Hallo Wachenbergia, hallo blaustrumpf,
zunächst einmal vielen Dank für Eure Kritik und Anregungen. Bevor ich darauf eingehe, will ich zunächst einmal sagen, was ich in dem Gedicht zum Ausdruck bringen und welche Mittel ich dabei verwenden wollte. Daraus ergeben sich dann die Antworten.
Ich wollte drei Dinge darstellen:
1) Die umgekehrte Sicht des "normalen" Zuhörers/Zuschauers. Die Umkehrung besteht darin, dass nicht die Musiker die Musik auf ihren Instrumenten hervorbringen, sondern dass die Musik (= der Sturm) selbst auf den Instrumenten spielt ("er pfeift in den Flöten"). Auch die Funktion des Dirigenten ist dem Zuhörer/Zuschauer unbekannt. Daher der unmusikalische Ausdruck "er reißt hoch seine Arme".
2) Eine Bewegung der Musik durch das Orchester von den tiefen zu den hohen Stimmen, was bei der üblichen Aufstellung der Instrumente einer halbkreisförmigen Bewegung von rechts nach links gleichkommt und die Idee eines Wirbels erwecken soll.
3) Die Thematisierung der Rollenumkehrung von Musik und Musikern in der letzten Zeile, die tatsächlich die Kernaussage des Gedichts enthält.
Dabei wollte ich die folgenden Mittel verwenden:
-Vermeidung des Endreims. Es gibt bloß einen Binnenreim ("Trompeten" und "Flöten"), der zudem unrein ist. Dafür Alliterationen und Assonanzen ("beugt" und "Bögen"; "dröhnt", "Flöten", "Bögen", "tönende"; "steht", "Sturm" und "Strom").
-Einen strengen Rhythmus, der hauptsächlich durch daktylische Verse mit Auftakt erzeugt wird. Einzige Lockerung dieser Regel zu Beginn des ersten und vierten Verses, um den Rhythmus nicht mechanisch werden zu lassen.
-Eine allmählich anwachsende Verslänge, um den Eindruck des Crescendo hervorzurufen. Auch hier wieder eine Abweichung im vierten Vers, um Monotonie zu vermeiden.
-Nur eine Strophe, um den Luftstrom des Sturms nicht zu unterbrechen.
Daraus ergibt sich dass ich die fünfte und sechste Zeile lieber nicht umbreche.
Es ist wahr, dass man eher sagt, dass ein Sturm aufkommt als dass er sich erhebt.
Aber in einem Gedicht müssen ja nicht immer die gebräuchlichsten Wendungen verwendet werden. Ich habe "erhebt" gewählt, um die Bewegung nach oben deutlicher zu machen, die später im Armehochreißen wieder aufgenommen wird.
Zu dem Gedicht hat mich der Besuch eines Konzerts in der Kölner Philharmonie am vergangenen Samstag angeregt. Dort stand der Dirigent in der Mitte eines Halbkreises, den die Musiker um ihn bildeten. Man kann sich den Zuhörerraum als Ergänzung zum Vollkreis hinzudenken, so dass mir das Bild "Auge des Sturms" zulässig erscheint. Bei "Strom" hatte ich an "Luftstrom" gedacht. Ich habe das Wort auch wegen seiner lautlichen Nähe zu "Sturm" gewählt.
Natürlich könnt ihr jetzt sagen, die Mittel hätten ihren Zweck verfehlt. Aber mehr kann ich nicht tun.
Viele Grüße
Hiero