Pawel Iwanowitschs Traum im Traum im Traum

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Paul

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Pawel Iwanowitschs Traum im Traum im Traum
(ein Auszug aus dem Ganzen, ein Extrakt)

Unruhig hatte sich Pawel Iwanowitsch die ganze Nacht hin- und hergewälzt. Hin und her hieß in diesem Falle auf dem Fußboden. Auf dem Fußboden unter dem Küchentisch, um genauer zu sein. Weil just dort Pawel Iwanowitsch sein Abendmahl einzunehmen pflegte. Wie auch seine Mitbewohner, die Kakerlaken. Sein Abendmahl, das wie sein Frühstück, als auch sein Mittagessen und zuweilen auch ein kleiner Zwischenimbiß aus Zwiebeln und Wodka bestand. Wobei er letzteren eher trank, denn verspeiste. Das lag in der Natur der Sache. Alles unterm Tisch. Wie immer. Aber wir wollen ein wenig Wind in die Geschichte bringen. Jener hatte auch die ganze Nacht gewütet. Hatte durch alle Fensterritzen gepfiffen. Gar schauerlich. Brrrrrr. Und die Fensterläden wie wild: Klappidiklapp Klappidiklapp!
Wie sollte man da ein tiefes Auge zu tun? Wie dergestalt den wohlverdienten Schlaf finden? So war es wenig wunderlich, daß Pawel Iwanowitsch am nächsten Morgen völlig gerädert erwachte. Alle Glieder schmerzten ihm gar fürchterlich. Sein Schädel brummte. Naja... . Stöhnend richtete er sich auf und wie gewöhnlich, machten sich seine zittrigen Hände selbstständig auf den ersten Weg, schwebten an ihm vorbei, wie flatternde Enten. Kamen alsbald zurück mit ihrem frühen Fang: Zwei Zwiebeln und die Wodkapulle! Ah! Das tat gut!
Nach der ersten Stärkung schüttelte sich unser Freund ein wenig. Erhob sich zäh. Schlurfte Richtung Fenster und warf einen trüben Blick durch eine der erwähnten Fensterritzen. Hm. Schnee. So weit die Sinne trugen: Schnee. Wie immer. Überall Schnee.
Beim Anblick dieser ewigen Weißheit verfiel Pawel Iwanowitsch ins Sinnieren. Eine Art Bewußtseinsstarre sucht ihn heim. Wie so oft.
SCHMATZEN!
?
Wie eine Qualle stieg aus den Tiefen seiner Gehirnwindungen dieses Wort: SCHMATZEN!
Verdutzt verharrte Pawel Iwanowitsch in seiner Position. Rührte sich keinen Millimeter. Atmete kaum. Spannte die Nerven.
SCMATZEN!
Ha, da war es wieder!
SCHMATZEN SCHMATZEN SCHMATZEN, unaufhörlich bohrte sich dieses Wort wie ein Messer in sein Hirn, Zack, Zack, Zack stach es zu und
SCMATZEN SCHMATZEN SCHMATZEN!
Was in des drei Teufels Namen war das ?
Pawel Iwanowitsch packte die Panik im Genick. Jählings drehte er sich um, drehte sich im Kreise, drehte um sich selbst sich herum sich immer mehr und mehr und brach schließlich entkräftet in sich zusammen. Verlor das Bewußtsein. War weg!
Huch, mit einem Schrecken im Gesicht richtete er sich auf. Stieß sich wie jeden Morgen den Kopf am Küchentisch, unter dem er gelegen. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Was war das für ein seltsamer Traum gewesen. Was sollte dieses SCHMATZEN bloß? Sehr merkwürdig! Verdattert und noch etwas benommen griff er sich ein paar Zwiebeln und nahm erst einmal einen kräftigen Schluck aus der bereit stehenden Buddel. Gierig gruben sich seine etwas morschen Zähne in das Fleisch der Zwiebel.
Er schmatzte dabei.
Draußen war Schnee gefallen.
Wie immer.
(weißer Vorhang fällt)
 

Zefira

Mitglied
Hallo Paul, ich dachte mir's doch gleich, daß ich Dich irgendwoher kenne - ein Blick in die Linkliste auf Deiner HP belehrte mich auch gleich, von wo... :D

Schöner Text, erinnert mich an gewisse Bilder von Escher, die so in sich verdreht sind, daß man sich vergebens müht, sie in Logik aufzulösen. Besonders witzig das mit dem Wind... bei einem Protagonisten, der von Zwiebeln und Wodka lebt, brauchst Du doch keinen Wind "hineinzubringen", der stellt sich von alleine ein...

Das irritiert mich:
"Wie sollte man da ein tiefes Auge zu tun"
Wieso denn "tief"?

C4A
 



 
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