Vielleicht

Garde

Mitglied
José Loyez schaut auf sein Handy, verzieht die Mundwinkel. Er hat eine Mitteilung an seine Bank verfasst. Löst er sie aus, wird es mit großer Sicherheit Unruhe an der Börse geben. Manchmal genügt dazu ein Hüsteln, seine Worte sind eine Ansage. Sie werden ihm einige Millionen Dollar bescheren.
Er lässt den Blick über das Haus, den perfekt angelegten Garten, den Swimming Pool, über die Bucht von Palma wandern. Vor zwei Jahren hat er dieses Anwesen errichten lassen. Es ist eines von fünf, verteilt über den Erdball. „Bedenke, tausend Menschen könnten ihren Job verlieren“, sagt eine dunkle, warme Stimme.
Erschreckt schaut José sich um, springt auf. Vor ihm steht, wunderschön anzuschauen, Lycil. Langes schwarzes Haar, tiefblaue Augen, schmale Taille. Sie lächelt, die weißen Zähne blitzen.
„Tue es nicht“, sagt sie und umarmt ihn. „Du hast mehr als du brauchst.“ Sie breitet die Arme umfassend aus.
„Woher weißt du…? was machst du hier?“, stottert José, schaut sich unsicher, suchend um.
Lycil lässt sich geschmeidig auf dem Rand des Swimming Pools nieder, planscht mit den Füßen im türkisfarbenen Wasser. Sie deutet neben sich. José zieht seine Strümpfe aus.
„Wie geht es dir?“, fragt er und betrachtet Lycil bewundernd von der Seite.
„Mir geht es gut“, sagt sie, zeigt auf sein Handy. „Danach wird es nicht mehr so sein. Meine Kinder und ich, wir verlieren unsere Existenz und mit uns mehr als tausend Menschen.“
Ernst schaut sie ihn an. „Durch einen Klick werden wir keine Arbeit mehr haben. Du bekommst einige Millionen hinzu, die du nicht benötigst. Wo ist dein Gefühl für Gerechtigkeit?“
Unsicher legt José das Handy auf die Marmorfliesen.
„Ich mache das, was ich tun muss, das ist das Geschäft.“
„Es ist ein schmutziges Geschäft, das die Reichen immer reicher werden lässt, und die Armen in den Abgrund treibt.“
„Das könnte alles dir gehören“, sagt José, zeigt auf den Pool, das Haus.
„Ich bin glücklich mit dem was ich habe. Lass es mir“, sagt Lycil. Sie zieht die Füße aus dem Wasser, erhebt sich.
„Ich habe großen Durst. Hast du ein Glas Wasser für mich?“ Sie streckt José die Hand entgegen und hilft ihm hoch.
„Sofort.“ José eilt in die Küche, greift eine Flasche Mineralwasser und zwei Gläser. Zurück am Pool, schaut er sich verwundert um, Lycil ist verschwunden.
Das Handy liegt auf dem Tisch, ein weißer Zettel lugt darunter hervor.
José überfliegt die akkurat geschriebenen Zeilen, greift entschlossen nach dem Handy. Er steckt es ein, verschließt gewissenhaft alle Türen und geht zur Garage. Wenige Zeit später braust er in seiner schwarzen Limousine die Auffahrt hinunter.

Annähend zur gleichen Zeit verlassen, einige hundert Kilometer von Palma entfernt, Ina und Gaston die Bahnhofshalle. Sie bleiben ein paar Sekunden, von der Sonne geblendet, stehen, gehen auf die lange Treppe zu, die zum Domvorplatz führt. Auf der untersten Stufe sitzt eine alte Frau, in einer abgenutzten grauen Jacke, das weiße Kopftuch unter dem Kinn gebunden, den bunten Rock um sich drapiert, im Schoße ein Körbchen.
Ina greift in ihre Tasche und wirft ein Geldstück in den Korb.
„Du bist verrückt, der etwas zu geben. Die hat bestimmt mehr als du und lacht sich halbtot über dich“, knurrt Gaston.
Überrascht sieht Ina ihn an. „Wie kommst du auf diese Idee? Mir tut die alte Frau leid.“
„Darauf spekuliert sie. Überlege doch mal, warum sitzt sie hier? Warum meldet sie sich nicht beim Sozialamt? In unserem Land muss sich niemand auf die Straße setzen und betteln.“
„Bist du dir sicher?“, sagt Ina. „Warum kannst du nicht einfach einmal Mitleid empfinden. Wo sind deine Gefühle vergraben? Du wirst täglich härter.“
„Blödsinn“, schnauzt Gaston. „Ich bin lediglich realistisch und male mir die Welt nicht schön.“ Er hat nicht ganz ausgesprochen, als er mit einer dunklen Gestalt, die wie aus dem Nichts vor ihm auftaucht, zusammenprallt, strauchelt und rückwärts die bereits erklommenen Stufen hinunterfällt. Er landet neben dem Rocksaum der alten Frau. Mit schmerzverzerrtem Gesicht versucht er sich aufzurichten, stößt einen kurzen Schrei aus und bleibt schwer atmend liegen.
Die alte Frau rutscht auf den Stufen näher an ihn heran, beugt sich über ihn, murmelt vor sich hin.
Ina hockt sich neben ihn. „Um Gotteswillen Gaston, hast du dir sehr weh getan?“
Es versammeln sich immer mehr Menschen um sie herum. Die alte Frau schiebt die Hände unter den Kopf von Gaston, tastet vorsichtig seine Wirbelsäule hinab.
„Nichts kaputt, viel Schreck“, sagt sie und massiert ihm den Nacken. Er holt tief Luft, entspannt sich. Die Menschentraube teilt sich, ein Polizist sieht auf Ina, Gaston und die alte Frau hinab.
„Was ist hier los?“, fragt er.
Mühsam richtet Gaston den Oberkörper auf. „Irgend so ein Idiot hat mich auf der Treppe gestoßen“, sagt er.
„Brauchen Sie einen Arzt?“
„Ich glaube nicht.“ Gaston streckt dem Polizisten die Hände entgegen. Der zieht ihn langsam auf die Beine. Dann macht er ein Handzeichen in Richtung der alten Frau. Sie erhebt sich schwerfällig, rafft ihre Röcke und nimmt ihr Körbchen. Sie streicht Ina sanft über den Arm, geht murmelnd davon.
„Warum haben sie sie weggeschickt?“, fragt Ina.
„Wäre sie geblieben, hätte ich sie mit aufs Revier nehmen müssen“, sagt der Polizist. „Ihre Besuchserlaubnis ist abgelaufen.“
Gaston ergreift Inas Arm. Langsam gehen sie Stufe für Stufe die Treppe hinauf.

Sie können nicht sehen, dass nur etwa hundert Meter Luftlinie entfernt, ein dunkelgekleideter junger Mann einen Obdachlosen mit den Füßen traktiert. Er tritt dem auf der Erde sitzenden immer wieder gegen den Oberschenkel.
„Ich höre nichts, du sollst danke sagen, los sag es.“ Die Tritte werden härter, der Mann am Boden reagiert nicht.
Erst ein heftiger Tritt in die Seite lässt ihn zusammenzucken. Langsam hebt er den Kopf, schaut seinen Peiniger an. Der zuckt zurück, sagt um Fassung ringend: „Vater, Du? Das ist nicht möglich! Du bist tot.“
Im gleichen Moment liegt er hilflos auf dem Boden, über ihm steht der Obdachlose mit dem Gesicht seines Vaters, sieht ihn mit dessen Augen an, greift nach seinem Gepäck und ist verschwunden. Der junge Mann reibt sich die Augen, richtet sich vorsichtig auf, schaut sich ungläubig um. Einige Fußgänger gehen achtlos an ihm vorüber.

Genauso achtlos läuft Konrad Ludewig in einer Großstadt im Norden an einem Straßenmusikanten vorbei. Er hat es eilig, er ist mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, des Stromversorgers der Gegend, verabredet. Ein paar Minuten später sitzen sie einander gegenüber, unterhalten sich angeregt über das gewonnene Fußballländerspiel. Nach einer viertel Stunde blickt der Aufsichtsratsvorsitzende auf seine Uhr, zieht einen Umschlag aus dem Jackett, reicht ihn Ludewig.
„Leider habe ich nicht mehr Zeit. Morgen ist die Abstimmung, sie wissen, was sie zu tun haben“, sagt er und steht auf. Schweigend steckt Ludewig den Umschlag ein, erhebt sich, legt einen Geldschein auf den Tisch. Sie wechseln noch ein paar Worte und gehen auseinander.
Ludewig macht sich auf den Weg zu seinem kleinen Appartement, das er die Woche über bewohnt. Unterwegs kauft er einige Lebensmittel, kramt sich im Fahrstuhl einen Apfel hervor. In der vierzehnten Etage gibt es einen sanften Ruck, der Fahrstuhl bleibt stehen, Ludewig hätte sich beinahe verschluckt.
„Das kann nicht wahr sein“, stöhnt er, drückt den Notrufknopf und fischt aus der Hosentasche sein Handy. „Kein Empfang, auch das noch.“ Er lehnt sich gegen die hintere Wand, setzt sich nach einer Weile auf den Boden. Über eine Stunde geschieht nichts, dann flackern die Leuchten. Ludewig schließt für einen Moment die Augen.
„So fühlt es sich an, wenn benötigter Strom nicht da ist“, sagt eine freundliche Stimme. Ludewig springt auf die Füße, drückt sich gegen die Wand und schaut entsetzt auf sein Gegenüber. Er sieht einen kleinen weißhaarigen, kräftig gebauten Mann, mit fein gezeichneten dunklen Augenbrauen, unter denen blaue Augen blitzen.
Ludewig bringt kein Wort heraus, schaut nach rechts, nach links, nach oben, als wolle er herausfinden, woher der Mann gekommen ist.
„Wenn du morgen“, der Mann tippt auf die Brusttasche von Ludewig, „ deine Stimme abgibst, denke daran, es könnte Menschen geben, denen du es unmöglich machst ihren Strom zu bezahlen, die in Not geraten, im Dunkeln sitzen, keine Wärme haben.“
Ein leichter Ruck, das Licht flackert, es wird dunkel und wieder hell. Ludewig ist allein.
Die Ziffern über der Tür leuchten auf. Fünfzehn, sechzehn, siebzehn, achtzehn. Eilig verlässt er den Aufzug, sieht sich immer wieder um
 

Garde

Mitglied
José Loyez schaut auf sein Handy, verzieht die Mundwinkel. Er hat eine Mitteilung an seine Bank verfasst. Löst er sie aus, wird es mit großer Sicherheit Unruhe an der Börse geben. Manchmal genügt dazu ein Hüsteln, seine Worte sind eine Ansage. Sie werden ihm einige Millionen Dollar bescheren.
Er lässt den Blick über das Haus, den perfekt angelegten Garten, den Swimming Pool, über die Bucht von Palma wandern. Vor zwei Jahren hat er dieses Anwesen errichten lassen. Es ist eines von fünf, verteilt über den Erdball.
„Bedenke, tausend Menschen könnten ihren Job verlieren“, sagt eine dunkle, warme Stimme.
Erschreckt schaut José sich um, springt auf. Vor ihm steht, wunderschön anzuschauen, Lycil. Langes schwarzes Haar, tiefblaue Augen, schmale Taille. Sie lächelt, die weißen Zähne blitzen.
„Tue es nicht“, sagt sie und umarmt ihn. „Du hast mehr als du brauchst.“ Sie breitet die Arme umfassend aus.
„Woher weißt du…? was machst du hier?“, stottert José, schaut sich unsicher, suchend um.
Lycil lässt sich geschmeidig auf dem Rand des Swimming Pools nieder, planscht mit den Füßen im türkisfarbenen Wasser. Sie deutet neben sich. José zieht seine Strümpfe aus.
„Wie geht es dir?“, fragt er und betrachtet Lycil bewundernd von der Seite.
„Mir geht es gut“, sagt sie, zeigt auf sein Handy. „Danach wird es nicht mehr so sein. Meine Kinder und ich, wir verlieren unsere Existenz und mit uns mehr als tausend Menschen.“
Ernst schaut sie ihn an. „Durch einen Klick werden wir keine Arbeit mehr haben. Du bekommst einige Millionen hinzu, die du nicht benötigst. Wo ist dein Gefühl für Gerechtigkeit?“
Unsicher legt José das Handy auf die Marmorfliesen.
„Ich mache das, was ich tun muss, das ist das Geschäft.“
„Es ist ein schmutziges Geschäft, das die Reichen immer reicher werden lässt, und die Armen in den Abgrund treibt.“
„Das könnte alles dir gehören“, sagt José, zeigt auf den Pool, das Haus.
„Ich bin glücklich mit dem was ich habe. Lass es mir“, sagt Lycil. Sie zieht die Füße aus dem Wasser, erhebt sich.
„Ich habe großen Durst. Hast du ein Glas Wasser für mich?“ Sie streckt José die Hand entgegen und hilft ihm hoch.
„Sofort.“ José eilt in die Küche, greift eine Flasche Mineralwasser und zwei Gläser. Zurück am Pool, schaut er sich verwundert um, Lycil ist verschwunden.
Das Handy liegt auf dem Tisch, ein weißer Zettel lugt darunter hervor.
José überfliegt die akkurat geschriebenen Zeilen, greift entschlossen nach dem Handy. Er steckt es ein, verschließt gewissenhaft alle Türen und geht zur Garage. Wenige Zeit später braust er in seiner schwarzen Limousine die Auffahrt hinunter.

Annähend zur gleichen Zeit verlassen, einige hundert Kilometer von Palma entfernt, Ina und Gaston die Bahnhofshalle. Sie bleiben ein paar Sekunden, von der Sonne geblendet, stehen, gehen auf die lange Treppe zu, die zum Domvorplatz führt. Auf der untersten Stufe sitzt eine alte Frau, in einer abgenutzten grauen Jacke, das weiße Kopftuch unter dem Kinn gebunden, den bunten Rock um sich drapiert, im Schoße ein Körbchen.
Ina greift in ihre Tasche und wirft ein Geldstück in den Korb.
„Du bist verrückt, der etwas zu geben. Die hat bestimmt mehr als du und lacht sich halbtot über dich“, knurrt Gaston.
Überrascht sieht Ina ihn an. „Wie kommst du auf diese Idee? Mir tut die alte Frau leid.“
„Darauf spekuliert sie. Überlege doch mal, warum sitzt sie hier? Warum meldet sie sich nicht beim Sozialamt? In unserem Land muss sich niemand auf die Straße setzen und betteln.“
„Bist du dir sicher?“, sagt Ina. „Warum kannst du nicht einfach einmal Mitleid empfinden. Wo sind deine Gefühle vergraben? Du wirst täglich härter.“
„Blödsinn“, schnauzt Gaston. „Ich bin lediglich realistisch und male mir die Welt nicht schön.“ Er hat nicht ganz ausgesprochen, als er mit einer dunklen Gestalt, die wie aus dem Nichts vor ihm auftaucht, zusammenprallt, strauchelt und rückwärts die bereits erklommenen Stufen hinunterfällt. Er landet neben dem Rocksaum der alten Frau. Mit schmerzverzerrtem Gesicht versucht er sich aufzurichten, stößt einen kurzen Schrei aus und bleibt schwer atmend liegen.
Die alte Frau rutscht auf den Stufen näher an ihn heran, beugt sich über ihn, murmelt vor sich hin.
Ina hockt sich neben ihn. „Um Gotteswillen Gaston, hast du dir sehr weh getan?“
Es versammeln sich immer mehr Menschen um sie herum. Die alte Frau schiebt die Hände unter den Kopf von Gaston, tastet vorsichtig seine Wirbelsäule hinab.
„Nichts kaputt, viel Schreck“, sagt sie und massiert ihm den Nacken. Er holt tief Luft, entspannt sich. Die Menschentraube teilt sich, ein Polizist sieht auf Ina, Gaston und die alte Frau hinab.
„Was ist hier los?“, fragt er.
Mühsam richtet Gaston den Oberkörper auf. „Irgend so ein Idiot hat mich auf der Treppe gestoßen“, sagt er.
„Brauchen Sie einen Arzt?“
„Ich glaube nicht.“ Gaston streckt dem Polizisten die Hände entgegen. Der zieht ihn langsam auf die Beine. Dann macht er ein Handzeichen in Richtung der alten Frau. Sie erhebt sich schwerfällig, rafft ihre Röcke und nimmt ihr Körbchen. Sie streicht Ina sanft über den Arm, geht murmelnd davon.
„Warum haben sie sie weggeschickt?“, fragt Ina.
„Wäre sie geblieben, hätte ich sie mit aufs Revier nehmen müssen“, sagt der Polizist. „Ihre Besuchserlaubnis ist abgelaufen.“
Gaston ergreift Inas Arm. Langsam gehen sie Stufe für Stufe die Treppe hinauf.

Sie können nicht sehen, dass nur etwa hundert Meter Luftlinie entfernt, ein dunkelgekleideter junger Mann einen Obdachlosen mit den Füßen traktiert. Er tritt dem auf der Erde sitzenden immer wieder gegen den Oberschenkel.
„Ich höre nichts, du sollst danke sagen, los sag es.“ Die Tritte werden härter, der Mann am Boden reagiert nicht.
Erst ein heftiger Tritt in die Seite lässt ihn zusammenzucken. Langsam hebt er den Kopf, schaut seinen Peiniger an. Der zuckt zurück, sagt um Fassung ringend: „Vater, Du? Das ist nicht möglich! Du bist tot.“
Im gleichen Moment liegt er hilflos auf dem Boden, über ihm steht der Obdachlose mit dem Gesicht seines Vaters, sieht ihn mit dessen Augen an, greift nach seinem Gepäck und ist verschwunden. Der junge Mann reibt sich die Augen, richtet sich vorsichtig auf, schaut sich ungläubig um. Einige Fußgänger gehen achtlos an ihm vorüber.

Genauso achtlos läuft Konrad Ludewig in einer Großstadt im Norden an einem Straßenmusikanten vorbei. Er hat es eilig, er ist mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, des Stromversorgers der Gegend, verabredet. Ein paar Minuten später sitzen sie einander gegenüber, unterhalten sich angeregt über das gewonnene Fußballländerspiel. Nach einer viertel Stunde blickt der Aufsichtsratsvorsitzende auf seine Uhr, zieht einen Umschlag aus dem Jackett, reicht ihn Ludewig.
„Leider habe ich nicht mehr Zeit. Morgen ist die Abstimmung, sie wissen, was sie zu tun haben“, sagt er und steht auf. Schweigend steckt Ludewig den Umschlag ein, erhebt sich, legt einen Geldschein auf den Tisch. Sie wechseln noch ein paar Worte und gehen auseinander.
Ludewig macht sich auf den Weg zu seinem kleinen Appartement, das er die Woche über bewohnt. Unterwegs kauft er einige Lebensmittel, kramt sich im Fahrstuhl einen Apfel hervor. In der vierzehnten Etage gibt es einen sanften Ruck, der Fahrstuhl bleibt stehen, Ludewig hätte sich beinahe verschluckt.
„Das kann nicht wahr sein“, stöhnt er, drückt den Notrufknopf und fischt aus der Hosentasche sein Handy. „Kein Empfang, auch das noch.“ Er lehnt sich gegen die hintere Wand, setzt sich nach einer Weile auf den Boden. Über eine Stunde geschieht nichts, dann flackern die Leuchten. Ludewig schließt für einen Moment die Augen.
„So fühlt es sich an, wenn benötigter Strom nicht da ist“, sagt eine freundliche Stimme. Ludewig springt auf die Füße, drückt sich gegen die Wand und schaut entsetzt auf sein Gegenüber. Er sieht einen kleinen weißhaarigen, kräftig gebauten Mann, mit fein gezeichneten dunklen Augenbrauen, unter denen blaue Augen blitzen.
Ludewig bringt kein Wort heraus, schaut nach rechts, nach links, nach oben, als wolle er herausfinden, woher der Mann gekommen ist.
„Wenn du morgen“, der Mann tippt auf die Brusttasche von Ludewig, „ deine Stimme abgibst, denke daran, es könnte Menschen geben, denen du es unmöglich machst ihren Strom zu bezahlen, die in Not geraten, im Dunkeln sitzen, keine Wärme haben.“
Ein leichter Ruck, das Licht flackert, es wird dunkel und wieder hell. Ludewig ist allein.
Die Ziffern über der Tür leuchten auf. Fünfzehn, sechzehn, siebzehn, achtzehn. Eilig verlässt er den Aufzug, sieht sich immer wieder um
 



 
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