Reiche Männer sind nie schön

4,00 Stern(e) 1 Stimme

krokotraene

Mitglied
Ich liege mit hochrotem Schädel, schnupfend und hustend im Bett. Meine mir anvertraute männliche Krankenschwester hat mir strickte Bettruhe verordnet und eine Herrscharr von Stofftieren sind seine Abgeordneten, die über mein Liegenbleiben wachen. Wurscht, ich fühle mich ohnehin wie unter dem Zug gekommen, da kann ich gar nicht aufstehen, sogar den Weg zum Klo überlege ich mir dreimal. Warum muß mich auch die Grippe so gerne haben?

Ich zappe gelangweilt durch die Fernsehsender. Soviel Schund ist schon unerträglich, aber irgendwie muss doch die Zeit vergehen. Einen Teil verschlafe ich ohnehin, einen anderen Teil nehme ich am Rande meines Deliriums einfach zur Kenntnis.
Dann stoße ich auf eine interessante Sendung, und meine verlegten Ohren fangen an sich zu spitzen. Eine der unendlich vielen Talkshows, heute zum Thema: Frauen werden vom Geld angezogen - Reiche Männer.

Die erste Dame in der Runde sagt klipp und klar, nur ein reicher Mann kann ihr Interesse erwecken und naja, sie müsse abgesichert werden. Und natürlich auch die Kinder. Sie habe zwar keine, aber das kann sich ja noch ändern. Ich kneife meine fiebergetränkten Augen zusammen und denke mich nicht zu irren, die gute ist schon ganz knapp vor fünfzig. Sicher, da braucht sie Versorgung für die Kinder, denke ich bei mir. Und naja, sie stottert wie ein Teenager herum, ja, sie ist in einer Beziehung, aber naja, also wenn halt einer mit dem dicken Bankkonto wachelt, dann heißt es wohl, adieu meine jetzige Hälfte. Ich finde die gnädige Frau unmöglich.

Die zweite Dame in der illustren Runde ist laut Ansage der Moderatorin einmal nicht auf reiche Männer aus. Oh ein Wunder bahnt sich an. Die Tür öffnet sich und hereinstolziert ein Vampir. Sorry, aber ich denke nicht, dass mich mein Fieber hier etwas anderes wahr nehmen läßt, als es sein sollte. Eine Geschäftsfrau, wie sich herausstellt. Erfolgreich, altersmäßig sicher leicht ergraut, aber durch bestens schwarz gefärbte Haare wieder wett gemacht. Diese sind mit reichlich viel Gel nachhinten geklebt und irgendwo anscheinend zusammengebunden. Die Augen tief schwarz umrandet, der schwarze Hosenanzug vertieft den Vampirgedanken. Nur der knallrote Schmollmund kombiniert mit den roten hochhackigen Schuhen bringen ein wenig Farbe ins Leben. Nein, sie brauche keinen reichen Mann posaunt sie durch die roten Lippen, die schon ordinär wirken. Sie waren damals in der Schule, als sie sich kennengelernt haben, sie hatten nichts und heute doch alles. Aber sie hat nicht nur den schwarzen Hosenanzug an, sondern auch sonst die Hosen. Klar, denke ich bei mir, da hat sie das Geld und er ist eine Marionette mit tausend Fäden.

Der erste Mann, kurz um fünfzig gesellt sich dazu. Er ist nicht reich, aber auch nicht arm. Solche Ansagen liebe ich schon. Er sucht die Traumfrau, aber alle Frauen, die er bis jetzt hatte, haben zuerst nach seinem Einkommen gefragt. Ich weiß nicht, diese Story glaube ich nicht ganz. Bei seinem Beruf kommen die Damen gar nicht vorher zum Fragen, vielleicht in der Zeit danach. Ich versuche meine fiebergetränkten Phantasien zu sortieren und die Vorurteile wieder einzusperren.

In der Zwischenzeit ruft meine männliche Krankenschwester an. Meine zweite Hälfte ist eigentlich, brutal ausgedrückt arm wie eine Kirchenmaus, aber dafür reich an Herz, Wärme und Liebe. Er macht sich Sorgen. Wie es mir denn gehe? Ob ich was brauche?

"Ja, liege eh brav im Bett..."
"... nein, schaue gerade dumme Talkshow. Ja, schneuze schon weniger..."
"...Mhmm...", es ist schwierig ihm zuzuhören und mich auf den Fernseher zu konzentrieren.
"...Nein, will nichts essen..., ja, mache Dir keine Sorgen, falle ja nicht vom Fleisch..."
Er dürfte gemerkt haben, dass mein sicher geschrumpftes Hirn im Fernseher hängt, fragt nochmal schnell nach, ob er was besorgen soll und ob ich sicher nichts essen will.
"... nein, mache Dir bitte wirklich keine Sorgen....Ja, ich Dich auch!", ich versuche meinen fiebrigen Kopf wieder in Richtung Fernseher zu manövrieren.

Die Moderatorin kündigt nun das vermeintliche erste Highlight an. Ein Mann, der reich ist. Einmal schnell nach New York auf einen Kaffee oder an die Coté D`Azur auf ein Glas Wein. Sie fragt noch so süffisant, welcher Frau das nicht gefallen würde.

Ich gehe kurz in mich. Ja, ganz ehrlich, ich bin auch schon mal nach Graz auf einen Kaffee gefahren. Da muss es nicht New York sein. Und meinen Wein trinke ich am liebsten zuhause an der Seite meiner besseren Hälfte auf unser gemütlichen Couch. Und außerdem habe ich ja Flugangst, was bitte soll ich mit so einem Mann machen?

Die Tür geht auf. Ein Raunen geht durch das Publikum. Ehe der reiche Mann noch genauer ins Bild kommt, schwenkt die Kamera über die Zuschauermenge. Die jungen Damen sitzen da, sabbernd und geil. In ihren Augen steht fast allgemein, `den will ich`. Sogar die älteren Semester haben Augen wie in der komischen Rubbellos-Werbung.

Die Kamera schwenkt auf dieses reiche Super-Genie. In Anzug und Krawatte stolziert er herein, sichtlich genießt der erfolgsverwöhnte Mann seinen Auftritt. Er kommt gerade von einem Geschäftstermin aus Frankfurt, daher der feine Aufzug. Sicher habe er auch Jeans, aber Marken halt. Seine Haare dürften eine genaue Auflage haben, wo jedes zu liegen hat und seine Hände müssen mindestens einmal die Woche bei der Manikürin am Tisch liegen. Den Rest will ich gar nicht genauer wissen. Und naja, er suche eine Frau für sein Herzerl. Wie sie aussieht dürfte ziemlich wurscht sein, denn es kommt eigentlich keine genauere Beschreibung. Wichtig ist nur, sie muss ihn gerne haben.

Im Laufe des Gesprächs ergibt sich, er habe ja eine Reihe Frauen gehabt, aber alle haben dann doch nur sein Geld gewollt. Er läßt sich einfach nicht mehr ausnutzen, gibt er recht trotzig zu bedenken. Dennoch, die große Liebe fehlt einfach noch. Achso, und warum eigentlich frage ich mich insgeheim. Vielleicht weil Du nie da bist? Wer so reich ist, hackelt auch viel zu viel. Die restliche Zeit ist sicher Fitnessstudio, Schönheitspflege und was-weiß-ich angesagt. Charakter? So schaut er nicht wirklich aus. Eher wie ein knallharter Geschäftsmann. Und wenn er sich keine Frau kauft, dann wird auch keine bleiben. Finde ich halt, aber das sollen meine trotz Fieber ganz klaren Gedanken sein.

Er kann es dann nicht lassen und muss unbedingt feststellen, dass er ja Billionär ist. Die Kamera schwenkt ins Publikum. Ratlose Blicke. Was hat der? Vor allem wieviel hat er?
Sogar die Moderatorin kämpft kurz mit den nächsten Worten. Dann neuer Schwenk. Nach der Pause kommt die große Ausnahme. Ja, es gibt sie doch. Die Frauen, die Männer nehmen, die nicht reich sind. Einfach wegen des Herzens, der Wärme, der Liebe, der Treue und des Verstandes. Jeder und jede hat ja bis jetzt so schön geflötet, lachen muss man mit dem Partner können, sich vertragen, Probleme bewältigen. Ha, nach der Pause kommt diese unendlich seltene Ausnahme, die Frau von der roten Liste.

Ich kann es kaum erwarten und schleppe mich in der Zwischenzeit auf allen Vieren aufs Klo. Eine Schneuzorgie später fühle ich mich gerüstet für dieses Sonderexemplar an Weib.

Die Tür geht auf. Herein kommt eine unsicher wirkende, recht primitiv angezogene, nervöse ältere Dame. Sichtlich hängen ihre Augen sofort an dem Typen mit den unzähligen Geldscheinen im Portemonnaie. Der Ausnahmecharakter schwankt ein wenig. Sie ist knappe siebzig, tja, ihren ersten Mann hat sie schon in Kindertagen kennengelernt. Und überhaupt, sie habe nie etwas gearbeitet. Wie bitte? Ich reiße mein fiebrigen Augen auf. Und das ist also ein Ausnahmefrauenstück? Er hat immer fest geschuftet, sie war Hausfrau und Mutter. Ok, fein, dagegen habe ich nichts. Ist für die Kinder viel wert. Aber bitte was ist mit einer Arbeit vor und nach den Kindern? Die braucht keinen reichen Mann? So ein Schmarrn. Ok ja, vielleicht nicht reicht, aber deppert, weil er sie erhalten muss. Ihr Blick hängt in der Billionärskrawatte. Naja, irgendwann sei dann der brav hackelnde Mann gestorben. Ja, sie habe schon wieder einen neuen Partner. Nein, also ein Kaffee in New York muß es nicht sein. Aber immerhin, und jetzt wird es spannend, hat ihr jetziger Lebensgefährte ein schönes Häuschen, Auto und was halt sonst dazugehört. Sie muss dann noch anmerken, dass sie außer der bisschen Witwenpension kein Einkommen hat.
Bitte diese Frau gehört von der roten Liste gestrichen schreien meine angeschneuzten Taschentücher im Chor. Da läuft doch was schief.

Die letzte Dame im Bunde betritt die Bühne. Sie versucht sichtlich sich als mehr zugeben, als sie ist und sicher kommt nur ein Mann mit viel Geld in Frage. Nein, also Straßenkehrer oder so, um Gottes-willen! Sie verzieht angewidert ihr Gesicht. Sie hat nur ein Problem: reiche Männer sind nie schön!

Ich stecke meine Nase wieder in eines der blütenweißen Tempodinger. Muss ich schneuzen wegen Miss Grippe oder soll ich heulen aufgrund der dummen Leute im Fernsehen? Mir fällt eine gute alte Freundin ein. Kontostand, Hausgrundstücksfläche und Automarke waren ihre ersten Fragen an ihre Männer. Probleme gemeinsam lösen? Durch dick und dünn gehen? Miteinander etwas erleben? Vielleicht auch einmal einen Streit ausfechten, der die Luft wieder reinigt? Auf Urlaub fahren? Gemeinsam auf etwas sparen? Das alles waren Dinge, die sie nie erleben durfte. Aber als Ausgleich für all das und als unendlicher Liebesbeweis sorgte schon seine Kreditkarte.

Gott-sei-dank kenne ich einige Ausnahmedamen, Ausnahmefamilien, sonst würde ich mir nach dieser Sendung an meinen fiebrigen Kopf greifen müssen. So, und jetzt rufe ich meine männliche Krankenschwester an und lasse mich unendlich bedauern. Auch meine Seele braucht Medizin.
 
Hallo Krokotraene!

Eine wunderbare Geschichte!

Ich habe allerdings ein paar Anmerkungen:
... also wenn halt einer mit dem dicken Bankkonto wachelt ...
müsste wachelt hier nicht wackelt heißen?

... oder an die Coté d'Azur ...
Cote d'Azur wird ohne Akzent über dem "e" geschrieben.

Die braucht keinen reichen Mann? So ein Schmarrn. Ok ja, vielleicht nicht reicht, aber deppert, ...
sollte reicht hier nicht reich heißen?

Ich hoffe, das hilft :)

Herzliche Grüße
Drachenprinzessin
 

krokotraene

Mitglied
Ich liege mit hochrotem Schädel, schnupfend und hustend im Bett. Meine mir anvertraute männliche Krankenschwester hat mir strickte Bettruhe verordnet und eine Herrscharr von Stofftieren sind seine Abgeordneten, die über mein Liegenbleiben wachen. Wurscht, ich fühle mich ohnehin wie unter dem Zug gekommen, da kann ich gar nicht aufstehen, sogar den Weg zum Klo überlege ich mir dreimal. Warum muß mich auch die Grippe so gerne haben?

Ich zappe gelangweilt durch die Fernsehsender. Soviel Schund ist schon unerträglich, aber irgendwie muss doch die Zeit vergehen. Einen Teil verschlafe ich ohnehin, einen anderen Teil nehme ich am Rande meines Deliriums einfach zur Kenntnis.
Dann stoße ich auf eine interessante Sendung, und meine verlegten Ohren fangen an sich zu spitzen. Eine der unendlich vielen Talkshows, heute zum Thema: Frauen werden vom Geld angezogen - Reiche Männer.

Die erste Dame in der Runde sagt klipp und klar, nur ein reicher Mann kann ihr Interesse erwecken und naja, sie müsse abgesichert werden. Und natürlich auch die Kinder. Sie habe zwar keine, aber das kann sich ja noch ändern. Ich kneife meine fiebergetränkten Augen zusammen und denke mich nicht zu irren, die gute ist schon ganz knapp vor fünfzig. Sicher, da braucht sie Versorgung für die Kinder, denke ich bei mir. Und naja, sie stottert wie ein Teenager herum, ja, sie ist in einer Beziehung, aber naja, also wenn halt einer mit dem dicken Bankkonto wachelt, dann heißt es wohl, adieu meine jetzige Hälfte. Ich finde die gnädige Frau unmöglich.

Die zweite Dame in der illustren Runde ist laut Ansage der Moderatorin einmal nicht auf reiche Männer aus. Oh ein Wunder bahnt sich an. Die Tür öffnet sich und hereinstolziert ein Vampir. Sorry, aber ich denke nicht, dass mich mein Fieber hier etwas anderes wahr nehmen läßt, als es sein sollte. Eine Geschäftsfrau, wie sich herausstellt. Erfolgreich, altersmäßig sicher leicht ergraut, aber durch bestens schwarz gefärbte Haare wieder wett gemacht. Diese sind mit reichlich viel Gel nachhinten geklebt und irgendwo anscheinend zusammengebunden. Die Augen tief schwarz umrandet, der schwarze Hosenanzug vertieft den Vampirgedanken. Nur der knallrote Schmollmund kombiniert mit den roten hochhackigen Schuhen bringen ein wenig Farbe ins Leben. Nein, sie brauche keinen reichen Mann posaunt sie durch die roten Lippen, die schon ordinär wirken. Sie waren damals in der Schule, als sie sich kennengelernt haben, sie hatten nichts und heute doch alles. Aber sie hat nicht nur den schwarzen Hosenanzug an, sondern auch sonst die Hosen. Klar, denke ich bei mir, da hat sie das Geld und er ist eine Marionette mit tausend Fäden.

Der erste Mann, kurz um fünfzig gesellt sich dazu. Er ist nicht reich, aber auch nicht arm. Solche Ansagen liebe ich schon. Er sucht die Traumfrau, aber alle Frauen, die er bis jetzt hatte, haben zuerst nach seinem Einkommen gefragt. Ich weiß nicht, diese Story glaube ich nicht ganz. Bei seinem Beruf kommen die Damen gar nicht vorher zum Fragen, vielleicht in der Zeit danach. Ich versuche meine fiebergetränkten Phantasien zu sortieren und die Vorurteile wieder einzusperren.

In der Zwischenzeit ruft meine männliche Krankenschwester an. Meine zweite Hälfte ist eigentlich, brutal ausgedrückt arm wie eine Kirchenmaus, aber dafür reich an Herz, Wärme und Liebe. Er macht sich Sorgen. Wie es mir denn gehe? Ob ich was brauche?

"Ja, liege eh brav im Bett..."
"... nein, schaue gerade dumme Talkshow. Ja, schneuze schon weniger..."
"...Mhmm...", es ist schwierig ihm zuzuhören und mich auf den Fernseher zu konzentrieren.
"...Nein, will nichts essen..., ja, mache Dir keine Sorgen, falle ja nicht vom Fleisch..."
Er dürfte gemerkt haben, dass mein sicher geschrumpftes Hirn im Fernseher hängt, fragt nochmal schnell nach, ob er was besorgen soll und ob ich sicher nichts essen will.
"... nein, mache Dir bitte wirklich keine Sorgen....Ja, ich Dich auch!", ich versuche meinen fiebrigen Kopf wieder in Richtung Fernseher zu manövrieren.

Die Moderatorin kündigt nun das vermeintliche erste Highlight an. Ein Mann, der reich ist. Einmal schnell nach New York auf einen Kaffee oder an die Cote d`Azur auf ein Glas Wein. Sie fragt noch so süffisant, welcher Frau das nicht gefallen würde.

Ich gehe kurz in mich. Ja, ganz ehrlich, ich bin auch schon mal nach Graz auf einen Kaffee gefahren. Da muss es nicht New York sein. Und meinen Wein trinke ich am liebsten zuhause an der Seite meiner besseren Hälfte auf unser gemütlichen Couch. Und außerdem habe ich ja Flugangst, was bitte soll ich mit so einem Mann machen?

Die Tür geht auf. Ein Raunen geht durch das Publikum. Ehe der reiche Mann noch genauer ins Bild kommt, schwenkt die Kamera über die Zuschauermenge. Die jungen Damen sitzen da, sabbernd und geil. In ihren Augen steht fast allgemein, `den will ich`. Sogar die älteren Semester haben Augen wie in der komischen Rubbellos-Werbung.

Die Kamera schwenkt auf dieses reiche Super-Genie. In Anzug und Krawatte stolziert er herein, sichtlich genießt der erfolgsverwöhnte Mann seinen Auftritt. Er kommt gerade von einem Geschäftstermin aus Frankfurt, daher der feine Aufzug. Sicher habe er auch Jeans, aber Marken halt. Seine Haare dürften eine genaue Auflage haben, wo jedes zu liegen hat und seine Hände müssen mindestens einmal die Woche bei der Manikürin am Tisch liegen. Den Rest will ich gar nicht genauer wissen. Und naja, er suche eine Frau für sein Herzerl. Wie sie aussieht dürfte ziemlich wurscht sein, denn es kommt eigentlich keine genauere Beschreibung. Wichtig ist nur, sie muss ihn gerne haben.

Im Laufe des Gesprächs ergibt sich, er habe ja eine Reihe Frauen gehabt, aber alle haben dann doch nur sein Geld gewollt. Er läßt sich einfach nicht mehr ausnutzen, gibt er recht trotzig zu bedenken. Dennoch, die große Liebe fehlt einfach noch. Achso, und warum eigentlich frage ich mich insgeheim. Vielleicht weil Du nie da bist? Wer so reich ist, hackelt auch viel zu viel. Die restliche Zeit ist sicher Fitnessstudio, Schönheitspflege und was-weiß-ich angesagt. Charakter? So schaut er nicht wirklich aus. Eher wie ein knallharter Geschäftsmann. Und wenn er sich keine Frau kauft, dann wird auch keine bleiben. Finde ich halt, aber das sollen meine trotz Fieber ganz klaren Gedanken sein.

Er kann es dann nicht lassen und muss unbedingt feststellen, dass er ja Billionär ist. Die Kamera schwenkt ins Publikum. Ratlose Blicke. Was hat der? Vor allem wieviel hat er?
Sogar die Moderatorin kämpft kurz mit den nächsten Worten. Dann neuer Schwenk. Nach der Pause kommt die große Ausnahme. Ja, es gibt sie doch. Die Frauen, die Männer nehmen, die nicht reich sind. Einfach wegen des Herzens, der Wärme, der Liebe, der Treue und des Verstandes. Jeder und jede hat ja bis jetzt so schön geflötet, lachen muss man mit dem Partner können, sich vertragen, Probleme bewältigen. Ha, nach der Pause kommt diese unendlich seltene Ausnahme, die Frau von der roten Liste.

Ich kann es kaum erwarten und schleppe mich in der Zwischenzeit auf allen Vieren aufs Klo. Eine Schneuzorgie später fühle ich mich gerüstet für dieses Sonderexemplar an Weib.

Die Tür geht auf. Herein kommt eine unsicher wirkende, recht primitiv angezogene, nervöse ältere Dame. Sichtlich hängen ihre Augen sofort an dem Typen mit den unzähligen Geldscheinen im Portemonnaie. Der Ausnahmecharakter schwankt ein wenig. Sie ist knappe siebzig, tja, ihren ersten Mann hat sie schon in Kindertagen kennengelernt. Und überhaupt, sie habe nie etwas gearbeitet. Wie bitte? Ich reiße mein fiebrigen Augen auf. Und das ist also ein Ausnahmefrauenstück? Er hat immer fest geschuftet, sie war Hausfrau und Mutter. Ok, fein, dagegen habe ich nichts. Ist für die Kinder viel wert. Aber bitte was ist mit einer Arbeit vor und nach den Kindern? Die braucht keinen reichen Mann? So ein Schmarrn. Ok ja, vielleicht nicht reich, aber deppert, weil er sie erhalten muss. Ihr Blick hängt in der Billionärskrawatte. Naja, irgendwann sei dann der brav hackelnde Mann gestorben. Ja, sie habe schon wieder einen neuen Partner. Nein, also ein Kaffee in New York muß es nicht sein. Aber immerhin, und jetzt wird es spannend, hat ihr jetziger Lebensgefährte ein schönes Häuschen, Auto und was halt sonst dazugehört. Sie muss dann noch anmerken, dass sie außer der bisschen Witwenpension kein Einkommen hat.
Bitte diese Frau gehört von der roten Liste gestrichen schreien meine angeschneuzten Taschentücher im Chor. Da läuft doch was schief.

Die letzte Dame im Bunde betritt die Bühne. Sie versucht sichtlich sich als mehr zugeben, als sie ist und sicher kommt nur ein Mann mit viel Geld in Frage. Nein, also Straßenkehrer oder so, um Gottes-willen! Sie verzieht angewidert ihr Gesicht. Sie hat nur ein Problem: reiche Männer sind nie schön!

Ich stecke meine Nase wieder in eines der blütenweißen Tempodinger. Muss ich schneuzen wegen Miss Grippe oder soll ich heulen aufgrund der dummen Leute im Fernsehen? Mir fällt eine gute alte Freundin ein. Kontostand, Hausgrundstücksfläche und Automarke waren ihre ersten Fragen an ihre Männer. Probleme gemeinsam lösen? Durch dick und dünn gehen? Miteinander etwas erleben? Vielleicht auch einmal einen Streit ausfechten, der die Luft wieder reinigt? Auf Urlaub fahren? Gemeinsam auf etwas sparen? Das alles waren Dinge, die sie nie erleben durfte. Aber als Ausgleich für all das und als unendlicher Liebesbeweis sorgte schon seine Kreditkarte.

Gott-sei-dank kenne ich einige Ausnahmedamen, Ausnahmefamilien, sonst würde ich mir nach dieser Sendung an meinen fiebrigen Kopf greifen müssen. So, und jetzt rufe ich meine männliche Krankenschwester an und lasse mich unendlich bedauern. Auch meine Seele braucht Medizin.
 

krokotraene

Mitglied
Liebe Drachenprinzessin,(finde ich übrigens total super!!)

vorerst ganz lieben Dank für das super Feedback und die Bewertung (auch bei der Geschichte mit der "Todeskandidatin").
Zu wachelt - das gibt es wirklich, sogar lt. Duden und wird eigentlich bei uns in Österreich oft gebraucht. Die Cote d`Azur und das reich habe ich ausgebessert. Dankeschön!!!

Bis zum nächstenmal
krokotraene
 
Gut zu wissen, dass es "wachelt" wirklich gibt, werde ich mir merken ;)

Ich würde mich freuen noch mehr solcher Geschichten von Ihnen zu lesen :)

Herzliche Grüße
Drachenprinzessin
 



 
Oben Unten