Unser Hannes

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HajoBe

Mitglied
Hannes ging vorzeitig in den Ruhestand. Lange Jahre hatte er <unter Tage> geschuftet, doch allzu viel bleibt ihm nicht an monatlicher Rente. Er nahm den 400-Euro-Job an, welchem er jetzt als Schulbusfahrer stundenweise nachgeht. Der rüstige Mann gilt als ausnehmend freundlich und verlässlich, ist stets pünktlich zur Stelle und krank wird er - so scheint es - auch niemals. Das mögen die Mütter und seine grau melierten Schläfen natürlich und - wenn er ihnen gut gelaunt sein allmorgendliches "Hallo, meine Damen!" zuruft. Es ist Verlass auf ihn.

Die Kinder lieben ihren <Opa Hannes>, nicht zuletzt wegen der Gummibärchen auf dem Tresen neben der Tür am Einstieg. "Aber jeder nur eines!", pflegt er zu sagen, wenn sie herein drängeln und das Körbchen plündern. "Ihr wisst es, wegen der Zähne!" Danach dürfen sie gerne toben im Bus. Er stellt das Radio lauter und im Rückspiegel sieht man ihn lächeln.
Wo bleibt er nur heute?

Die Kinder tollen an der Haltestelle, bewerfen sich mit Schneebällen, während die frierenden Mütter redselig belanglose Alltäglichkeiten austauschen. Gelegentlich tritt eine vor das gläserne Wartehäuschen und hält Ausschau nach Hannes mit seinem grünen VW-Transporter und ob er endlich auftaucht zwischen den wirbelnden Flocken.

Judith steht abseits. Bei Schneeballschlachten hält sie sich raus. Sie gilt als ein stilles und in sich gekehrtes Mädchen. Der Vater hatte die kleine Familie einst verlassen und Mutter sorgt seither allein für den Unterhalt. Hannes sei ihr Ersatz-Opa, hatte sich Judith einmal geäußert, denn den eigenen durfte sie nicht kennenlernen. Hin und wieder schreibt sie dem Hannes etwas auf herausgerissene Blätter aus dem Schulheft, auf welche sie Blumen gemalt hat, und steckt sie ihm im Vorübergehen zu. Dann nickt er dankend. Einmal hat er über ihre blonden Haare gestreichelt. Da ist sie errötet. Seitdem schenkt sie ihm jeden Morgen ihr scheues Lächeln und er lächelt zurück und zwinkert ihr hinter seiner Brille zu, was er sonst bei niemandem macht. "Wie einst Papa", meinte kürzlich ihre Mama, als das Mädchen von Hannes sprach. Längst wollte sie ihn einmal einladen auf ein Glas. Aber zu Freunden wurden Judith und ihr <Opa>.

Bereits sieben Minuten über der gewohnten Zeit. Ob etwas passiert ist? Eine Mutter kramt nach ihrem Handy im Rucksack.
"Ich rufe ihn an", erklärt sie besorgt.
"Lassen Sie mal", widerspricht eine andere, "er darf beim Fahren keinesfalls telefonieren! Sie wissen doch, der Führerschein!"
Sie lässt das Handy wieder in den Sack gleiten, zieht ihren Wollschal enger und tritt mehr nervös als fröstelnd von einem Fuß auf den anderen.
"Sie haben recht! Sein Job stünde auf dem Spiel. Und was machen wir ohne Hannes?"
Sie sagt <Wir> und meint doch <Ich>. Sie habe längst ein Auge auf <Ihren Hannes> geworfen, tuscheln die Nachbarinnen.

Der schneidende Ostwind bläst frischer, der Tanz der Flocken wirbelt turbulenter. Die Jungens ärgern die Mädchen, stopfen ihnen Schnee hinter den Kragen. Warten weckt sichtlich Aggressionen. Die Mütter greifen schlichtend ein. Und immer noch kein Bus in Sicht.

Endlich! Auf der gegenüber liegenden Straßenseite parkt ein betagter Ford, er muss aus der anderen Richtung gekommen sein. Ein junger, fremdländisch aussehender Mann winkt auffordernd aus dem Fenster herüber, als wolle er zur Eile mahnen. Die Kinder rennen über die Straße und stürmen ins Fahrzeug. Judith steigt als letzte ein. Während die anderen ihren Müttern winken oder sich um die Plätze streiten, bleibt Judith unschlüssig neben dem dreitagebärtigen Chauffeur stehen.
"Was ist mit Hannes?", ihre schüchterne Frage.
"Der kommt nicht mehr!", seine knappe, nichts erklärende Antwort ohne aufzublicken.
Der Mann wirkt gereizt. "Ruhe dahinten!" Sie tritt nur zögerlich ein. Er startet mit quietschenden Reifen, was die Kinder ruckartig in die Sitze zwingt. Und natürlich kein Korb mit Gummibärchen…

Judith verdrückt sich still in die letzte Reihe und malt Blumen mit dem Finger auf die beschlagenen Scheiben. Hannes muss krank sein, schwirrt ihr durch den Kopf. Ob ich <Opa> besuchen darf? Doch wen und wo soll ich nach ihm fragen? Angst bemächtigt sich der Kleinen. Der kommt nicht mehr, hat der Fahrer gesagt. Aber das hätte der Hannes uns rechtzeitig mitgeteilt. Mir bestimmt, er ist schließlich mein Freund! Und sie beruhigt sich, doch sie muss schlucken. Nein, der hat wahrscheinlich diese Grippe, in der Klasse fehlen ja auch einige. Und wischt mit dem Ärmel über die Wangen.

Blitzartig hat es sich herumgesprochen und in der Zeitung stand es auch, sogar mit Bild. Der betagte Busfahrer sei noch rechts an den Bordstein gefahren, habe angehalten, den Motor abgestellt und die Warnblinkanlage eingeschaltet. Dann sei er vermutlich über dem Steuerrad zusammengesunken. Das schrille Hupen habe lange nicht aufgehört.

Der bescheidene Mann machte erstmals in eigener Sache auf sich aufmerksam. Und verlässlich - bis zuletzt - eben der Hannes.

Judith fährt morgens mit dem Fahrrad zur Schule, drüben über die Felder. Wenn sie in den Bus stiege, müsste sie weinen, hat sie einmal ihrer Mutter gestanden. Und einen Zettel mit einer Blume drauf und den Worten "Danke, Opa!" hat sie in die Zaunlatten am Waldfriedhof gesteckt. Der Wind trug ihn irgendwann fort.
 
U

USch

Gast
Hallo Hajo,
hat mich sehr berührt die Geschichte.
Ein paar Vorschläge, wenn du magst:

Gelegentlich tritt eine vor das gläserne Wartehäuschen und ...
Wenn´s gläsern ist, braucht sie nicht hinauszutreten!

Sie [strike]gilt als [/strike]ist ein stilles und in sich gekehrtes Mädchen.
Seitdem schenkt sie ihm jeden Morgen ihr scheues Lächeln und er [strike]lächelt zurück und[/strike] zwinkert ihr hinter seiner Brille zu, was er sonst bei niemandem macht.
Längst wollte sie ihn einmal einladen auf ein Glas. [strike]Aber zu Freunden wurden Judith und ihr <Opa>.[/strike]
Das ist doch längst klar.

[strike]Der bescheidene Mann machte erstmals in eigener Sache auf sich aufmerksam. Und verlässlich - bis zuletzt - eben der Hannes.[/strike]
Zu erklärend und unnötig!
Ich gebe dir mal ´ne 8, denn diese Kleinigkeiten wirst du sicher bereinigen.

Liebe Grüße
USch
 

HajoBe

Mitglied
Hannes ging vorzeitig in den Ruhestand. Lange Jahre hatte er <unter Tage> geschuftet, doch allzu viel bleibt ihm nicht an monatlicher Rente. Er nahm den 400-Euro-Job an, welchem er jetzt als Schulbusfahrer stundenweise nachgeht. Der rüstige Mann gilt als ausnehmend freundlich und verlässlich, ist stets pünktlich zur Stelle und krank wird er - so scheint es - auch niemals. Das mögen die Mütter und seine grau melierten Schläfen natürlich und - wenn er ihnen gut gelaunt sein allmorgendliches "Hallo, meine Damen!" zuruft. Es ist Verlass auf ihn.

Die Kinder lieben ihren <Opa Hannes>, nicht zuletzt wegen der Gummibärchen auf dem Tresen neben der Tür am Einstieg. "Aber jeder nur eines!", pflegt er zu sagen, wenn sie herein drängeln und das Körbchen plündern. "Ihr wisst es, wegen der Zähne!" Danach dürfen sie gerne toben im Bus. Er stellt das Radio lauter und im Rückspiegel sieht man ihn lächeln.
Wo bleibt er nur heute?

Die Kinder tollen an der Haltestelle, bewerfen sich mit Schneebällen, während die frierenden Mütter redselig belanglose Alltäglichkeiten austauschen. Gelegentlich tritt eine vor das Wartehäuschen und hält Ausschau nach Hannes mit seinem grünen VW-Transporter und ob er endlich auftaucht zwischen den wirbelnden Flocken.

Judith steht abseits. Bei Schneeballschlachten hält sie sich raus. Sie ist ein stilles und in sich gekehrtes Mädchen. Der Vater hatte die kleine Familie einst verlassen und Mutter sorgt seither allein für den Unterhalt. Hannes sei ihr Ersatz-Opa, hatte sich Judith einmal geäußert, denn den eigenen durfte sie nicht kennenlernen. Hin und wieder schreibt sie dem Hannes etwas auf herausgerissene Blätter aus dem Schulheft, auf welche sie Blumen gemalt hat, und steckt sie ihm im Vorübergehen zu. Dann nickt er dankend. Einmal hat er über ihre blonden Haare gestreichelt. Da ist sie errötet. Seitdem schenkt sie ihm jeden Morgen ihr scheues Lächeln und er lächelt zurück oder zwinkert ihr hinter seiner Brille zu, was er sonst bei niemandem macht. "Wie einst Papa", meinte kürzlich ihre Mama, als das Mädchen von Hannes sprach. Längst wollte sie ihn einmal einladen auf ein Glas. Aber Freunde wurden Judith und ihr <Opa>.

Bereits sieben Minuten über der gewohnten Zeit. Ob etwas passiert ist? Eine Mutter kramt nach ihrem Handy im Rucksack.
"Ich rufe ihn an", erklärt sie besorgt.
"Lassen Sie mal", widerspricht eine andere, "er darf beim Fahren keinesfalls telefonieren! Sie wissen doch, der Führerschein!"
Sie lässt das Handy wieder in den Sack gleiten, zieht ihren Wollschal enger und tritt mehr nervös als fröstelnd von einem Fuß auf den anderen.
"Sie haben recht! Sein Job stünde auf dem Spiel. Und was machen wir ohne Hannes?"
Sie sagt <Wir> und meint doch <Ich>. Sie habe längst ein Auge auf <Ihren Hannes> geworfen, tuscheln die Nachbarinnen.

Der schneidende Ostwind bläst frischer, der Tanz der Flocken wirbelt turbulenter. Die Jungens ärgern die Mädchen, stopfen ihnen Schnee hinter den Kragen. Warten weckt sichtlich Aggressionen. Die Mütter greifen schlichtend ein. Und immer noch kein Bus in Sicht.

Endlich! Auf der gegenüber liegenden Straßenseite parkt ein betagter Ford, er muss aus der anderen Richtung gekommen sein. Ein junger, fremdländisch aussehender Mann winkt auffordernd aus dem Fenster herüber, als wolle er zur Eile mahnen. Die Kinder rennen über die Straße und stürmen ins Fahrzeug. Judith steigt als letzte ein. Während die anderen ihren Müttern winken oder sich um die Plätze streiten, bleibt Judith unschlüssig neben dem dreitagebärtigen Chauffeur stehen.
"Was ist mit Hannes?", ihre schüchterne Frage.
"Der kommt nicht mehr!", seine knappe, nichts erklärende Antwort ohne aufzublicken.
Der Mann wirkt gereizt. "Ruhe dahinten!" Sie tritt nur zögerlich ein. Er startet mit quietschenden Reifen, was die Kinder ruckartig in die Sitze zwingt. Und natürlich kein Korb mit Gummibärchen…

Judith verdrückt sich still in die letzte Reihe und malt Blumen mit dem Finger auf die beschlagenen Scheiben. Hannes muss krank sein, schwirrt ihr durch den Kopf. Ob ich <Opa> besuchen darf? Doch wen und wo soll ich nach ihm fragen? Angst bemächtigt sich der Kleinen. Der kommt nicht mehr, hat der Fahrer gesagt. Aber das hätte der Hannes uns rechtzeitig mitgeteilt. Mir bestimmt, er ist schließlich mein Freund! Und sie beruhigt sich, doch sie muss schlucken. Nein, der hat wahrscheinlich diese Grippe, in der Klasse fehlen ja auch einige. Und wischt mit dem Ärmel über die Wangen.

Blitzartig hat es sich herumgesprochen und in der Zeitung stand es auch, sogar mit Bild. Der betagte Busfahrer sei noch rechts an den Bordstein gefahren, habe angehalten, den Motor abgestellt und die Warnblinkanlage eingeschaltet. Dann sei er vermutlich über dem Steuerrad zusammengesunken. Das schrille Hupen habe lange nicht aufgehört.

Der bescheidene Mann machte erstmals in eigener Sache auf sich aufmerksam, verlässlich - eben der Hannes.

Judith fährt morgens mit dem Fahrrad zur Schule, drüben über die Felder. Wenn sie in den Bus stiege, müsste sie weinen, hat sie einmal ihrer Mutter gestanden. Und einen Zettel mit einer Blume drauf und den Worten "Danke, Opa!" hat sie in die Zaunlatten am Waldfriedhof gesteckt. Der Wind trug ihn irgendwann fort.
 

HajoBe

Mitglied
Hallo Usch, danke für dein Interesse, die Bewertung und die Verbesserungsvorschläge. Habe sie weitgehend übernommen.
Einen sonnigen Tag
HajoBe
 

HajoBe

Mitglied
Hannes ging vorzeitig in den Ruhestand. Lange Jahre hatte er <unter Tage> geschuftet, doch allzu viel bleibt ihm nicht an monatlicher Rente. Er nahm den 400-Euro-Job an, welchem er jetzt als Schulbusfahrer stundenweise nachgeht. Der rüstige Mann gilt als ausnehmend freundlich und verlässlich, ist stets pünktlich zur Stelle und krank wird er - so scheint es - auch niemals. Das mögen die Mütter und seine grau melierten Schläfen natürlich und - wenn er ihnen gut gelaunt sein allmorgendliches "Hallo, meine Damen!" zuruft. Es ist Verlass auf ihn.

Die Kinder lieben ihren <Opa Hannes>, nicht zuletzt wegen der Gummibärchen auf dem Tresen neben der Tür am Einstieg. "Aber jeder nur eines!", pflegt er zu sagen, wenn sie herein drängeln und das Körbchen plündern. "Ihr wisst es, wegen der Zähne!" Danach dürfen sie gerne toben im Bus. Er stellt das Radio lauter und im Rückspiegel sieht man ihn lächeln.
Wo bleibt er nur heute?

Die Kinder tollen an der Haltestelle, bewerfen sich mit Schneebällen, während die frierenden Mütter redselig belanglose Alltäglichkeiten austauschen. Gelegentlich tritt eine vor das Wartehäuschen und hält Ausschau nach Hannes mit seinem grünen VW-Transporter und ob er endlich auftaucht zwischen den wirbelnden Flocken.

Judith steht abseits. Bei Schneeballschlachten hält sie sich raus. Sie ist ein stilles und in sich gekehrtes Mädchen. Der Vater hatte die kleine Familie einst verlassen und Mutter sorgt seither allein für den Unterhalt. Hannes sei ihr Ersatz-Opa, hatte sich Judith einmal geäußert, denn den eigenen durfte sie nicht kennenlernen. Hin und wieder schreibt sie dem Hannes etwas auf herausgerissene Blätter aus dem Schulheft, auf welche sie Blumen gemalt hat, und steckt sie ihm im Vorübergehen zu. Dann nickt er dankend. Einmal hat er über ihre blonden Haare gestreichelt. Da ist sie errötet. Seitdem schenkt sie ihm jeden Morgen ihr scheues Lächeln und er lächelt zurück oder zwinkert ihr hinter seiner Brille zu, was er sonst bei niemandem macht. "Wie einst Papa", meinte kürzlich ihre Mama, als das Mädchen von Hannes sprach. Längst wollte sie ihn einmal einladen auf ein Glas. Aber Freunde wurden Judith und ihr <Opa>.

Bereits sieben Minuten über der gewohnten Zeit. Ob etwas passiert ist? Eine Mutter kramt nach ihrem Handy im Rucksack.
"Ich rufe ihn an", erklärt sie besorgt.
"Lassen Sie mal", widerspricht eine andere, "er darf beim Fahren keinesfalls telefonieren! Sie wissen doch, der Führerschein!"
Sie lässt das Handy wieder in den Sack gleiten, zieht ihren Wollschal enger und tritt mehr nervös als fröstelnd von einem Fuß auf den anderen.
"Sie haben recht! Sein Job stünde auf dem Spiel. Und was machen wir ohne Hannes?"
Sie sagt <Wir> und meint doch <Ich>. Sie habe längst ein Auge auf <Ihren Hannes> geworfen, tuscheln die Nachbarinnen.

Der schneidende Ostwind bläst frischer, der Tanz der Flocken wirbelt turbulenter. Die Jungens ärgern die Mädchen, stopfen ihnen Schnee hinter den Kragen. Warten weckt sichtlich Aggressionen. Die Mütter greifen schlichtend ein. Und immer noch kein Bus in Sicht.

Endlich! Auf der gegenüber liegenden Straßenseite parkt ein betagter Ford, er muss aus der anderen Richtung gekommen sein. Ein junger, fremdländisch aussehender Mann winkt auffordernd aus dem Fenster herüber, als wolle er zur Eile mahnen. Die Kinder rennen über die Straße und stürmen ins Fahrzeug. Judith steigt als letzte ein. Während die anderen ihren Müttern winken oder sich um die Plätze streiten, bleibt Judith unschlüssig neben dem dreitagebärtigen Chauffeur stehen.
"Was ist mit Hannes?", ihre schüchterne Frage.
"Der kommt nicht mehr!", seine knappe, nichts erklärende Antwort ohne aufzublicken.
Der Mann wirkt gereizt. "Ruhe dahinten!" Sie tritt nur zögerlich ein. Er startet mit quietschenden Reifen, was die Kinder ruckartig in die Sitze zwingt. Und natürlich kein Korb mit Gummibärchen…

Judith verdrückt sich still in die letzte Reihe und malt Blumen mit dem Finger auf die beschlagenen Scheiben. Hannes muss krank sein, schwirrt ihr durch den Kopf. Ob ich <Opa> besuchen darf? Doch wen und wo soll ich nach ihm fragen? Angst bemächtigt sich der Kleinen. Der kommt nicht mehr, hat der Fahrer gesagt. Aber das hätte der Hannes uns rechtzeitig mitgeteilt. Mir bestimmt, er ist schließlich mein Freund! Und sie beruhigt sich, doch sie muss schlucken. Nein, der hat wahrscheinlich diese Grippe, in der Klasse fehlen ja auch einige. Und wischt mit dem Ärmel über die Wangen.

Blitzartig hat es sich herumgesprochen und in der Zeitung stand es auch, sogar mit Bild. Der betagte Busfahrer sei noch rechts an den Bordstein gefahren, habe angehalten, den Motor abgestellt und die Warnblinkanlage eingeschaltet. Dann sei er vermutlich über dem Steuerrad zusammengesunken. Das schrille Hupen habe lange nicht aufgehört.

Der bescheidene Mann machte erstmals in eigener Sache auf sich aufmerksam, verlässlich - eben der Hannes.

Judith fährt morgens mit dem Fahrrad zur Schule, drüben über die Felder. Wenn sie in den Bus stiege, müsste sie weinen, hat sie einmal ihrer Mutter gestanden. Und einen Zettel mit einer Blume drauf und den Worten "Danke, Opa!" hat sie in die Zaunlatten am Waldfriedhof gesteckt. Der Wind trug ihn irgendwann fort.
 



 
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