Sichtbar

Anna Grian

Mitglied
Sichtbar (I.)

Ab und zu gefällt es mir Spiegelblicke zu erhaschen, Fenster funkeln zurück und Auslagen fangen Wassertropfen ein. Glitzernd kondensieren einzelne Augenblicke und rufen Worte wach, die durch Gänge hallen und an Türen rütteln.
Es gefällt mir auch zu schlafen. Aber nicht im Glassilberschein. Dort lasse ich Wortkugeln perlen und Gesichter verwischen. Da schneiden Lichterketten lange Risse in Asphaltgärten, Gräben die mit Wasser zu füllen sind, damit in ihnen weiteres Spiegelleben keimt.
 

Anna Grian

Mitglied
Sichtbar (II.)

Manchmal träume ich diesen kleinen Muscheltraum. Ich liege auf dem Grund des Teiches und das Wasser umspielt mich leise, mein Atem formt Blasen und mein Ohr gurgelt einen Klang. Ich erinnere mich an Glitzerlichter und freundliche Plappermünder. Wie Insekten flirren sie vor mir her, teilen Grussworte aus und ärgern sich über allerlei Ärgerlichkeiten.
Gut liege ich auf dem Grund des Teiches. Das verlangsamt die Flirrflügel und lässt mich rasten.

Einmal habe ich mich an die Oberfläche gewagt und war erstaunt und auch entzückt - soviel an Hässlichkeit hätte ich nicht erwartet!
Wie eine Kiste, die aufspringt und ihren Inhalt über Böden und Treppen ergiesst, so sehr war ich überwältigt. Meine Hände klatschten unaufhörlich und meine Stimme wollte schreien und lachen. Zum Glück hatte ich etwas Teichgrund und Blasenatem in meinen Rachen gepackt, so erstickte sich das Lachen zu Grussworten, nur das Klatschen blieb.

Wie kleine Wirbeltropfen durchstrichen Grussmünder die Spiegelwelt, unaufhörlich plappernd und klappernd. Ihre Rauschgewänder predigten Sonnenschein und Angst, sie mochten trockenes Gras und Waldlichtungen. Ihre Blicke klebten sich auf meine Klatschhände und schimpften mich ein Teichwesen und eine Treppenkiste. So sehr ich auch den Atem anhielt, ihre Worte schlangen sich dennoch um mein Gesicht und liessen meine Nasenflügel zittern und zucken.

Endlich freigekämpft warf ich mich über Lichtungsböden und suchte mir einen Muscheltraum. Der Gurgelklang liess meine Augen neue Spiegelblicke erhaschen und froh nach neuem Atem ringen.
 

DorisS

Mitglied
Hallo Anna,

es ist wirklich schwer, etwas zu deinen Texten zu sagen. Das liegt daran, dass mir der Zugang dazu sehr schwer fällt.
Zum einen sind da Ausdrücke drin, die mir nichts sagen, unter denen ich mir nicht einmal etwas vorstellen kann (Glassilberschein, Grussmünder...).
Zum anderen ist für mich dieses umspannende Bild des Muscheltraums im zweiten Teil nicht schlüssig. Da ist jemand froh, in der Unterwelt zu leben, taucht auf, und sucht dann nach einer "neuen" Unterwelt. Finde ich sehr schwer zu verstehen.
Schön fand ich dagegen, die Hässlichkeit der Oberwelt als etwas Entzückendes und Spannendes zu beschreiben, denn das ist es, was das Leben ist, in all seinen Schattierungen und mit all seiner Hässlichkeit.
Ich versuche vor allem zu verstehen, was du mir sagen willst, aber ich erkenne die Intention deiner Texte nicht. Und ich glaube, genau da ist der Knackpunkt.

Ich weiß, das ist nicht sonderlich hilfreich.

Liebe Grüße,

Doris
 



 
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