Neue Traditionen und alte Irritationen

Anonym

Gast
Frau von der Leyen reitet auf apokalyptischem Ross ohne Not und ohne erkennbaren Anlass dem Ende der Traditionen entgegen. Doch neue Traditionen gibt es so nicht. Man kann von jetzt an neue Dinge ständig tun und später darauf als Tradition zurückblicken. Doch man kann nicht mit neuer Traditionsdialektik auf alte Traditionen zurückschauen. Man kann keine neuen Traditionen haben! Etwas kann auf alten Wurzeln neu wachsen, aber es kann nicht auf alten Wurzeln heute anders gewachsen sein als es gestern war. Ein Zeitparadoxon.
Oder, einfach ausgedrückt: Es kann das sonntägliche Rouladen- Essen, das zukünftig immer stattfinden soll, nicht als neue Tradition bezeichnet werden, wenn es bisher sonntags immer Klopse gab. Dann sind Klopse die Tradition.
Was sind neue Traditionen? Etwa die Bundeswehr- Einsätze, die überall, meist in staubigen Weltgegenden, stattfinden, wo sich unsere Soldaten in mehr oder weniger sicheren Lagern aufhalten und anwesend sind? Da kein großer Impuls von ihnen ausgeht, ändert sich im Lande auch nicht viel, und wenn man mal als Patrouille das Camp, konsenswillig, aufgeschlossen und diskursfähig, verlässt, fährt man auf eine Mine und wird von weniger konsenswilligen Einheimischen aus Ruinen und Gebüschen beschossen. Wenn ein Soldat dann hierbei sein Leben verliert, wird er in der Heimat posthum geehrt und als jemand dargestellt, der sich für unsere Demokratie geopfert hat und uns allen ein Vorbild war.
Er hat sich nicht geopfert, er wurde getötet! Diese Tradition der Heuchelei kommt mir allerdings nicht sehr neu vor.
Wenn aber von einem der Unsrigen ein Einheimischer bei der Gegenwehr erschossen wurde, wartet zu Hause schon der Staatsanwalt, und vom Einheimischen, der nur eine Hütte, viele Kinder, einige Frauen und nichts zu essen, aber doch eine stattliche Schar deutscher Anwälte hatte, flattert dem Unsrigen bereits schon aus dem heimischen Briefkasten die Nebenklage entgegen.

Ja, auch die Kasernen sollen, um dem neuen Geist zu huldigen, umbenannt werden, sehr zu empfehlen: Die General- Steinhoff- Kaserne in Berlin in „Joschka- Fischer- Steinwurf“ Kaserne. Auch bräuchten neue oder renovierte Kasernen das Sponsorentum nicht weiter zu scheuen: In Frankfurt die „Heinz- Schenk“ Kaserne „Zum- Blauen- Bock“, in München die „Paulaner“ Kaserne, die „Audi“ Kaserne in Ingolstadt und, da Frau von der Leyen sicher zu bescheiden für das Namenspatronat einer Kaserne ist, die „Milka“ Kaserne „Zur- Lila- Kuh“.

So wurde mit der deutschen Militärtradition bisher nur von der DDR- Volksarmee umgegangen, aber gleich nach der Staatsgründung und nicht so en passant, hoppla hopp, wie jetzt von Frau von der Leyen, von der sich die arme militärische Führung quälen und demütigen lassen muss.

Andere Länder haben kein Problem mit der Tradition, es feierte gerade die US- Army traditionell den 50. Jahrestag von My- Lai. Auch in Vietnam denkt man noch oft und mit allerlei Gefühlen an diesen ereignisreichen Tag zurück.
 



 
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