Überholt

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zarah

Mitglied
Du liebst den Weg ganz grad und plan
Verlassen hast Du schon vor Jahren
Die kleinen kurvenreichen Straßen
Die ihren eig´nen Charme besaßen
Die eng war´n doch nicht viel befahren
Jetzt fährst Du nur noch Autobahn

Geschwindigkeit wird Dir zum Fest
Die Langsamkeit von Dir verachtet
Den Blick ganz fest nach vorn gerichtet
Hast Du Dein Ziel schon lang gesichtet
Die Überholspur fest gepachtet
Kannst nicht zurück selbst wenn Du wolltest

Zurück - ein übles Wort für Dich
Nur vorwärts kannst Du gelten lassen
Dein Horizont wird immer enger
Die Straße scheint Dir immer länger
Doch kannst Du nicht in´s Auge fassen
Hier abzufahren - fürchterlich

Zwar merkst Du schon, die Fahrt verliert
An Tempo und das automatisch
Und immer schneller wirst Du langsam
Du ahnst das ist jetzt erst der Anfang
Nicht lang und es wird vollends statisch
Im Stau - der Stillstand Dir diktiert

In Fahrt gerät nur noch Dein Zorn
Auf all die and'ren schwer Frustrierten
Die Dir jetzt hier im Wege stehen
Und die das wohl genauso sehen
Die eilig drängelnd konkurrierten
Um Spitzenplätze ganz weit vorn

Mit einem Fahrrad radle ich
Auf einem Weg ganz in der Nähe
An Dir vorbei und wink' gemütlich
Dein Ausdruck wird nun richtig schmerzlich
Fast tut´s mir leid wenn ich das sehe
"Tja ich komm´ weiter und Du nich"
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Zarah (jaaa... ich schon wieder)

Du hast sehr schön den Tunnelblick im wörtlichen und übertragen Sinn beschrieben.

Dein Gedicht gefällt mir vom Tempo und von der Idee her ganz ausgezeichnet, bräuchte aber hie und da noch einen kleinen Feinschliff.

Gern gelesen!

Gruss

Jürgen
 

zarah

Mitglied
Hallo Jürgen,

ich habe dieses Gedicht gestern geschrieben und mir dabei mehr Zeit gelassen, als ich es üblicherweise tue; finde es selber nicht perfekt gelungen, mag es aber und würde mir gerne dabei helfen lassen, es zu verbessern.

Also, wenn irgendjemand eine Idee in punkto "Feinschliff" hat: Her damit.

LG
Zarah
 
L

Law

Gast
@ zarah,

mir gefällt der Text und die "Moral der Geschichte". Manchmal entwickeln sich Lebensplanungen anders als beabsichtigt. Man braucht nur die Tageszeitung aufzuschlagen und sich die Nachrufe und die Daten der Heimgerufenen anschauen, den ein oder anderen akademischen Grad, dann sieht und versteht man durchaus den Text im allgemeinen. Das schreibe ich ohne Ironie, in Deinem Text liest es sich eben spezieller, personifizierter. Es gibt ja auch die Theorie in der Hirnforschung das selbst angeblich empfundene "frei Entscheidungen" nicht frei sind sondern bereits fest in unseren Gehirnen konditioniert. Träfe dass zu hätten wir alle keine wirkliche Entscheidungsfreiheit darüber ob wir "Gas geben oder nicht". Dann könnten wir alle abwarten und wie Du so schön beschreibst locker mit dem Fahrrad freudig winkend vorbeifahren. Tja also was ich damit ausdrücken wil. Gut, es erscheint mir etwas sehr lang, so wie eine persönlich motivierte "Abrechnung" an den Prota.
Jedenfalls erzählt es eine interessante Geschichte.
Ganz kleiner Tropfen ist der letzte Vers..das krieg ich nicht so richtig geschmeidig gereimt, oder liegt das am Lesen?

Gruß
Law
 

zarah

Mitglied
Hallo Law,

Der letzte Vers sollte sich eigenlicht flüssig lesen, denn ich habe hier entgegen meiner sonstigen Gewohnheit sogar mal die Silben gezählt. Könnte natürlich sein, dass ich mich verzählt habe.
Deine Anmerkung in punkto Hirnforschung würde ich gerne in der Plauderecke aufnehmen und mache deshalb in Kürze einen entsprechenden Thread da auf.

Gruß
Zarah
 



 
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