Warum

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T

Trainee

Gast
Hallo Ralf,
ich bin bekanntliche keine Freundin willkürlicher Wortzerstückelungen. Aber deine sind es an keiner Stelle.
Vielmehr empfinde ich das Gedicht als echtes und sinn(!)- reiches Experiment - wobei mir die erste Versgruppe etwas überzeugender als die zweite rüberkommt.
Aus meiner Sicht ist Zeichensetzung in diesem Gedicht eher störend, insbesondere nach "heißt."

war um

war um die zeit
war kurz war jüngst
war längst schon
unbegriffen

war stein war sand
war heißt
die zeit
die schon gewesen

war denk war wund
war mahn war mal
die zeit war mein
war dein war hieroglyph
war zeil und stroph
war ur die zeit
war
faslch [soll das falsch heißen?]

verstanden
Es bleibt zu überlegen, ob alle Wortverkürzungen der zweiten Tetgruppe nötig sind, bzw. verstärkend wirken:

war denk war wund
war mahn war mal
die zeit war mein
war dein war hieroglyphe
zeile strophe
ur die zeit
war
falsch

verstanden
Kannst ja mal dein Philosophenhirn durchkämmen ... :)

Als Experiment finde ich den Text bemerkenswert und gelungen. Klanglich mantraartig.
Kurzum: gut!

Anerkennende Grüße
Trainee
 

revilo

Mitglied
war um

war um die zeit
war kurz, war jüngst
war längst schon
unbegriffen

war stein, war sand,
war heisst,
die zeit
die schon gewesen

war denk, war wund
war mahn, war mal
die zeit, war mein,
war dein, war hieroglyph
war zeil und stroph
war ur die zeit
war
faslch

verstanden ?


Grüß Dich, schön mal wieder etwas von Dir zu lesen...ich finde es gut, dass Du neue Wege gehst...das traut sich nicht jeder....inhaltlich erinnert es mich an den guten, alten Faust (" da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor") oder an die Sesamstraße (" Wer, wie, was, wieso, weshalb warum, wer nicht fragt, bleibt dumm").....

Ich persönlich bin immer noch ein Frager und stelle hier hemmungslos Fragen, wenn ich etwas nicht weiß, während so mancher hier mit heimlich und eilig erguuhgeltem Wissen glänzt....

allerdings gibt es in diesem Text für meinen Geschmack zu viel "war"....dadurch wirkt es ein wenig aufgesetzt.....

LG revilo
 
S

shoshin

Gast
Lieber Ralf,

Also ich vermute der Text ist auf Tick-Tack aufgebaut, was natürlich was hat.

Aber "Hieroglyph" und vor allem:
war zeil und stroph
klingt schon ziemlich sonderbar, also patschert eigentlich,
dafür ist es zuwenig expermimentell,
vielleicht ginge noch mehr (auf tick-tack oder tack-tick) zu verdichten,
zB so, obwohl mir die erste Strophe ohnehin wie sie ist noch
am Besten von allen gefällt:

war um die zeit
war kurz, war jüngst
war längst schon
unbegriffen


Ja, die Strophe ist wirklich gut, vielleicht solltest du es überhaupt dabei lassen, da hier die war noch erträglich sind oder aus dem Folgenden Strophen noch die Essenz herausfischen, also extrem kürzen - aber trotzdem, nur als Beispiel, was ich meine:

war um die zeit
kurz jüngst längst schon
war unbegriffen



Mit der zweiten Strophe

war stein, war sand,
war heisst,
die zeit
die schon gewesen



kann ich nicht viel anfangen, aber extremer auf "Sanduhr":

war stein sand heißt
die zeit gewesen

Na ja, hab nur so nachgedacht, wie man die mich störenden "war" wegbringen könnte.

Fazit: Es ist gut wie es ist, aber um der tollen ersten Strophe gerecht zu werden, müsste mE am Folgenden noch ein bisschen gefeilt werden. Jedenfalls unbedingt die Komma wegmachen und das Fragezeichen oder überhaupt "verstanden" entfernen.

LG
shoshin
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo miteinander,
Danke für die guten Kommentare.
Ich werde gerne in den nächsten Tagen ein wenig erklären worum es mir sprachlich und syntaktisch geht.
Alles - wie so oft bei mir - sehr verkopft.

So viel vorweg:
Ich werde ein paar Sachen dank eurer Aufmerksamkeit ändern
Lg
Ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
war um

war um die zeit
war kurz, war jüngst
war längst schon
unbegriffen

war stein war sand
war heisst
die zeit
ist schon
gewesen

war denk war wund
war mahn war mal
die zeit war mein
war dein war hieroglyph
war zeil und stroph
war ur die zeit

war
scheinlich
 

Ralf Langer

Mitglied
nach - gedacht

Hallo miteinander,

dies ist ein Experiment meinerseits. Auf der Suche nach anderen Ausdrucksformen, nähere ich mich anscheinend dem „verpielten“.

Dieser Text soll „ein-silbig“ wirken, ja und mantrahaft durch seine Wiederholungen. Diese Wiederholungen sollen auf verschiedene Aspekte des Wortes:

War – Wahr ; war um – warum; wahr um

deuten.

Es sind nur Anstöße, die in Denkrichtungen verführen sollen.

Tatsächlich denke ich also, das ich die Häufungen des Wortes hier sozusagen benötige.

Ich habe die Zeichensetzungen nun aufgelöst.
Und mit dem Ende haderte ich und habe es in einen andere Richtung aufgelöst.

Aber auch hierüber denke ich noch nach.

Auch überlege ich ob ich nicht die Strophen auflöse und daraus einen „Fließtext“ gestaltete. Dieser „Fließtext“ käme glaube ich meinen eigenen Vorstellungen am nächsten.

Bis dann.
Ralf
 
S

shoshin

Gast
Du hast noch ein Komma vergessen.

War – Wahr ; war um – warum; wahr um
Aha? Auf diese Absicht in Bezug auf "wahr" wäre ich nicht gekommen. wahr als Gegensatz zu unwahr, gelogen, falsch?

Warum dann "wa(h)r scheinlich"?

LG
 

revilo

Mitglied
Hallo Gegenbremenverkacker......ich stolperte über das "verkopft" in deinem Kommentar........ja, das Gedicht ist verkopft......fang doch mal wieder das Leben ein...ich denke da an Deinen Text Eckbank ....hieß er so???...es ging über Deinen Vater.........in deinem Lenz müssten doch die Geschichten nur so sprudeln....schreib sie auf........ich hoffe, ich trete dir nicht zu nahe.....LG revilo
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hervorragend, lieber Ralf,

mit perfekter musikalischer Rhythmik.
Ich weiß, die Leser, die merken, daß es "glatt" läuft, jammern schnell übers Geleier, aber es fließt gut, und zwar so, daß die "war"-Schritte immer den unbetonten Ansatz halten, die anderen aber eine Prädikat-Betonung hervor-zeigen.

war stein war sand
war heisst
die zeit
ist schon
gewesen
Hier war es wichtig, die Kommata wegzunehmen: ich verstehe es so: "war" heißt: "die zeit ist schon gewesen"; und darin enthalten ist auch das kürzere "war" heißt "die zeit"; und desweiteren das englische Wort für "Krieg".
Die Prädikatsnomina davor - unbetonte Kopula "war", dann betont "stein", "sand" - sind schon Konkreta (nicht bloße Metaphern) der Vergangenheit; es ist an dieser Stelle reizvoll, daß das dritte "war" dieser Strophe nur scheinbar ein Trikolon ansetzt, in Wirklichkeit aber die Satzkonstruktion umbricht, weil dieses dritte "war" nun definiendum einer Worterklärung wird, nicht mehr bloße Kopula; das Prädikat ist ja jetzt "heisst", wie vorhin dargelegt.

Ich bin sonst der "Zeit"-Verse, die mehr Plattitüden als Überraschungen bieten, ein wenig müde, aber hier, vor allem durch die knappe Sprache und die Iamben mit den unbetonten "war"-Schritten und den kräftigeren Prädikatsschritten, durchbrochen von Perspektive-Wechseln (wie am Beispiel vorhin gezeigt), gibt es eine kluge Perlenkette, eine bunte, aus Kieseln und Glassplittern. Kein bloßer Schmuck.

Wollte nur sagen, daß das genauere Hinschauen lohnt. Ein Lied, das den Leser hineinzieht in die Schrittfolgen, Blickwechsel. Schon durch den faszinierenden Anfang mit dem "war um"-Wortspiel.

Ich wollte nur ein mittleres Beispiel herausgreifen, es gibt natürlich jede Menge mehr, keine Frage.

Wunderbar!

grusz, hansz
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Hansz,
herzlichen Dank vor allem für die musikalische Analyse.
Ich möchte gerne zu einem späteren Zeitpunkt auf deinenKommentar eingehen.
Lg
Ralf
 
S

shoshin

Gast
Lieber Ralf,
Lustiger Weise lässt mich dieses kleine Dings auch nicht los. Ja, vermutlich, weil es wie ein Mantra wirkt.

Du schreibst:
Ich habe die Zeichensetzungen nun aufgelöst.
Und mit dem Ende haderte ich und habe es in einen andere Richtung aufgelöst.

Aber auch hierüber denke ich noch nach.

Auch überlege ich ob ich nicht die Strophen auflöse und daraus einen „Fließtext“ gestaltete. Dieser „Fließtext“ käme glaube ich meinen eigenen Vorstellungen am nächsten.
Ich weiß nicht, ob du das magst, dass mit deinem Textmaterial gearbeitet wird, wenn nicht, bitte rüge mich, und ich lass es in Zukunft. Ich hätte es auch gelassen, wenn ich meine Gedanken theoretisch hätte ausdrücken können.

Vielleicht ist das jetzt zu melodisch (leiernd), aber ich denke mir, wenn es um die Zeit geht, darf es ruhig dahinlaufen - Die Überlegung: Ich meinte ja schon beim ersten Kommentar das "Tick-Tack" zu erkennen, und ausgehend von der ersten Strophe ist es aber auch eine runde Bewegung der Zeiger am Ziffernblatt - wobei die Strophe2, sowas wie ein Stundenschlag ist.

Das "war heißt:" "war" würde ich hier jedenfalls kursiv schreiben, dass das ein anderes Gewicht hat und stärker zu betonen ist, weil man dort sonst aus dem Rhythmus heraus immer schwach betont und das den Sinn stört bzw. keinen ergibt.

Ich habe also (zu Vergleichzwecken für dich) den (melodischen) Versbau der erste Strophe (die mir besonders gut gefällt) aufgenommen und fortgeführt, vor allem aber weil mich die die aufgesetzten Verkürzungen "Hiroglyph", "Zeil" und "Stroph" , die ich - mit Verlaub - so richtig hässlich finde, nicht aus dem Kopf - vielleicht bleiben also "Satz und Vers" auch im Rahmen der gewollten Aussage (?) und muss man so der armen Hieroglyphe nicht Gewalt antun und kann sie ihre schöne weiche, weibliche Rundung behalten ;)

Aus "wahr scheinlich" - was mir da am Ende doch ein bisschen verloren steht - habe ich zugunsten des Rhythmus verlängert und "war scheinlich / wahr verschwommen" gemacht, was vielleicht auch deiner Intention entsprechen könnte. Viel Spaß noch bei deiner Arbeit daran.


Lieben Gruß
shoshin


war um die zeit
xXxX
war kurz war jüngst
xXxX
war längst schon
xXx
unbegriffen
XxXx

XxXx
war stein war sand
xXxX
war heisst:
(X)X
die zeit
xX
ist schon
xX
gewesen
xXx

war denk war wund
xXxX
war mahn war mal
xXxX
die zeit war
xXx
hieroglyphe
(X)xXx

war satz und vers
xXxX
war dein war mein
xXxX
war ur die zeit
xXxX
war scheinlich
xXx
wahr verschwommen.
XxXx
 



 
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