Sonett an Ronda

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Walther

Mitglied
Sonett an Ronda


In Ronda traf ich auch auf Rilkes Spuren,
Und Herkules war wirklich überall.
Kurz nach ihm da war noch der Hannibal,
Bis ihn die Biker in den Boden fuhren.

Im Haus Don Boscos, überm tiefen Tal,
Der Garten voller weltlicher Figuren
Stand ich im fernen Klang vergangner Suren,
Laut übertönt durch Kirchenliederschall.

Es staubte dämpfig, und man roch die Stiere,
Und die Arena schmeckte Blut und Schweiß.
Orangenbäume standen als Spaliere,

Und im Olivenhain wars glühend heiß:
Wie ich durch schmale Gassen so flaniere,
Vergeß ich, wer ich bin und wie ich heiß.
 
H

Heidrun D.

Gast
Allah sei Dank; es geht ja noch! ;)

Ein wirklich schönes Sonett, aber auch wirklich jedes einzelne Quarterzett. :D - Ach und die Stiere, Blut und Schweiß ...
das sind Begriffe für mein wild-kitschiges Herz.

Liebe Grüße
Heidrun
 
Lieber Walther,

dein Sonett gefällt mir sehr, vor allem dies:

Es staubte dämpfig, und man roch die Stiere,
Und die Arena schmeckte Blut und Schweiß.
Orangenbäume standen als Spaliere,
Dieser Kontrast zwischen dem nahendem Tod (der Stiere) und den Orangenbäumen (die mit ihrem zarten Duft niemals gegen den alles überdeckenden Kampfgeruch gegenan kommen würden) ist atemberaubend.

Es staubte dämpfig...... einfach klasse!

Lieben Gruß,
Estrella
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

das sind die schönsten Erlebnisse, wenn man so selbstvergessen in etwas eintaucht.

Einmal kam ich nach einem dreiwöchigen Urlaub nach Hause und wusste nicht mehr, wie meine Nachbarin heißt, und wenn ich mit dem Auto die Straße hinunterfahre, welche Straße dann kommt. Das war natürlich im Handumdrehen alles wieder in Ordnung, aber die Erlebnisse waren in solche Tiefen hinabgestiegen....

Demgemäß gefällt mir Deine Schlusszeile am besten, sie ist die Krönung Deines Textes, wie es ja auch sein soll.

Man sagt ja, dass "heilige Orte" ihre Erinnerungen nur preis geben, wenn man sie aufsucht. So wirkt der Inhalt Deines Sonetts auf mich. Da kam alles wie aus dem Äther plötzlich zu Dir, was sich jemals dort zugetragen.

Schön, dass Du uns daran Anteil haben lässt! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Lb. Herbert,

der Urlaub ist vorüber, daher nun auch die bestätigende Antwort! :)

Danke und Gruß W.

Lb. Heidrun,

im Lande der Torreros überfallen einen schon Gedanken, glaube es mir. Ein Ausflug nach Ronda und dann das! Wenn die Spanier wüßten ... ;)

Danke und Gruß W.

Lb. Estrella,

das Erleben ist meist intensiver als das über die Sprache zu Transportierende. Es ist immer ein wenig "aus 2. Hand". Da habe ich in den Bildertopf gegriffen.

Danke für den Hinweis, daß das einigermaßen funktioniert hat!

LG W.

Lb. Verena,

geht es beim Urlaub ums Loslassen? Ich glaube schon. Orte wie Ronda schaffen das durch ihre Präsenz - landschaftlich, klimatisch, architektonisch, historisch, künstlerisch. Das Vergessen erst macht ein Wiederfinden möglich.

Danke für Deine Worte, die dem Text eine weitere Ebene hinzugegeben haben.

LG W.
 



 
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