claudianne
Mitglied
Ritter Rotz hatte Schnupfen. Und zwar immer.
Wenn die anderen kleinen Ritter mit ihren großen Schwertern kämpfen übten oder mit ihren Ritterpferde wild galoppierten, lief ihm die Nase.
Darum durfte er nie mitmachen, weil sich alle davor fürchteten, sich bei ihm anzustecken.
Seine Nase triefte so fürchterlich, dass seine Rüstung schon anfing zu rosten, und bei jeder Bewegung quietschte und ächzte. Sein Visier war schon beinahe festgerostet. Der kleine Ritter traute sich aber ohnehin kaum es zu öffnen, weil seine Nase vom vielen Schnäuzen so feuerrot und dick geworden war, dass ihn die anderen kleinen Ritter immer auslachten.
Aber Ritter Rotz wollte auch ein guter Ritter werden, genau wie sein Vater Ritter Riesengroß und sein Großvater Ritter Richtiggut. Denn er wollte unbedingt das diesjährige Ritterturnier gewinnen:
Der erste Preis war nämlich ein drei Tage dauerndes Tortenessen mit der kleinen Prinzessin Pausbäckchen, die Ritter Rotz gerne heimlich beim Bonbonessen beobachtete.
Darum ging er jeden Morgen, wenn sich die anderen kleinen Ritter auf dem Turnierplatz zu ihren Ritterlehrstunden trafen, alleine in den Wald.
Er wollte kämpfen lernen.
„Heute besiege ich ein Wildschein!“, rief er dann kampfeslustig oder: „Trau dich nur raus du böser Feuerdrachen.“ Aber nie lies sich jemand blicken.
Seine lautes Niesen und seine knarzende Rüstung hatten längst alle vertrieben.
Normalerweise machte Ritter Rotz das nichts aus, „morgen ist auch noch ein Tag zum Kämpfen“, dachte er dann und hieb mit seinem Schwert ein paar Blumen für seine Mutter ab.
Doch heute war es anders: Ritter Rotz war schlecht gelaunt. In drei Tagen schon war das große Ritterturnier und er hatte immer noch nicht trainiert.
Traurig setzte er sich auf einen Stein und malte mit seinem Schwert große Kreise ins Gras.
„He, du machst mir mein Kräuterbeet kaputt“, schimpfte eine Stimme hinter seinem Rücken.
So schnell es seine rostige Rüstung zuließ, sprang der kleine Ritter auf die Beine, sein Schwert gerade nach vorn gerichtet.
„Komm raus und kämpfe mit mir!“, rief er aufgeregt, „HATSCHI!“
„Spinnst du, weg mit dem Schwert“, mit einem großen Sprung landete ein Mädchen vor Ritter Rotz und spuckte – Pfft! - auf sein Schwert: „Hexmex Superklex! Schwert geh weg vom Fleck!“
Schon saß Ritter Rotz mit leeren Händen da.
Zornig sah er das kleine Mädchen mit den grünen Wuschelhaaren an: „Hey, du kannst mir doch nicht einfach mein Schwert wegnehmen! Ich bin ein Ritter und das Schwert gehört zu mir wie mein rechter Arm! “
„Wenn du mich weiter ärgerst, hexe ich dir den auch noch weg“, schimpfte das kleine Mädchen.
„Bloß nicht“, sagt der kleine Ritter schon etwas ruhiger, „wer bist du überhaupt?“
„Ich bin Hedimedi, eine Kräuterhexe, das sieht man doch!“, keifte die kleine Hexe. „Und das da“, sie deutete auf den Boden, „ war mein Kräuterbeet. Und du bist also ein Ritter?“
„Ritter Rotz! HATSCHI!“, nieste der kleine Ritter.
„Aha und hast du auch ein Gesicht? Klapp doch mal dein Visier hoch.“ sagte die kleine Hexe.
„Nein. Du lachst mich bloß aus“, antwortete der kleine Ritter und quietschte mit seiner Rüstung.
„Wieso? Hast du drei Nasen?“, wollte die Hexe wissen.
„Nein, nur eine, aber die ist rot und so dick wie sieben Nasen“, schniefte Ritter Rotz, „ich habe nämlich immer Schnupfen.“
„Ach so, wenn es weiter nichts ist“, sagte Hedimedi, „da kann ich dir helfen. Aber nur wenn du dein Visier hochklappst.“
Langsam öffnete der kleine Ritter sein knarzendes Visier und schaute die kleine Hexe unsicher an.
„Ach, das hätte ich mir schlimmer vorgestellt“, grinste Hedimedi, „die Nase von unserer Oberhexe ist noch viel dicker und sie hat eine riesige blaue Warze obendrauf.“
„Und wie kannst du mir jetzt helfen?“, fragte der kleine Ritter erleichtert, dass Hedimedi nicht gelacht hatte.
„Ich koche dir einen Kräutertee. Eine Schnupfen-Spezial-Mischung, damit kriegt man sogar einen Elefantenschnupfen weg. Und dann stricke ich dir noch schnell einen Schal, damit du es warm hast. Komm mit“, die kleine Hexe verschwand im Gebüsch.
Ritter Rotz kroch hinterher, so schnell es seine rostige Rüstung zuließ.
Im Gebüsch entdeckte er ein kleines schiefes Holzhäuschen, mit stacheligen Himbeerbüschen umrankt und allerlei Kräutertöpfen auf dem Dach. Die Tür stand offen und ein sonderbarer Geruch dampfte heraus.
„Hallo? Bist du da drin?“, Ritter Rotz steckte seinen Kopf zur Tür hinein.
Drinnen rührte Hedimedi in einem großen Topf, in dem es zischte und blubberte.
„Komm rein, der Tee ist gleich fertig und den Schal habe ich auch schon gestrickt. Schau!“, Hedimedi zeigte auf ein grünes Plüschsofa, auf dem ein geringelter Wollschal lag.
„Aber du bist doch gerade erst rein, wie kannst du dann schon einen ganzen Schal gestrickt haben?“, wunderte sich Ritter Rotz.
„Ach, das ist doch hexenleicht“, grinste Hedimedi, „schau mal, ob er passt.“
Der kleine Ritter wickelte den Schal um seinen Hals. Einmal und dann noch einmal und dann noch drei Mal.
„Passt genau“, sagte er dann, „und die Farben finde ich auch ganz schön.“
„Das sind meine Lieblingsfarben: Schlammbraun, Rostrot, Rotzgrün und Warzenblau“, strahlte die kleine Hexe, „wenn du den Schal jetzt immer trägst und täglich eine Tasse von meinem Tee trinkst, wirst du nie wieder Schnupfen haben.“
Mutig nahm Ritter Rotz einen Schluck von dem dampfenden Tee und fühlte sich sofort besser.
„Schau mal in den Spiegel“, forderte Hedimedi ihn auf.
„Meine Nase!“, rief Ritter Rotz begeistert, „sie sieht ganz normal aus. Richtig schön und gar nicht mehr rot.“
„Sag ich doch“, lächelt Hedimedi, „ich fülle dir noch eine Thermoskanne Tee ab, das reicht für die nächste Woche.“
„Kannst du auch noch was mit meiner Rüstung machen?“, fragte Ritter Rotz, „Hilft deine Hexenspucke vielleicht auch gegen Rost?“
„Klar: Hexmex Superklex – Pfft!“, schon klebte ein großer Klecks Spucke auf der Rüstung, „damit musst du sie polieren.“
Ein bisschen eklig fand der kleine Ritter das schon, aber er tat wie befohlen und polierte die Rüstung mit einem Zipfel seines Schals.
Dann hob er einen Arm und ein Bein, machte einen Hampelmann und es quietschte überhaupt nichts mehr.
„Puh“, hechelte der kleine Ritter, „soviel Bewegung bin ich gar nicht mehr gewohnt. Wie soll ich denn so das Ritterturnier gewinnen? Und ein Schwert habe ich auch nicht mehr. Kannst du das nicht wieder her hexen?“
„Leider nicht, was weg ist, ist weg“, entschuldigt sich die kleine Hexe, „aber ein echter Ritter braucht kein Schwert. Du gewinnst das Turnier bestimmt auch so. Was bekommt den der Sieger?“
„Ein Tortenessen mit Prinzessin Pausbäckchen!“, sagt der kleine Ritter begeistert.
„Lecker – und laaaangweilig“, seufzt Hedimedi, „aber ich drück dir beide Hexendaumen.“
Ritter Rotz, der sich jetzt Ritter Nimmerrotz nennen konnte, bedankte sich bei Hedimedi und verschwand im Wald.
Die nächsten Tage ruhte er sich aus, trainieren machte ja ohne Schwert sowieso keinen Sinn. Er streichelte sein Pferd, flocht ihm Zöpfe und ließ es in Ruhe grasen.
Am Morgen des Ritterturniers stieg er tapfer auf sein Pferd, schlang seinen Schal noch ein bisschen fester um den Hals und trabte langsam zum Turnierplatz.
Beim zehnten Gockelschrei sollten die kleinen Ritter dort ihre Aufgabe erfahren.
„Kikeriki!“ Es war soweit, der oberste Ritterlehrer verkündete: „Das diesjährige Ritterturnier gewinnt der Ritter unter euch, der am schnellsten die Krone der kleinen Prinzessin erobert.“
„Wenn es weiter nichts ist“, murmelten die kleinen Ritter.
„Sie befindet sich auf diesem zehn Schwerter hohem Pfahl. Er wurde mit Seife eingeschmiert, um ein Hinaufklettern unmöglich zu machen“, ergänzte der oberste Ritterlehrer.
Nun schwiegen die kleinen Ritter und starrten mit offenem Mund den Pfahl hinauf.
„Ich wünsche gutes Gelingen!“, mit einem Paukenschlag war das Turnier eröffnet.
Schnell sprangen die kleinen Ritter auf ihre Pferde und galoppierten hektisch um den Pfahl herum.
Die Krone hing aber so hoch, dass die Schwerthiebe sie nicht erreichen konnten.
Und das hatten sie ja trainiert: Kämpfen mit dem Schwert.
Einer der Ritter versuchte doch den Pfahl hinaufzuklettern, rutschte aber fluchend sofort wieder herunter.
Ritter Nimmerrotz saß ruhig auf seinem Pferd daneben und überlegte. Ein Schwert hatte er ja ohnehin nicht. Er hatte gar nichts außer seinem Pferd - und seinem Schal!
Das war die Idee: Er schwang seinen Schal wie ein Lasso und galoppierte los. Immer höher drehte sich der Schal in die Luft, bis er sich um die Krone gewickelt hatte. Mit einem Ruck zog er sie zu sich herunter.
„Jippieh!“, mit der Krone auf dem Kopf ritt der kleine Ritter wild wie nie über den Turnierplatz.
Die anderen beobachteten ihn entgeistert aber auch ein bisschen ehrfürchtig.
Ein Paukenschlag beendete das Turnier und Ritter Nimmerrotz wurde zum Sieger ernannt.
Sogleich wurde eine Tafel voll beladen mit rosaroten Sahnetorten auf den Platz gestellt. Zwei Diener trugen die kleine Prinzessin Pausbäckchen auf ihrem kleinen Thron an das Ende der Tafel. Sie fing sofort an, die Torten zu probieren, ohne auch nur einen Blick auf den kleinen Ritter zu werfen. Mit vollem Mund schmatze sie und ließ sich immer mehr Tortenstücke auf den Teller legen.
Der kleine Ritter nahm am anderen Ende der Tafel Platz und legte sich ein Stück von einer der rosaroten Torten auf den Teller. Es schmeckte köstlich nach Erdbeeren.
„Kann ich mir die Torten auch einpacken lassen?“, fragte er dann einen der Diener.
„Wenn die kleine Hoheit es erlaubt“, antwortete der Diener mit Blick auf die Prinzessin.
Die schmatzte nur zustimmend und ließ sich nicht weiter stören.
Der kleine Ritter ließ sich eine ganze Erdbeertorte einpacken und ritt damit in den Wald.
Er parkte sein Pferd am Kräuterbeet.
Sofort sprang Hedimedi aus den Büschen: „Wer wagt es mein Kräuterbeet …. ach du bist es!“
Die kleine Hexe lächelte. „Gratulation zum Sieg und danke für den Kuchen!“
„Woher weiß du denn das alles schon wieder?“, fragte der kleine Ritter erstaunt. Er hatte die Schachtel mit der Torte noch gar nicht aufgemacht.
„Na, ich bin eben eine Hexe. Was ist jetzt, willst du mir nicht ein Stück Torte geben?“, Hedimedi öffnete gierig die Schachtel.
Zusammen setzen sie sich ind Gras.
„Gabeln hab ich nicht“, sagte Hedimedi, „aber mit den Händen schmeckt es sowieso besser.“
Die Torte war schnell aufgegessen und der kleine Ritter ließ sich rückwärts ins Gras plumpsen.
„Puh, jetzt bin ich drei Tage lang satt!“
Nach einer Weile fing er an zu schnarchen. Hedimedi kuschelte sich an den kleinen Ritter, und weil so eine Rüstung richtig hart ist, hexte sie sich noch schnell ein Kissen.
Der kleine Ritter durfte nun - da er ja keinen Schnupfen mehr hatte - auch mit den anderen Rittern trainieren. Aber eigentlich machte ihm das gar keinen Spaß und auch die kleine Prinzessin interessierte ihn nicht mehr. Am Liebsten war er bei seiner neuen Hexenfreundin im Wald, trank Tee und schaute ihr beim Hexen zu.
Wenn die anderen kleinen Ritter mit ihren großen Schwertern kämpfen übten oder mit ihren Ritterpferde wild galoppierten, lief ihm die Nase.
Darum durfte er nie mitmachen, weil sich alle davor fürchteten, sich bei ihm anzustecken.
Seine Nase triefte so fürchterlich, dass seine Rüstung schon anfing zu rosten, und bei jeder Bewegung quietschte und ächzte. Sein Visier war schon beinahe festgerostet. Der kleine Ritter traute sich aber ohnehin kaum es zu öffnen, weil seine Nase vom vielen Schnäuzen so feuerrot und dick geworden war, dass ihn die anderen kleinen Ritter immer auslachten.
Aber Ritter Rotz wollte auch ein guter Ritter werden, genau wie sein Vater Ritter Riesengroß und sein Großvater Ritter Richtiggut. Denn er wollte unbedingt das diesjährige Ritterturnier gewinnen:
Der erste Preis war nämlich ein drei Tage dauerndes Tortenessen mit der kleinen Prinzessin Pausbäckchen, die Ritter Rotz gerne heimlich beim Bonbonessen beobachtete.
Darum ging er jeden Morgen, wenn sich die anderen kleinen Ritter auf dem Turnierplatz zu ihren Ritterlehrstunden trafen, alleine in den Wald.
Er wollte kämpfen lernen.
„Heute besiege ich ein Wildschein!“, rief er dann kampfeslustig oder: „Trau dich nur raus du böser Feuerdrachen.“ Aber nie lies sich jemand blicken.
Seine lautes Niesen und seine knarzende Rüstung hatten längst alle vertrieben.
Normalerweise machte Ritter Rotz das nichts aus, „morgen ist auch noch ein Tag zum Kämpfen“, dachte er dann und hieb mit seinem Schwert ein paar Blumen für seine Mutter ab.
Doch heute war es anders: Ritter Rotz war schlecht gelaunt. In drei Tagen schon war das große Ritterturnier und er hatte immer noch nicht trainiert.
Traurig setzte er sich auf einen Stein und malte mit seinem Schwert große Kreise ins Gras.
„He, du machst mir mein Kräuterbeet kaputt“, schimpfte eine Stimme hinter seinem Rücken.
So schnell es seine rostige Rüstung zuließ, sprang der kleine Ritter auf die Beine, sein Schwert gerade nach vorn gerichtet.
„Komm raus und kämpfe mit mir!“, rief er aufgeregt, „HATSCHI!“
„Spinnst du, weg mit dem Schwert“, mit einem großen Sprung landete ein Mädchen vor Ritter Rotz und spuckte – Pfft! - auf sein Schwert: „Hexmex Superklex! Schwert geh weg vom Fleck!“
Schon saß Ritter Rotz mit leeren Händen da.
Zornig sah er das kleine Mädchen mit den grünen Wuschelhaaren an: „Hey, du kannst mir doch nicht einfach mein Schwert wegnehmen! Ich bin ein Ritter und das Schwert gehört zu mir wie mein rechter Arm! “
„Wenn du mich weiter ärgerst, hexe ich dir den auch noch weg“, schimpfte das kleine Mädchen.
„Bloß nicht“, sagt der kleine Ritter schon etwas ruhiger, „wer bist du überhaupt?“
„Ich bin Hedimedi, eine Kräuterhexe, das sieht man doch!“, keifte die kleine Hexe. „Und das da“, sie deutete auf den Boden, „ war mein Kräuterbeet. Und du bist also ein Ritter?“
„Ritter Rotz! HATSCHI!“, nieste der kleine Ritter.
„Aha und hast du auch ein Gesicht? Klapp doch mal dein Visier hoch.“ sagte die kleine Hexe.
„Nein. Du lachst mich bloß aus“, antwortete der kleine Ritter und quietschte mit seiner Rüstung.
„Wieso? Hast du drei Nasen?“, wollte die Hexe wissen.
„Nein, nur eine, aber die ist rot und so dick wie sieben Nasen“, schniefte Ritter Rotz, „ich habe nämlich immer Schnupfen.“
„Ach so, wenn es weiter nichts ist“, sagte Hedimedi, „da kann ich dir helfen. Aber nur wenn du dein Visier hochklappst.“
Langsam öffnete der kleine Ritter sein knarzendes Visier und schaute die kleine Hexe unsicher an.
„Ach, das hätte ich mir schlimmer vorgestellt“, grinste Hedimedi, „die Nase von unserer Oberhexe ist noch viel dicker und sie hat eine riesige blaue Warze obendrauf.“
„Und wie kannst du mir jetzt helfen?“, fragte der kleine Ritter erleichtert, dass Hedimedi nicht gelacht hatte.
„Ich koche dir einen Kräutertee. Eine Schnupfen-Spezial-Mischung, damit kriegt man sogar einen Elefantenschnupfen weg. Und dann stricke ich dir noch schnell einen Schal, damit du es warm hast. Komm mit“, die kleine Hexe verschwand im Gebüsch.
Ritter Rotz kroch hinterher, so schnell es seine rostige Rüstung zuließ.
Im Gebüsch entdeckte er ein kleines schiefes Holzhäuschen, mit stacheligen Himbeerbüschen umrankt und allerlei Kräutertöpfen auf dem Dach. Die Tür stand offen und ein sonderbarer Geruch dampfte heraus.
„Hallo? Bist du da drin?“, Ritter Rotz steckte seinen Kopf zur Tür hinein.
Drinnen rührte Hedimedi in einem großen Topf, in dem es zischte und blubberte.
„Komm rein, der Tee ist gleich fertig und den Schal habe ich auch schon gestrickt. Schau!“, Hedimedi zeigte auf ein grünes Plüschsofa, auf dem ein geringelter Wollschal lag.
„Aber du bist doch gerade erst rein, wie kannst du dann schon einen ganzen Schal gestrickt haben?“, wunderte sich Ritter Rotz.
„Ach, das ist doch hexenleicht“, grinste Hedimedi, „schau mal, ob er passt.“
Der kleine Ritter wickelte den Schal um seinen Hals. Einmal und dann noch einmal und dann noch drei Mal.
„Passt genau“, sagte er dann, „und die Farben finde ich auch ganz schön.“
„Das sind meine Lieblingsfarben: Schlammbraun, Rostrot, Rotzgrün und Warzenblau“, strahlte die kleine Hexe, „wenn du den Schal jetzt immer trägst und täglich eine Tasse von meinem Tee trinkst, wirst du nie wieder Schnupfen haben.“
Mutig nahm Ritter Rotz einen Schluck von dem dampfenden Tee und fühlte sich sofort besser.
„Schau mal in den Spiegel“, forderte Hedimedi ihn auf.
„Meine Nase!“, rief Ritter Rotz begeistert, „sie sieht ganz normal aus. Richtig schön und gar nicht mehr rot.“
„Sag ich doch“, lächelt Hedimedi, „ich fülle dir noch eine Thermoskanne Tee ab, das reicht für die nächste Woche.“
„Kannst du auch noch was mit meiner Rüstung machen?“, fragte Ritter Rotz, „Hilft deine Hexenspucke vielleicht auch gegen Rost?“
„Klar: Hexmex Superklex – Pfft!“, schon klebte ein großer Klecks Spucke auf der Rüstung, „damit musst du sie polieren.“
Ein bisschen eklig fand der kleine Ritter das schon, aber er tat wie befohlen und polierte die Rüstung mit einem Zipfel seines Schals.
Dann hob er einen Arm und ein Bein, machte einen Hampelmann und es quietschte überhaupt nichts mehr.
„Puh“, hechelte der kleine Ritter, „soviel Bewegung bin ich gar nicht mehr gewohnt. Wie soll ich denn so das Ritterturnier gewinnen? Und ein Schwert habe ich auch nicht mehr. Kannst du das nicht wieder her hexen?“
„Leider nicht, was weg ist, ist weg“, entschuldigt sich die kleine Hexe, „aber ein echter Ritter braucht kein Schwert. Du gewinnst das Turnier bestimmt auch so. Was bekommt den der Sieger?“
„Ein Tortenessen mit Prinzessin Pausbäckchen!“, sagt der kleine Ritter begeistert.
„Lecker – und laaaangweilig“, seufzt Hedimedi, „aber ich drück dir beide Hexendaumen.“
Ritter Rotz, der sich jetzt Ritter Nimmerrotz nennen konnte, bedankte sich bei Hedimedi und verschwand im Wald.
Die nächsten Tage ruhte er sich aus, trainieren machte ja ohne Schwert sowieso keinen Sinn. Er streichelte sein Pferd, flocht ihm Zöpfe und ließ es in Ruhe grasen.
Am Morgen des Ritterturniers stieg er tapfer auf sein Pferd, schlang seinen Schal noch ein bisschen fester um den Hals und trabte langsam zum Turnierplatz.
Beim zehnten Gockelschrei sollten die kleinen Ritter dort ihre Aufgabe erfahren.
„Kikeriki!“ Es war soweit, der oberste Ritterlehrer verkündete: „Das diesjährige Ritterturnier gewinnt der Ritter unter euch, der am schnellsten die Krone der kleinen Prinzessin erobert.“
„Wenn es weiter nichts ist“, murmelten die kleinen Ritter.
„Sie befindet sich auf diesem zehn Schwerter hohem Pfahl. Er wurde mit Seife eingeschmiert, um ein Hinaufklettern unmöglich zu machen“, ergänzte der oberste Ritterlehrer.
Nun schwiegen die kleinen Ritter und starrten mit offenem Mund den Pfahl hinauf.
„Ich wünsche gutes Gelingen!“, mit einem Paukenschlag war das Turnier eröffnet.
Schnell sprangen die kleinen Ritter auf ihre Pferde und galoppierten hektisch um den Pfahl herum.
Die Krone hing aber so hoch, dass die Schwerthiebe sie nicht erreichen konnten.
Und das hatten sie ja trainiert: Kämpfen mit dem Schwert.
Einer der Ritter versuchte doch den Pfahl hinaufzuklettern, rutschte aber fluchend sofort wieder herunter.
Ritter Nimmerrotz saß ruhig auf seinem Pferd daneben und überlegte. Ein Schwert hatte er ja ohnehin nicht. Er hatte gar nichts außer seinem Pferd - und seinem Schal!
Das war die Idee: Er schwang seinen Schal wie ein Lasso und galoppierte los. Immer höher drehte sich der Schal in die Luft, bis er sich um die Krone gewickelt hatte. Mit einem Ruck zog er sie zu sich herunter.
„Jippieh!“, mit der Krone auf dem Kopf ritt der kleine Ritter wild wie nie über den Turnierplatz.
Die anderen beobachteten ihn entgeistert aber auch ein bisschen ehrfürchtig.
Ein Paukenschlag beendete das Turnier und Ritter Nimmerrotz wurde zum Sieger ernannt.
Sogleich wurde eine Tafel voll beladen mit rosaroten Sahnetorten auf den Platz gestellt. Zwei Diener trugen die kleine Prinzessin Pausbäckchen auf ihrem kleinen Thron an das Ende der Tafel. Sie fing sofort an, die Torten zu probieren, ohne auch nur einen Blick auf den kleinen Ritter zu werfen. Mit vollem Mund schmatze sie und ließ sich immer mehr Tortenstücke auf den Teller legen.
Der kleine Ritter nahm am anderen Ende der Tafel Platz und legte sich ein Stück von einer der rosaroten Torten auf den Teller. Es schmeckte köstlich nach Erdbeeren.
„Kann ich mir die Torten auch einpacken lassen?“, fragte er dann einen der Diener.
„Wenn die kleine Hoheit es erlaubt“, antwortete der Diener mit Blick auf die Prinzessin.
Die schmatzte nur zustimmend und ließ sich nicht weiter stören.
Der kleine Ritter ließ sich eine ganze Erdbeertorte einpacken und ritt damit in den Wald.
Er parkte sein Pferd am Kräuterbeet.
Sofort sprang Hedimedi aus den Büschen: „Wer wagt es mein Kräuterbeet …. ach du bist es!“
Die kleine Hexe lächelte. „Gratulation zum Sieg und danke für den Kuchen!“
„Woher weiß du denn das alles schon wieder?“, fragte der kleine Ritter erstaunt. Er hatte die Schachtel mit der Torte noch gar nicht aufgemacht.
„Na, ich bin eben eine Hexe. Was ist jetzt, willst du mir nicht ein Stück Torte geben?“, Hedimedi öffnete gierig die Schachtel.
Zusammen setzen sie sich ind Gras.
„Gabeln hab ich nicht“, sagte Hedimedi, „aber mit den Händen schmeckt es sowieso besser.“
Die Torte war schnell aufgegessen und der kleine Ritter ließ sich rückwärts ins Gras plumpsen.
„Puh, jetzt bin ich drei Tage lang satt!“
Nach einer Weile fing er an zu schnarchen. Hedimedi kuschelte sich an den kleinen Ritter, und weil so eine Rüstung richtig hart ist, hexte sie sich noch schnell ein Kissen.
Der kleine Ritter durfte nun - da er ja keinen Schnupfen mehr hatte - auch mit den anderen Rittern trainieren. Aber eigentlich machte ihm das gar keinen Spaß und auch die kleine Prinzessin interessierte ihn nicht mehr. Am Liebsten war er bei seiner neuen Hexenfreundin im Wald, trank Tee und schaute ihr beim Hexen zu.
).