Weihnachten auf dem Mars

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zedertochter

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Eigentlich war es nur ein Geschenk für die Tutoren meiner Klasse, und zum Vorlesen gedacht; aber vielleicht passt diese Geschichte auch noch hierhin, wenn die Weihnachtszeit schon vorbei ist.

Weihnachten auf dem Mars

Es ist Markt auf dem Mars. Weihnachtsmarkt, um genauer zu sein. Und um noch genauer zu sein: Es ist Weihnachtsmarkt in Zanim, einer Stadt auf dem Mars. Rufe wie: „Keken! Cockies! Keken und Cockies zu verkaufen!“, „Fischas! Frische Fischas!“ und „Nemulbs! Die schönsten Nemulbs der Welt! Ob Esors oder Nepluts, hier gibt es alles!“ schallen durch die Straßen. Aber sie werden kaum gehört, denn alle Marsianer schnattern aufgeregt miteinander. Warum? Nun, es ist ja bald Weihnachten. Und deswegen wird natürlich überall gefragt:“ Was kaufst du deinem Sohn? Und deiner Tochter? Ich kaufe ein hübsches Spielzeugotua! Und dein Mann? Was wünschst du dir?“ Aber wenden wir unsere Aufmerksamkeit einem bestimmten Punkt zu. Dort, zwischen zwei Ständen sehe ich etwas. Ja genau, ich meine zwischen dem Fischa- und dem Otuastand. Dort steht ein kleiner Marsianer. Ich meine den mit den schwarzen Haaren. Der, bei dem die Haare so abstehen, bei dem die Spitzen so lila gefärbt sind! Ja genau den, der dieses blonde Pony hat. Sieht für einen Erdling natürlich echt komisch aus, aber auf dem Mars ist das eine ganz natürliche und normale Haarfarbe. Dieser Marsianer heißt Iguy und steht ziemlich verloren da. Der sieht aber auch echt traurig aus. Ist er aber nicht. Warum sieht er dann so traurig aus? Nun, das hat einen ganz einfachen Grund: Auf dem Mars ist es so, dass man ein trauriges Gesicht macht, wenn man glücklich, und ein glückliches Gesicht, wenn man traurig ist. Also ist Iguy jetzt überglücklich. Also wenden wir jetzt unsere volle Aufmerksamkeit auf ihn, und beobachten einfach mal, was passiert.

„Was wird Mama wohl für eine Ennat ausgesucht haben? Ich will eine große, eine schöne Ennat! Das soll eine ganz tolle Weihnachtsennat werden! Und ich werde sie ganz alleine schmücken!“, denkt Iguy. Sehnsüchtig schaut er auf einen Stand. Ein Mann, der dort steht, ruft:
„Beste, einzigartige Erdenware! Frisch importiert! Die Fortbewegungsmittel der Erdlinge: Autos! Statt in Otuas zu fliegen, fahren sie auf der Erde rum, und bauen ständig Unfälle!“ Lachen ertönt überall.
„Oder ein Buch! Sie lesen das, um schlauer zu werden! Wer also keinen Lernomat 790 x 2000 benutzt, kann sich hier ein Buch kaufen! Vorausgesetzt natürlich, er macht sich die Mühe, wie die Erdlinge lesen zu lernen!“
Erneut lachen die Marsianer. Nur Iguy bleibt still. Er wünscht sich so ein Buch zu Weihnachten. Er möchte lernen, wie die Erdlinge zu denken, zu fühlen, zu leben. Denn eines hat er sich fest vorgenommen: Er möchte einmal in einem Raumschiff die Erde bereisen. Aber dazu muss er alles über die Bewohner der Erde lernen, und das ist schwer. Außerdem war sein Lernomat kaputt gegangen, und zur Strafe, weil er dran schuld war, muss er eine Woche lang in die Schelu gehen. Da ist das Lernen viel schwerer, und er bemerkte mit der Zeit, dass er überhaupt nichts von dem kapierte, was er lernte. Und wenn ihm das schon so schwer viel, würde es ihm noch schwerer fallen, die Sprachen der Erdlinge zu lernen, denn diese haben ja ganz viele verschiedene Sprachen. Iguy seufzt tief.
„Warum müssen die Erdlinge nur so kompliziert sein?“, fragt er sich.
„Iguy, kommst du?“
„ Was?“, fragt Iguy und schaut auf. Neben ihm steht sein großer Bruder, Etos.
„Du sollst mitkommen, Mama sagt, dass sie uns noch eine Tafel Edalokosch kaufen will.“ „Klasse! Sag mal, Etos, was heißt Edalokosch eigentlich in Erdisch?“, fragt Iguy, während sie zu ihrer Mutter gehen. Sein Bruder ist nämlich ein Experte in Sachen Erde. Er kennt auch eine Sprache, nämlich Deutsch. Er kann auch etwas Englisch und ein paar Worte Italienisch, Französisch, Japanisch und Latein. Darauf ist er ganz stolz und er gibt immer damit an. Etos überlegt kurz, dann sagt er:
„In Deutsch heißt Edalokosch Schokolade und in Englisch heißt sie Chocolate!“
„Wow, wie du dir das alles immer merkst!“ Bewundernd schaut Iguy seinen großen Bruder an.
„ Übung macht den Meister!“, lacht Etos, „schau mal, da vorne steht Mama! Rennen wir um die Wette! Wer zuerst da ist, kriegt ein Stück Edalokosch von dem anderen! Und los!“
Und schon ist er weg.
„Das ist gemein! Warte!“, schreit Iguy und wetzt los. Natürlich schafft er es nicht mehr, Etos zu überholen.
„Haha, du hast verloren!“, lacht Etos.
„Das ist nicht wahr! Du hast geschummelt!“, entgegnet Iguy.
„Wieso? Ich hab nur das Startsignal gegeben! Was kann ich denn dafür, wenn du nicht aufpasst?“
„Du hättest-“
„Jetzt ist aber Schluss!“, unterbricht ihre Mutter die Diskussion, „morgen ist Weihnachten, und wir haben noch keine Cockies gebacken! Wir müssen nach Hause!“
„Klasse, Cockies!“, jubelt Iguy, „und wir müssen noch unsere Ennat schmücken! Du hast doch eine gekauft, oder?“
Neugierig sieht er sich um.
„Ach, die hat euer Papa mit nach Hause genommen. Er ist schon mit dem Otua weg, wir fahren mit dem Sub heim.“, erklärt Mama.
„Och nö, der Sub ist doch blöde…“, mault Etos, aber er kann die Entscheidung natürlich nicht ändern.

Als sie zu Hause ankommen, rennt Iguy natürlich gleich zu ihrer Weihnachtsennat.
„Wow, das ist bestimmt die größte Ennat der Welt!“, rief Iguy.
„Und ich werde sie ganz allein schmücken!“, fügt er stolz hinzu.
„Natürlich, letztes Jahr hatten wir ja leider keine Ennat…“
Trauer umspielt die Züge der Mutter, als sie daran denkt, dass sie letztes Jahr kaum genug Geld für Geschenke, geschweige denn für eine Weihnachtsennat hatten.
„Aber dafür kannst du nicht mit uns Cockies backen!“, setzt sie hinzu.
„Kein Problem!“, meint Iguy großmütig, „den Weiberkram, wie backen, überlasse ich gerne Etos!“
„Sehr witzig.“, sagt Etos trocken, „wir wissen doch alle, wie gerne du die Cockies backen würdest.“
Er, die Mutter und der Vater gehen in die Echük, um anzufangen.
Iguy holt sich den Karton mit den Christmuabkugeln, den Aufhäng- Engeln, Sternen und Weihnachtsmännern und dem Attemal.
Dann beginnt er, die Ennat zu schmücken. Zuerst hängt er die Kugeln auf. Die goldenen, die silbernen, die roten und zuletzt auch noch die blauen. Jetzt ist die Ennat schon voll. Aber Iguy reicht das noch nicht, er hängt in jede freie Stelle noch einen Engel, einen Stern oder einen Weihnachtsmann. Zuletzt schmeißt er noch Attemal auf die Ennat.
„Schade, dass ich nicht auch den schönen Stern auf die Spitze setzen kann…“, denkt Iguy und
Dann fällt ihm etwas ein: „Eine Lichterettek fehlt noch! Mann, bin ich blöd!“
Schnell holt er sie aus dem Karton und hängt sie auf den Baum. „So ist es schön! Jetzt fehlt nur noch die Spitze!“
„Was höre ich da? Die Spitze fehlt noch?“, ertönt die Stimme des Vaters hinter ihm, „na dann muss du sie ganz schnell draufsetzen! Nimm den Stern!“
„Was?“, fragt Iguy und dreht sich um, „Ich bin doch viel zu klein!“
Aber er nimmt den Stern in die Hand.
„Und jetzt - pass auf!“, sagt der Vater und hebt ihn hoch, „kommst du dran? Jaaah, sehr schön. So, so sitzt sie gut. Sieht doch prima aus!“

Am nächsten Tag, am Heiligabend, sitzen alle vor der Weihnachtsennat, und Iguy hält glücklich zwei Sachen in der Hand: Ein Buch über Erdlinge, dass ihn auf seine zukünftige Reise vorbereiten soll, und eine Ausbildung für das Leben auf der Erde, die er aber erst in einem Jahr antreten wird. Vielleicht sehen wir ihn dann einmal?
 



 
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