Schreck in der Abendstunde

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Fritzli

Mitglied
Schreck in der Abendstunde

Ein liebenswerter Chaot sollte er sein. Mit zehn Jahren. Nicky, sein Sohn. So hatte es die Lehrerin zwar nicht formuliert, aber die Umschreibung ließ nur diesen Schluss zu.

Einerseits hatte Peter sich darüber gefreut, weil Nicky als begabt, fantasievoll und kreativ gelobt worden war. Dass die Lehrerin dann aber auch von schusselig angefertigten Hausaufgaben sprach, für die Nicky liebenswerte Ausreden erfand, wurmte ihn ehrlich gesagt. Von wem sollte er das bloß haben?

Als Peter Brandner vom Elternabend seines Sohnes Nicky heim kam, stellte er das Auto unter der Straßenlaterne ab. Er hatte keine Lust, es in die Garage zu fahren. In wenigen Stunden würde es ohnehin wieder gebraucht. Und wer sollte hier schon lange Finger machen? Schließlich hat der Wagen eine Wegfahrsperre.

Peter beugte sich über die Gartentür und wollte gerade nach dem Schlüssel greifen, der von der Innenseite steckte, als er im Fenster der Diele, die sich im Erdgeschoss befand, einen Lichtschein bemerkte. Der Lichtpunkt bewegte sich langsam durch den Raum und wanderte in Richtung Küche. Unwillkürlich bückte sich Peter, als das Licht für einen Moment auf ihn gerichtet zu sein schien. Klopfen an den Schläfen. Heftiges Herzwummern verriet seine Erregung. War da etwa ein Einbrecher? Ihm fiel plötzlich ein, dass Renate Spätschicht hatte.

Mensch, Nicky, schoss es ihm durch den Kopf. Mit schnellen Schritten stürmte er in Richtung Haustür. Er lief über den Rasen, um den dumpfen Klang der schnellen Schritte zu vermeiden. Plötzlich, ein schmerzhafter Schlag gegen sein Knie. Mit voller Wucht traf ihn auch ein Schlag gegen die Stirn. Ein gleißender Lichtschweif tanzte vor seinen Augen, bevor von der rechten Augenbraue ein warmer Rinnsal über die Nase lief.

„Ich muss die Polizei rufen", flüsterte er gehetzt. „Verflucht!" er hatte sein Handy vergessen. Das Herausreißen des Schlüssels aus der Hosentasche und das Öffnen der Haustür waren eins. Er stürmte zum Telefon in die Diele und wählte 1-1-0.
Gleichzeitig griff er zum Lichtschalter. Vielleicht konnte er den Dieb durch das Licht erschrecken und verjagen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er eine Stimme vernahm. „Polizeiwache Petersberg, Wachtmeister Schröder", schnarrte es am anderen Ende der Leitung. „Kommen sie schnell in die Gartenstraße 13. Überfall! Hier sind Einbrecher! Mein Sohn ist in Gefahr!" rief Peter in den Hörer und knallte ihn zurück auf die Telefonschale, noch bevor der Polizist weitere Fragen stellen konnte.

Obwohl das Knie stark schmerzte, nahm er immer gleich zwei Stufen, um in Nicky's Zimmer zu gelangen. Sein Bett war leer. Verzweifelt rief Peter Nicky's Namen. Seine Stimme klang ihm unheimlich und fremd.
In diesem Moment schrie jemand im Garten laut „Auaaa". Peter sah im geöffneten Fensterflügel blaues Licht blitzen. Aha, die Polizei ist da, ging es ihm durch den Kopf, war der Dieb gefasst? Er wollte gerade wieder nach Nicky rufen, als die Schranktür leise knarrte. Erstarren für einen Augenblick. Atemlose Stille. Auf Zehenspitzen schlich Peter zum Schrank. Er atmete tief durch, ehe er die Tür mit einem Ruck aufriss.

Peter war irritiert. Auf dem Schrankboden saß Nicky. In der linken Hand hielt er eine Schüssel, gefüllt mit Müsli, in der rechten Hand einen Löffel und zu seinen Füßen lag seine Kindertaschenlampe. Der Mund war zu Pustebacken aufgeblasen, von den Lippen bröselten Cornflakes. Der Junge, im Gesicht weiß wie die Wand, blickte seinen Vater mit erschrockenen Augen an.

Von der Treppe her hörte Peter Getrappel. Er fuhr herum und stellte sich schützend vor den Schrank. In der Tür erschienen Renate, mit der Gartenharke in der Hand, und ein Polizist mit einem großen Horn auf der Stirn.
„Liebling, Du blutest ja", rief sie, nachdem sie erleichtert feststellte, dass Nicky im Schrank saß und hinter Peters Beinen hervorlugte. „Bist Du etwa auch auf die Harke getreten, die Du vorhin noch wegräumen wolltest?" Peter dämmerte es, der Schlag im Garten.
„Grrpps, grrpps", ein tiefer Knusperton erfüllte den Raum. Irgendwie kam Peter das Geräusch bekannt vor. Klar, der Fernsehspot, in dem das Kind die ganze Familie weckt, weil es nachts Cornflakes nascht.
Blöde Werbung, dachte Peter.
 
P

Phantom

Gast
Deine Geschichte gefällt mir. Doch habe ich ein paar Kritikpunkte:
1. Die Absätze machen mir irgendwie Kopfzerbrechen. Warum hasst du so viele davon, einige könntest du doch auch weglassen, wie z.B. den ersten.
2. Zwischen "Block 5" u. "6" kam ich ins schleudern. Ich wusste nicht, ob dein Protagonist bewusstlos irgendwo herumliegt und eine andere Person jetzt erwähnt wird oder ob es sich beim "Er" wieder um Peter handelt. Da würde ich noch was veränderen wie: "Der Schlag hatte ihm einen hämmernden Schmerz über seine r. Augenbraue versetzt, doch sofort lief er weiter, nun direkt auf das Haus zu", ist jetzt nur daher gebastelt, aber irgendwie so was in der Art...
3. Peter reißt die Tür zum Schlafzimmer seines Sohnes auf und gleich sitzt da Nicky, im geöffneten oder geschlossenen Schrank? Nebenbei muss ich bemerken, dass ich es ungewöhnlich finde, dass ein Kind zu später Nachtzeit mit `ner Taschenlampe im Haus herumläuft, da würde ich vielleicht noch einen "Stromausfall", oder so was ähnliches inszenieren.
Das Ende gefällt mir, mit einer gehörigen Portion an Selbstironie, die dein Protagonist am Ende hat...
Freue mich schon auf deine nächste Geschichte!
Gruß Phantom
 

Fritzli

Mitglied
Hallo Phantom,
vielen Dank für deine hilfreiche Kritik. Ich habe die Geschichte noch einmal überarbeitet und deine Tipps berücksichtigt.
Warum hier mehr Absätze erschienen sind, als beabsichtigt, habe ich noch nicht herausgefunden. Ich hoffe, dass mir das in Zukunft nicht mehr passiert.
Noch ein Gedanke zum Kind mit der Taschenlampe - also ich fand das immer spannend so durch unser Haus zu laufen. Damals war es sogar noch reizvoller, weil es maximal nur eine Taschenlampe im Haus gab, sie musste erst "besorgt" werden. :)


Schreck in der Abendstunde

Ein liebenswerter Chaot sollte er sein. Mit zehn Jahren. Nicky, sein Sohn. So hatte es die Lehrerin zwar nicht formuliert, aber die Umschreibung ließ nur diesen Schluss zu.
Einerseits hatte Peter sich darüber gefreut, weil Nicky als begabt, fantasievoll und kreativ gelobt worden war. Dass die Lehrerin dann aber auch von schusselig angefertigten Hausaufgaben sprach, für die Nicky liebenswerte Ausreden erfand, wurmte ihn. Von wem sollte er das bloß haben?

Als Peter Brandner vom Elternabend seines Sohnes Nicky heim kam, stellte er das Auto unter der Straßenlaterne ab. Er hatte keine Lust, es in die Garage zu fahren. In wenigen Stunden würde es ohnehin wieder gebraucht. Und wer sollte hier schon lange Finger machen? Schließlich hat der Wagen eine Wegfahrsperre.
Peter beugte sich über die Gartentür und wollte gerade nach dem Schlüssel greifen, der von der Innenseite steckte, als er im Fenster der Diele, die sich im Erdgeschoss befand, einen Lichtschein bemerkte. Der Lichtpunkt bewegte sich langsam durch den Raum und wanderte in Richtung Küche. Unwillkürlich bückte sich Peter, als das Licht für einen Moment auf ihn gerichtet zu sein schien. Klopfen an den Schläfen. Heftiges Herzwummern verriet seine Erregung. War da ein Einbrecher? Ihm fiel plötzlich ein, dass Renate Spätschicht hatte.

Mensch, Nicky, schoss es ihm durch den Kopf. Mit schnellen Schritten stürmte er in Richtung Haustür. Er lief über den Rasen, um den dumpfen Klang der schnellen Schritte zu vermeiden. Plötzlich, ein schmerzhafter Schlag gegen sein Knie. Mit voller Wucht traf ihn auch ein Schlag gegen die Stirn. Ein gleißender Lichtschweif tanzte vor seinen Augen, bevor von der rechten Augenbraue ein warmer Rinnsal über die Nase lief. Peter kümmerte sich nicht um seine Verletzung, sofort lief er weiter. „Ich muss die Polizei rufen", flüsterte er gehetzt. „Verflucht!" er hatte sein Handy vergessen. Er riss den Schlüssels aus der Hosentasche. Die Hand zitterte bei der Suche nach dem Schlüsselloch. Er stieß die Haustür auf, stürmte zum Telefon in die Diele und wählte 1_1_0. Gleichzeitig griff er zum Lichtschalter. Vielleicht ließ sich der Dieb durch das Licht erschrecken und verjagen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er eine Stimme vernahm. „Polizeiwache Petersberg, Wachtmeister Schröder", schnarrte es am anderen Ende der Leitung. „Kommen sie schnell in die Gartenstraße 13. Überfall! Hier sind Einbrecher! Mein Sohn ist in Gefahr!" rief Peter in den Hörer und knallte ihn zurück auf die Telefonschale, noch bevor der Polizist weitere Fragen stellen konnte.

Obwohl das Knie stark schmerzte, nahm er immer gleich zwei Stufen, um in Nicky's Zimmer zu gelangen. Sein Bett war leer, der Junge nicht zu sehen. Verzweifelt rief Peter Nicky's Namen. Seine Stimme klang ihm unheimlich und fremd.
In diesem Moment schrie jemand im Garten laut „Auaaa". Peter sah im geöffneten Fensterflügel blaues Licht blitzen. Die Polizei ist da, ging es ihm durch den Kopf, war der Dieb gefasst? Er wollte gerade wieder nach Nicky rufen, als die Schranktür leise knarrte. Erstarren für einen Augenblick. Atemlose Stille. Auf Zehenspitzen schlich Peter zum Schrank. Er atmete tief durch, ehe er die Tür mit einem Ruck aufriss.

Peter war irritiert. Auf dem Schrankboden saß Nicky. In der linken Hand hielt er eine Schüssel, gefüllt mit Müsli, in der rechten Hand einen Löffel und zu seinen Füßen lag seine Kindertaschenlampe. Der Mund war zu Pustebacken aufgeblasen, von den Lippen bröselten Cornflakes. Der Junge, im Gesicht weiß wie die Wand, blickte seinen Vater mit erschrockenen Augen an.
Von der Treppe her hörte Peter Getrappel. Er fuhr herum und stellte sich schützend vor den Schrank. In der Tür erschienen Renate, mit der Gartenharke in der Hand, und ein Polizist mit einem großen Horn auf der Stirn. „Liebling, Du blutest ja", rief sie, nachdem sie erleichtert feststellte, dass Nicky im Schrank saß und hinter Peters Beinen hervorlugte. „Bist Du etwa auch auf die Harke getreten, die Du vorhin noch wegräumen wolltest?" Peter dämmerte es, der Schlag im Garten.

„Grrpps, grrpps", ein tiefer Knusperton erfüllte den Raum. Irgendwie kam Peter das Geräusch bekannt vor. Klar, der Fernsehspot, in dem das Kind die ganze Familie weckt, weil es nachts Cornflakes nascht.
Blöde Werbung, dachte Peter.
 
P

Phantom

Gast
Und Ich dachte, du hättest die Absätze absichtlich gesetzt :)... Die Geschichte liest sich jetzt viel flüssiger, außerdem hast du jetzt noch ein neuen Spannungsmoment reingebracht, indem der Vater nicht gleich seinen Sohn im Zimmer, durch die geöffnete Schranktür, erblickt...
Freue mich schon auf deine nächste Geschichte
Gruß Phantom

P.S. Ja, als Kind fand ich es auch lustig nachts allein durch's Haus zu schleichen... Ab und zu hatten wir ein paar Stromausfälle bei uns im Bezirk, u. wie oft habe ich es mir gewünscht, dass die Techniker versagen und meine Familie und ich die kommende Nacht im Dunkeln verbringen... :)
 

GabiSils

Mitglied
Titel

Hallo Fritzli,

ich finde es gerade bei Krimis immer schade, wenn der Titel zuviel verrät. Daß nichts Ernsthaftes passiert, ist bei dieser Wortwahl klar. Fällt dir eine andere Möglichkeit ein?

Gruß
Gabi
 

Fritzli

Mitglied
Verspätete Antwort!

Danke für den Hinweis, Gaby. Ich denke drüber nach. Deinen Einwand finde ich gut. Ich möchte auch recht lange neugierig sein, wenn ich lese.
PS: Bitte entschuldige die Verspätung, bin umgezogen.
 



 
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