Nur für Frauen

Raniero

Textablader
Nur für Frauen


Erbost stieg die etwas drall geratene Blondine in den Dreißigern aus dem Wagen, knallte die Autotür zu und stemmte die Hände in die Hüften.
„Hören Sie mal, Gnädigste“, polterte sie los, „das ist aber nicht die feine englische Art. Ich habe genau gesehen, was Sie gemacht haben. Das ist ein klarer Missbrauch eines Frauenparkplatzes!“
„Was wollen Sie denn, Madame", ereiferte sich die Angesprochene, eine Brünette Mitte vierzig, „ich weiß, dass das ein Frauenparkplatz ist; bin ich etwa ein Mann, Sie Komikerin?“
„Nun kommen Sie mir nicht so und lenken nicht ab, Gnädigste! Meinen Sie, ich hätte nicht gesehen, dass Ihr Mann da den Wagen in die Parklücke gefahren hat, und nicht Sie, auch wenn Sie danach im Auto die Plätze getauscht haben und nachträglich aus der Fahrerseite ausgestiegen sind?“
„Also, da hört sich doch alles auf! Erstens bin ich nicht Ihre Gnädigste, und zweitens ist das nicht mein Mann“, zeigte sie in Richtung eines schüchtern drein blickenden schwarz gelockten Jünglings, der gerade Anstalten machte, aus der Beifahrertür auszusteigen, dann aber plötzlich erschreckt wieder im Wagen verschwand „und auch wenn er es wäre, dann hat Sie das gar nichts anzugehen, und drittens, habe ich das Auto hier geparkt, auf dem Frauenparkplatz“.
„Haben Sie nicht!“

Kampfbereit standen sie sich gegenüber, im Parkhaus, bereit, jeden Augenblick aufeinander loszugehen, im Streit um einen von fünf Parkplätzen, die in einer Reihe zwischen zwei Betonpfeilern besonders gekennzeichnet und dem weiblichen Geschlecht vorbehalten waren.
Die Blondine hatte ihr Auto auf der rechten Spur in der engen Auffahrt stehen lassen, mit laufendem Motor, und schnell bildete sich hinter ihrem Fahrzeug eine Schlange männlicher Autofahrer, die, während sie langsam zum Überholen ansetzten, mit unverhohlener Schadenfreude an der lautstarken Auseinandersetzung teilnahmen und diese mit hämischen Kommentaren begleiteten.
„Ich sage ja, Frauen“, rief einer, „jetzt haben sie schon eigene Parkplätze und werden sich immer noch nicht einig“, während ein anderer reimte: „Frau am Steuer, ungeheuer.“
Ein Dritter begann sogar, zu singen, in Abwandlung eines Welthits:
„No woman, no cry, yea, kei ne Frau, kein Geschrei!“

Die beiden Kampfhennen vergaßen für einen Moment ihren Disput, besannen sich auf ihr gemeinsames Geschlecht und beantworteten die männlichen Kommentare mit obszönen Handbewegungen, was bei den Herren der Schöpfung für noch mehr Heiterkeit sorgte.
Schließlich war die Brünette es leid und schrie nach Verstärkung:
„Jens,“ rief sie ihrem Begleiter auf dem Beifahrersitz zu “, komm mal raus und erklär der Schnepfe hier, dass ich und nur ich den Wagen in die Lücke gefahren habe“.
Doch der junge Mann mit Namen Jens rührte sich nicht vom Platz; man sah ihn auch nicht mehr, von außen, da er sich gerade tief gebückt hatte und an seinen Schuhen herumzufingern schien.
Dieses Verhalten trug nicht gerade dazu bei, die aufgebrachte Dame zu besänftigen.
„Jens, du Feigling, komm sofort raus aus dem Wagen, verdammt noch mal!“
Ärgerlich ging die Brünette um ihren Wagen herum und riss die Beifahrertür auf.
Der junge Mann kauerte verängstigt auf dem Boden.
„Mama“, flüsterte er entsetzt, „weißt du wer die Frau ist, die du gerade mit ‚Schnepfe’ tituliert hast?“
„Nein“.
„Mama, das ist meine neue Klassenlehrerin!“
„Ach du Schande!“


Mit hochrotem Kopf rannte Jens Mutter wieder um das Auto herum und stürzte sich auf den Fahrersitz, während ihr Sohn versuchte, sich noch kleiner zu machen, was ihm allerdings nicht gelang.
Mit ruckartigen Bewegungen manövrierte sie vorsichtig den Wagen zurück, um ihr Heil in der Flucht in Richtung höher gelegenen Parkdecks zu suchen, wobei sie es sich jedoch nicht verkneifen konnte, der ‚Schnepfe’ „die Klügere gibt nach“, zuzurufen, was diese mit einem verständnislosen Kopfschütteln quittierte.


Kaum war das Auto außer Sichtweite, da öffnete sich die rechte Tür des anderen Wagens, und heraus schälte sich ein schlaksiger junger Mann, der die ganze Zeit auf dem in Liegesitzstellung herunter gedrehten Platz des Beifahrers verbracht hatte.
Im Augenblick war kein anderes Fahrzeug mehr zu sehen.
„Soll ich ihn rein fahren, Mama?“
„Tu das, Junge, aber vorsichtig!“
„Weißt du übrigens, wer die Dame war?“
„Dame sagst du zu dem Miststück?“
„Meine neue Deutschlehrerin“.
„Ach du lieber Gott, das darf doch nicht wahr sein! Komm, lass uns schnell von hier abhauen!“
 

Raniero

Textablader
Na, ja, so schlimm is et doch ooch nit.
Ich dachte immer, das sogenannte schwache Geschlecht könnte mehr vertragen.;)

Gruß Raniero
 
N

no-name

Gast
Lieber Raniero,

also ich habe zwar ein paar Mal beim Lesen schmunzeln müssen, aber Dein gesamter Text, insbesondere die Auflösung war mir dann doch zu überkonstruiert, Raniero.
Zwei Lehrerinnen, die jweils in unterschiedlichen Fächern die neuen Lehrerinnen des jeweiligs anderen Sohnes sind... das ist mir zu gewollt, zu unwahrscheinlich... sorry.

Freundliche Grüße von no-name.
 
N

no-name

Gast
*Lacht*... da siehst Du es, Raniero, so viele verschiedene Lupianer es gibt, so viele unterschiedliche Meinungen gibt es auch! Ich hoffe, die unterschiedlichen Feedbacks helfen Dir trotzdem... irgendwie...

Liebe Grüße von no-name.
 

Raniero

Textablader
Grüß Euch Gott,
alle miteinander!
In der Tat gibt es viele Meinungen zu ein und derselben Story, nicht nur unter Lupianern.Die Bandbreite des Humors ist groß; worüber der erste lacht, weint vielleicht der zweite, langwelit sich der dritte und zürnt der vierte...:)
Gleichwohl sind alle Feedbacks wichtig.

Gruß Raniero
 



 
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