Traumbucht

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hanky

Mitglied
Eine traumhafte Bucht​

Sie kam hierher. Viel war noch nicht los, und deshalb gefiel ihr diese schöne Bucht. Nun wollte sie bleiben, denn die Palmen wuchsen hier bis an den schneeweißen Strand. Sie fühlte sich wie im Paradies. Schnell waren ihre Ängste, die sie noch in der kalten Heimat plagten, verschwunden und plötzlich wusste sie, was sie all die Jahre vermisste: das Leben war einfach wunderbar und unbeschwert.
Zunächst schlief sie am Strand, aber dann baute sie sich eine kleine Hütte, da von dem Sand viele ihrer Klamotten und Sachen sandig geworden und nicht mehr brauchbar waren. Baumaterialien waren am Strand und im Gebüsch genügend vorhanden. So brauchte sie auch nur drei Tage, bis sie zusammen mit einigen Einheimischen die Hütte zurechtgezimmert hatten. Sie verwendeten nur das, was sie vorfand. Kein Nagel und keine Schraube hielt die Hütte zusammen.
Schnell richtete sie sich ein. Es war wundervoll, sie konnte so lange schlafen und in der Nacht aufbleiben, wie sie wollte; kein Straßenlärm, nur das Meeresrauschen und der Wind, der mit den Palmen spielte. Wenn sie etwas brauchte, ging sie die zwei Kilometer am Strand entlang in den nächsten kleinen Ort. Ungefähr ein halbes Jahr lebte sie so ungezwungen und frei.
Dann stellte sie fest, dass am Strand, dort am anderen Ende der Bucht, wo der Schotterweg direkt zum Meer führte immer mehr junge Leute aus den verschiedensten Ländern mit Rucksäcken kamen - sie nannten sich Backpackers. Es entstanden kleine Hütten am Strand, so wie ihre, nur viel sicherer gebaut, und ein kleines Restaurant gab es auch bald. Sie fand es sehr angenehm, denn nun brauchte sie nicht mehr die zwei Kilometer in der größten Hitze zum nächsten Dorf zu gehen, wenn sie etwas essen wollte. Leider waren hier am Strand die Preise etwas höher, als in dem Restaurant im Dorf, aber das machte ihr noch nichts aus, denn sie hatte ja noch genügend Geld, und das Leben war hier trotzdem sehr billig.
Langsam sprach es sich herum, daß man sich hier am Strand gut relaxen konnte und mehr und mehr Rucksack-Touristen kamen an. Jeden Abend saß sie nun mit einigen von ihnen am Strand zusammen. Manche hatten Gitarren dabei und sie sangen all die bekannten Lieder von Janis Joplin und Bob Dylan. An anderen Abenden saßen sie schweigend bei einem Joint und schauten aufs Meer. Bis einmal einige von ihren immer zahlreicher werdenden Freunden sie fragte, warum sie denn auf ihrer Seite der Bucht keine Kneipe oder Restaurant aufmachen wolle, denn dann gäbe es eine Konkurrenz zu dem Restaurant auf dieser Seite, beeilten sich die Leute hinzuzufügen, denn Geld verdienen war etwas für Kapitalisten und sie waren schließlich Traveller auf dem Weg zur Wahrheit des Lebens, und das Reisen war ihr Ziel.
So überlegte sie nicht lange, denn schließlich wurde auch ihr Geld knapp und als Bedienung in dem vorhandenen Restaurant wollte sie nicht arbeiten.
Zusammen mit einem Einheimischen, in den sie sich vor ein paar Wochen verliebt hatte, zimmerte sie aus rohen Brettern und Bohlen eine Bude, nahm ihre letzten Ersparnisse und kaufte Getränke, ein paar Früchte und Brot. Der Einheimische transportierte alles auf seinem kleinen Moped zum Strand hinunter. Dann eröffneten sie die „Paradise Bar“.
Der Eröffnungsabend war ein voller Erfolg und am Ende um zwei Uhr morgens hatten sie schon keine Getränke mehr, dafür aber einen kleinen Gewinn in der Tasche. Die Nacht klang fröhlich am Strand bei einem Joint aus.
Am nächsten Morgen stand sie früh auf und fuhr selbst mit dem Moped ins Dorf, um neue Lebensmittel und Getränke zu kaufen, da ihr Freund nach dieser anstrengenden Nacht erstmal ausschlafen wollte. Aber ihr machte die Arbeit Spaß und sie konnte ganz gut davon Leben. Auch die Beziehung zu ihrem einheimischen Freund vertiefte sich und bald wurde sie in sein Elternhaus eingeladen.
Irgendwann kam ihr dann die Idee, dass sie vielleicht ebenfalls ein paar einfache Hütten bauen sollte, in denen dann die Backpackers, die nun immer zahlreicher in die schöne Bucht strömten, wohnen könnten. Denn entlang des Strandes gab es jetzt schon viele Hütten und Restaurants.
Zusammen mit dem Einheimischen und ein paar Freunden baute sie wieder aus Strandgut und dem was der nahe Dschungel hergab zwei Hütten oberhalb des Strandes unter Palmen und nannte es „Palm Beach Resort“.
Jeden Tag hatte sie nun Gäste, die sich bei ihr sehr wohl fühlten, denn hier konnten sie ungestört ihr Dope rauchen, was bei den anderen Hütten und Restaurants nicht gestattet war. Häufig leistete sie ihnen Gesellschaft, und so sammelte sich um sie eine Schar illustrer Weltenbummler.
Es dauerte gar nicht lang, bis ihr kleines Reservat von größeren Hütten und Restaurants umgeben war. Von einem entfernten Nachbar, ebenfalls Restaurantbesitzer, wurde sie gefragt, ob das Land, auf dem sie jetzt lebte und durch den sie ihren Unterhalt bestritt, denn ihr überhaupt gehören würde. Darüber hatte sie sich noch nie Gedanken gemacht, und sie wußte auch nicht, wem das Land eigentlich gehörte; sie hatte es sich damals halt einfach genommen. Auch als sie ihren einheimischen Freund danach befragte, konnte er es ihr nicht sagen.
Langsam, ganz langsam änderte sich das Klima im Umgang mit den Restaurantbetreibern und Hüttenbesitzern. Einigen Cleveren gehörte das Land, sie hatten es den Einheimischen, die meistens im den Dörfern des Landesinneren wohnten, abgekauft. Sie wollten sich nun immer mehr ausbreiten und boten den anderen viel Geld, damit sie verkauften. Dort, wo die Cleveren auf Anhieb kein Glück hatten, brannten plötzlich und unerwartet - da wohl mal wieder jemand vergessen hatte, die Petroleumlampe am Abend vor dem Schlafengehen zu löschen - die Hütten ab.
Auch sie bekam´s zu spüren. Einmal wurde ihr angeboten, das Management im Nachbar-Resort zu übernehmen. Aber als sie nicht sofort zustimmte, da sie ihre Selbständigkeit und das freie Leben nicht aufgeben wollte, wurde ihr angedeutet, daß sie wohl kaum eine andere Wahl hätte, denn das Land würde ihr ja gar nicht gehören.
Der Wechsel fiel ihr sehr schwer, weil sie bislang fast nur arbeitete, wenn sie gerade mal Lust dazu hatte, und nun würde sie von morgens bis abends auf den Beinen sein müssen.
Zum Glück aber war der neue Besitzer für den sie jetzt arbeitete sehr tolerant, denn er war nur daran interessiert, daß ein wenig Geld für ihn dabei heraussprang.
So konnte sie zusammen mit ihrem einheimischen Freund weiter zusammenleben und zum Teil das relaxte Arbeitsleben fortführen. Das sprach sich natürlich unter den Travellern herum und all die Freaks kamen nun wieder zu ihr.
Als sie nun ihren einheimischen Freund heiratete, war es eine riesige Feier. Alle noch verbliebenen Leute, die anfänglich die Bucht bevölkerten und noch nicht vom Rummel und Kommerz vertrieben waren, wurden zu dem großen Fest eingeladen. Sie feierten eine Woche lang mit vielen Drogen und Alkohol am Strand. Alle waren sie eingeladen, selbst die Gäste der Resorts, und das Freudenfeuer, das zu diesem Zweck entzündet wurde, brannte die ganze Zeit über und jeder war fröhlich und ausgelassen. Es war wie früher, als alle Menschen hier am Strand zusammenhielten.
Die Arbeit im Resort machte ihr Spaß und die Leute waren nett, obwohl es nur Urlauber waren, die ihren Jahresurlaub nun hier verbrachten. Hin und wieder kam ihr Chef und kontrollierte, ob die Tageseinnahmen auch stimmten.
Als sie damals die Leitung dieses Resorts übernahm, machte der Besitzer mit ihr einen Arbeitsvertrag über ein Jahr mit ihr. Da aber so viele andere Dinge für sie wichtiger waren, vergaß sie den Vertrag bald wieder und dachte, es liefe für immer.
Einmal besuchte ihr Bruder sie aus dem kalten Norden und beneidete sie unverhohlen, dass sie in einem solchen Paradies arbeitete. Den ganzen Tag aufs Meer zu schauen, zu rauchen und ab und zu Geld einkassieren, das wünschte er sich auch für sein Leben.
Aber seitdem sie diese Leitung übernommen hatte, war es so einfach natürlich nicht mehr. Sie mußte die Leute, die nun hier Gäste genannt wurden, bedienen, früh aufstehen und spät ins Bett gehen, Abrechnungen erstellen und zu allen freundlich sein, selbst wenn sie mal gar nicht gut drauf war. Für sie war es an manchen Tagen ein ganz schön hartes Geschäft. Aber es war OK und es war warm.
Eines Tages, kurz vor Ablauf des Vertrages, kam der Chef zu ihr und teilte mit, dass er das Resort verkauft habe und den Vertrag nicht weiter verlängern würde, denn der neue Besitzer wolle all die Freaks nicht mehr hier sehen. Der neue Besitzer wolle auch den Standard der Hütten verbessern und mehr Geld herausholen. Aber der Chef machte ihr ein Angebot. Da er inzwischen ebenfalls, wie so viele andere an diesem Strand, reich geworden war, besaß er noch ein weiteres Resort. Hier könne sie für ihn arbeiten. Aber da dieses Resort schon reiche Urlauber umwarb, könne sie zusammen mit ihrem Mann den relaxten Arbeitsstil nicht mehr fortsetzen.
Das Leben am Strand hatte sich inzwischen schon sehr gewandelt. Viele Familien mit Kindern aus den kalten Ländern des Nordens und immer mehr normale Urlauber aus den aufstrebenden Ländern der Region besuchten nun diesen Strand und verbrachten ihren Urlaub hier. Die Preise waren sehr gestiegen, aber immer noch günstig, im Vergleich zu den Herkunftsländern der meisten Urlauber. Nur die Einheimischen, Freaks und Traveller blieben bis auf wenige Ausnahmen fort, da sie es sich nicht mehr leisten konnten, hier Station zu machen und zu relaxen.

Sie fühlte, daß sie keine Wahl hatte, denn in ihr kaltes Heimatland wollte sie auf gar keinen Fall zurückkehren. Also nahm sie das Angebot ihres Chefs an.
 

Garde

Mitglied
Hallo,

ich finde diese Geschichte nicht schlecht. Sie hat auf jeden Fall großes Potential eine richtig gute Geschichte zu werden, denn ich kann mir vorstellen, dass sie eine realen Hintergrund hat.
So wie sie da steht, liest sie sich etwas, wie einfach so dahin geworfen, nach dem Motto, das wollte ich aber unbedingt noch erzählen. Den Inhalt finde ich sehr interessant,weil insgesamt für mich nachvollziehbar. Am Anfang dachte ich öfter, dass klingt ein wenig nach einem modernen Märchen.
Ich würde sie nicht einfach in der Schublade verschwinden lassen, sie ist es wert überarbeitet zu werden.
Vielleicht in mehreren Kapitel umsetzen, für eine Kurzgeschichte, hat sie m.E. zu viel Inhalt.
LG
Garde
 



 
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