Wenn Träume leise Schatten tragen

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Aragorn

Mitglied
Wenn Träume leise Schatten tragen


Jetzt wo du weg bist,
meine Räume scheinbar enger werden,
die Fenster lautlos schreien
und Türen alle Wege versperren,
wage ich kaum mehr zu atmen,
da jedes Molekül verschwände
und ich Angst habe,
dass nicht einmal unsere Luft,
mich einmal noch umarmen könnte.

Nun seit du fort bist,
bleibe ich reglos hinter Gardinen,
schaue in traurige Laternen
und wünschte mir,
die schneenasse Straße
wäre heute jene,
die dich bringen würde
und nicht der Tod eines kleinen Traumes,
der jedes Mal geht,
mit einem Abschied.

Seit du mir sagtest was Träume sind,
du mir zeigtest,
was wahr und richtig ist,
deine Arme das Vertrauen gaben,
was ich jeher ersehnte,
schäme ich mich für all die Zweifel,
die zwischen meinen Betonwänden,
wie giftige Pilze wuchsen
und mich zu meinem eigenen Feind machten.

Heute ist grausam,
meine Wünsche gehen über
in blinde Phantasien,
meine Augen blicken suchend
in jedes Zimmer
und eingrollt in deiner Bettdecke,
glaube ich
dich kurz zu spüren...

© Ara 20.11.2005​
 

Zarathustra

Mitglied
hallo Aragorn

Wenn Träume leise Schatten tragen,

sind schöne Verse, ein wunderschönes Gedicht ist es nicht. Eine Kaskade von authentischen Gefühlen; - aber mir fehlt

- entschuldige bitte -

das was Lyrik ausmacht:

Die Verdichtung der Worte;
das offenhaltlen für Interpretation,

Du hast in deinem Gedicht schon alles gesagt, was zu sagen ist. Dem Leser bleibt nur eines: Mitfühlen!

Liebe Grüsse aus München
Hans
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Aragorn,

mir gefällt Dein Gedicht, weil es tiefe Gefühle und eine von vielen möglichen Formen des Umgangs mit ihnen in den Mittelpunkt stellt.

"...und mich zu meinem eigenen Feind machten."
Manchmal stehen wir unserem Glück selbst im Weg, damit hast Du recht. Aber manchmal sind es durchaus auch andere, die uns ihre einseitige Sichtweise aufzwingen wollen. Dann ist Abstand oft die beste aller Lösungen. Du hast das Wort Liebe nicht erwähnt - wenn wirklich Liebe im Spiel war, wird sie fortbestehen, auch wenn das auf den ersten Blick manchmal ganz anders aussieht.
Zum Glück kann jede/r jederzeit damit anfangen, das Bild, dass er/sie von sich und von anderen hat, zu überdenken.

"Das was Lyrik ausmacht" kann m.E. nur der entscheiden, der sich die Welt der Lyrik in handliche Planquadrate aufteilt. Ich denke, Lyrik kann viel mehr sein als nur das. Dein Text ist ein schöner Beweis dafür.

Gruß, NDK
 
B

bonanza

Gast
na ja, der titel ...
aber der verfasserin sind die zeilen abzunehmen:
die sehnsucht, die traurigkeit ...

stark.

bon.
 

Aragorn

Mitglied
Zarathustra,

Wer bist Du, dass Du entscheiden kannst was Lyrik ist und was nicht? Ein Gedicht was zum mitfühlen anregt, ist im rechten Sinne und Du wiedersprichst Dir selbst! Hast Du einen Baukasten womit Du Gedichte bastelst, oder schreibst Du aus Gedanken, von Gedanken?

Und bitte beantworte mir eine Frage: Was macht Lyrik aus?

NDK,

Vor allem Dein letzter Absatz kommt bei mir sehr, sehr gut an und ich möchte genau dies am liebsten unterstreichen! Vielen Dank für das Lob!

Lieber Bon,

...öhm Danke!


Einen schönen Tag zusammen!

Ara
 

Zarathustra

Mitglied
Hallo Aragorn,

vielleicht hast du mich falsch verstanden, oder ich habe ein Mißvertändnis mit dir; - kann auch sein, dass ich dich nicht richtig verstehe, mich nicht gut genug ausgedürckt habe; - oder ganz einfach:

Wir haben verschiedene Ansichten über Kritik und/oder Literatur und Lyrik.

Wer bist Du, dass Du entscheiden kannst was Lyrik ist und was nicht? - so fragst du.

Niemals werde ich entscheiden, was Lyrik ist, aber ich werde sagen, was für mich Lyrik ist; - das habe ich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt; entschuldige bitte:

Ein Gedicht ist für ist für mich:
eine sprachlich rhythmische Form, die mit bildhafter Sprache, mit Metaphern, Andeutungen, Überteibung, Wiederholung usw. in formell gebundener Sprache geschrieben ist.

Man kann mit vielen arbeiten.
Mit Verdichung (also absichtlich mit Worten sparen, um dem Leser die Gelegenheit von Tiefe zu ermöglichen. (Uljana Wolf, Paul Celan) Man kann die Worte aus dem Zusammenhang reißen, kann sie völlig ungewohnt anordnen. (Ingeborg Bachmann, Nelly Sachs, Paul Celan)

Man verwendet Humor und Satire, ist melancholisch oder zwanghaft Nüchtern; man zerhackt die Sprache und schafft so eine künstliche Welt (Thomas Kling) ...

oder aber man arbeitet mit Reimformen, wie in einem Sonett... (Schiller, Goethe, Rilke) ....

ach, was soll ich sagen, ich hab da wenig theoretischen Hintergrund.

Summa summarum:

Niemals würde mir einfallen, es zu kritisieren wie jemand seine Gefühle ausdrückt.

Natürlich haben mich deine Verse zum mitfühlen angeregt; - das ist auch im rechten Sinne:

Aber es gibt doch Unterschiede in der Umsetzung. Das wollte ich sagen.

Liebe Grüsse aus München
Hans
 



 
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