Schokolade, Joghurt und Salamie

Anonym

Gast
Schokolade, Joghurt und Salami

Ich bin alleine. Die Wohnung ist still, nur das Radio dröhnt durch die Zimmer. Meine Familie ist unterwegs, es wird dauern, bis sie zurückkommen: Mein Vater, meine Mutter und meine zwei Schwestern. Sie besuchen meine Oma. Ich wollte nicht mitbekommen, weiß gar nicht mehr warum...
Jetzt hätte ich sie gerne bei mir. Aber das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, dass ich einsam und alleine bin. Ich spüre nur eine größer werdende Leere, die langsam aber sicher Besitz von mir ergreift. Ich zappe durch das Fernsehprogramm, doch keine Sendung spricht mich an. Meine Freunde sind auch nicht zuhause, habe die Liste mindestens fünf mal durchtelefoniert. Keiner ist da. Nur ich bin da, alleine.
Ich pendle durch die Wohnung, weiß nicht wohin mit mir, weiß nicht, was ich tun soll. Mache den Kühlschrank auf, mache ihn wieder zu, tigere durch die Flure. Ich bin alleine.
Zehn Minuten später stehe ich wieder vor den Lebensmitteln, gieße mir ein Glas Saft ein. Trinke es aus. Beim Zurückstellen der Flasche entdecke ich meinen Lieblings-Joghurt. Esse ihn, dazu ein Nutellabrot. Lecker: Schokolade. Ich gucke ins Nichts, bin unruhig, alleine. Nasche etwas Nutella. Hole einen Esslöffel, die Brottüte und die Milch. Ich merke es gar nicht, wie schnell sich der Brotbestand verringert. Und auch das Nutellaglas ist beinah leer. Ohne nachzudenken trinke ich auch den Rest der Milch. Greife nach einer Kekstüte im Hängeschrank. Hektisch reiße ich sie auf, drücke den Inhalt mit etwas Quark runter und auch die Salami muss dran glauben. Ich habe Bauchweh, habe viel zu schnell gegessen. Kratze die Reste des Schoko-Aufstrichs mit einem Löffel aus dem Glas.
Der Tisch sieht wüst aus. Im metallenen Milchkrug spiegelt sich mein verschmiertes Gesicht. Sogar die Nase ist braun.
Mir ist schlecht. Ich fühle mich schwer, betäubt. Schwebend laufe ich durch die Wohnung. Spüre mich gar nicht mehr. Nehme nur die Schwere und Fülle wahr. Mein Bauch ist aufgebläht. Weinend schalte ich das Badezimmerlicht an. Zitternd lehne ich mich über die Toilette. Ich muss einfach, kann nicht anders. Das bin gar nicht ich, die sich hier wollend übergibt. Das bin nicht ich!
Immer und immer wieder, bis sich mein Bauch zusammenzieht und mein Hals schmerzt. Ich heule, zittere – solange bis ich mich leicht genug fühle.
Meine müden Augen sehen die Müllhalde auf dem Küchentisch. Scham und Angst überfällt mich. Aber im Putzen bin ich gut. Nach wenigen Minuten sieht die Küche wie neu aus.
Nach einer Dusche verkrieche ich mich in mein Bett, mache mir eine Wärmflasche, schlafe ein. Versuche zu vergessen, hat bisher nicht geklappt. Aber ich versuche es trotzdem.

„Wir sind wieder da!“ ruft mein Vater freundlich durch die Flure.
Ich springe auf, ziehe mich an, setze mich an meinen Schreibtisch.
„Na, was hast du gemacht?“
Ich zucke zusammen, habe gar nicht bemerkt, dass meine Schwester ins Zimmer gekommen ist.
„Ich? Ach, nichts Besonderes....“
Sie geht wieder.
Sie erzählen mir von meiner Oma. Sie habe mich vermisst, aber verstehe es, dass man als junges Mädchen auch mal Zeit für sich brauche. Das nächste Mal solle ich wieder mitkommen.
Ich nicke. „Sicher komme ich mit.“ bestätige ich. „Aber nur, wenn Mama fährt!“
Sie lachen. Ich lache auch und kämpfe mit den aufsteigenden Tränen.
 
S

Sheerie

Gast
Hallo,

wenn Prot. und Schreiber identisch sind,
sollte man etwas unternehmen, mit Bulimie
ist nicht zu spaßen.

Herzlich Sheerie
 



 
Oben Unten