Schluß passt nicht so recht für meinen Geschmack. ich würde es mit dem Bild der Straße ausklingen lassen, die Verletztheit vielleicht am Bild von baustellen oder Schlaglöschern festmachen. Also lyrisch ausklingen lassen.
Vielleicht Geschmacksache.
LG von Marlene
 

Raul Reiser

Mitglied
Mir fehld die A5

Hi Marlene,

Danke!
Das mit dem Schluss stimmt, das Ganze ist noch nicht fertig. Der Dialekt wäre eher südhessisch (da bin ich aufgewachsen), aber mir fehlt da die hessische Dialekt-Normform, sozusagen. Iss für mich auch nicht so ganz wichtig.
Viele Grüße
 
D

Dominik Klama

Gast
Das Gedicht find ich gar nicht übel.

Aber, gleich den Anfang, den versteh ich nicht. Er sagt, dass ihm diese Autobahn fehlt UND dass er sie nicht mehr braucht. Scheint mir ein Widersrpruch.

Es geht ja wohl um diese Rückschau aus einem späteren Lebensstadium auf ein früheres, um die "Heimat", die man verloren hat, aber damals, als man sie hatte, wollte man nur weg von ihr. Dialekt ist also sehr angemessen für die Thematik.

Die Autobahn ist gewissermaßen die Nicht-Heimat schlechthin. Seinerzeit siganlisierte sie in der engen Heimat, dass es einen Fluchtweg gibt zu einem Ort, an dem das Leben richtig wäre. Heute signalisiert sie, dass überall nur noch Nicht-Orte sind. Die Autobahn ist ja das rasende Nichts schlechthin.
 

Raul Reiser

Mitglied
Mir fehld die A5

Hi Dominik Klama,

"Mir fehld die A5
isch brauch se ned mehr"

Vielen Dank für Deinen Hinweis. Ich find ihn interessant wie überraschend. Weil das genau das Gefühl ist: die A5 war mal die Route 66 sozusagen, um an einer (ambivalentent) Vergangenheit inclusiv ihrer Träume festzuhalten, die jetzt verschüttet ist.
Was plausibel ist für Deinen Einwand: Der eigentliche Grund für die Verschüttung taucht hier noch nicht auf (=Folge 1). Alles, was ihn mit der A5, bzw. dem damit zu erreichenden Ziel mal verbunden hat, ist wegstorben, verstoben in Lebensstürme usw. - Das kommt noch. Insofern hast Du vollkommen recht, wie Marlene M., die den Schluss merkwürdig findet. Mal seh'n was weiter damit wird.
Viele Grüße
Raul
 



 
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