Willkommens Kaffee

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John Wein

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Willkommenskaffee

Also! Ist dir das auch schon passiert? Da läuft dir ein neues Wort oder eine Redewendung über den Weg und du stutzt, musst dir erst mal einen Reim drauf machen. Kamen doch gerade zurück aus USA. Da checkst du sowieso nicht, was daheim los ist, interessiert dich ja nicht die Bohne, geht dir sozusagen vollkommen am Arsch vorbei.

Dann! Gestern Morgen beim Kaffee fragt mich die Mechthild: „ Hömma, hier steht, „Neue deutsche Willkommenskultur; haste das schomma gehört? Kannste mir mal sagen was das iss? Eine Willkommenskultur?“
„Hä?“
„Ja! Willkommenskultur! Was ist das?“

Ich legte die Sportseite zur Seite,

„Zeig her!“ und las: „Neue Deutsche Willkommenskultur?“ und weiter, „Deutsche zeigen Herz.“
„Willkommenskultur“ denk ich und krame im Oberstübchen es rattert, rattert, Deutsch? Herz? ………Wahnsinn!
„Warte“, sag ich, „ich guck mal im Duden“.....und blättere:

will, willfährig, Wille, Willi, Willingen, willkommen…jemandem sehr passend; angenehm; ewünscht.

„Und? Willkommenskultur?“
„Nee“, sag ich, „Willkommenskultur? Hier steht nichts dergleichen. Nur willkommen und mit ohne Kultur hinten.“
„Vielleicht ne neue Kaffeesorte, frag doch mal bei Aldi“, sagt Mechthild, „vielleicht gibt’s das ja da, „Aldi hat‘s“ doch, heißt es!“
„Wie meinst’e das?....Echt jetzt?“
„Ja! Ne neue Kaffeesorte.“
„Meinste?“
Sie gießt nochmal nach. „Ja, bring doch nachher mal‘n Päckchen mit!" und nach einer Pause:„zum Probier'n!“
„Ein Pfund oder zwei?“
„Erst mal eins, wer weiß wie Willkommenskultur schmeckt.“

„….und frag nach Milde Sorte!“

Ich später zu Aldi.

„Frollein?!“
„Ja?“
„Eine Frage bitte!“
„Keine Zeit, sie sehn doch, dass hier an der Kasse …..“
„Könnse mir mal…“
„Fragen doch sie bitte meinen Kollegen da hinten beim Brot.“

Ich schieb' mit dem Einkaufswagen nach hinten zum Brot.
„Junger Mann?“
„Ja?“
„Ich hätte gern ein Päckchen Neue Deutsche Willkommenskultur Milde Sorte… äh, gemahlen.“
Hä!?
„Wo ham se se stehn?“
„Wass?“
„Willkommenskultur… neu…. deutsch….., hamse doch… oder etwa nich?“
„Willkommenskultur hier bei Aldi?“
„Ja!“
„Ham wer nich!“
„hattense denn welche?“
„Nee!“
„und? ….kriegen se auch nich mehr rein?“
„Neeee, ich meine ja!"
Also doch?"
"Hatten wir nich und wir kriegen auch nich mehr rein“,
der junge Mann ein bisschen genervt.
„Aber die Reklame in der Zeitung…“
"Bitte!" und das klang schon ein wenig unwirrsch.
„Gibt’s die Sorte nicht mehr?“
„Nich bei uns!“ und das klang abweisend.
„auch nicht eine alte Willkommenskultur mild?“
„Jetzt hörn sie mal!“ und das klang schon drohend.
„aber ich…..“

Da kamen plötzlich von der Kasse her zwei Männer in weißen Anzügen gerannt. Sie fragten mich ganz lieb, ob ich nicht mitkommen wolle.
und ich ohne Harm: „Wieso?“….. „Ich wollte hier …….……“

Da, ein kleiner Piekser im Arm und ich …
Ab hier war meine Erinnerung futsch..

Heute Nachmittag holte mich Mechthild ab. Sie war ziemlich durcheinander. Der Arzt hatte gemeint, sie solle gut auf mich aufpassen und ich hätte immer nur sowas wie „Wiktur“ gebrabbelt.

Sie mit dem Augenaufschlag zu dem nur eine Gattin nach langer Ehe fähig ist und in einem Tonfall von unsäglicher Milde und großem Herzen:

„Hast du Kaffee mitgebracht?“

Da fiel ich ………………..

PS. Der Autor fügt hier nach Recherche bei Frau Mechthild an: der Erzähler liegt noch daheim im Koma, lassen wir ihm beim Aufwachen ein herzliches Willkommen angedeihen.
 

jon

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Teammitglied
"Ich halte den Text für unterdurchschnittlich", …
… weil die Ausgangsidee zwar recht nett, sich aber dann in (fast) reiner Albernheit verliert. Fast, weil der Schwenk zu Aldi ganz ok ist (auch wenn er nicht zu meinen Erfahrungen gerade mit Aldi-Personal passt) - von "sowas" hätte mehr drin sein können.
Extrem störend empfand ich aber auch die miserable Zeichensetzung, die willkürlich eingestreuten Leerzeilen und die Rechtschreib-Fehler (nein, nicht das, was "Umgangssprache" sein soll, das ist recht nett, wenn auch nicht immer konsequent).
Dass die perspektivische Konstruktion nicht stimmt, ist bei all dem dann nur noch eine Bagatelle. Allerdings ein weiteres Indiz dafür, dass der Text nicht gut durchdacht, sondern schnell mal runtertippt wurde.
 

John Wein

Mitglied
Na das ist ja eine volle Breitseite! Unterdurchschnittlich, albern, extrem störend, willkürlich, fehlerhaft, sind aber nicht sehr freundliche Attribute werter Jon. Wäre ich psychisch nicht so gefestigt, würde ich mich jetzt glatt selbstentleiben. Wo bleibt hier der angemessene Ton, der ja bekanntlich die Musik macht und wo da das konstruktive Element, das eine Kritik eigentlich begleiten sollte? Hier schimmert für mich der Überlegenheitsabitus des Profis durch die Nebel des verschossenen Pulverdampfes.
Nun will ich aber meinerseits keine weiteren Geschütze auffahren. Ich versuche jetzt einmal zu erklären, was ich sagen wollte und wie ich die Geschichte „perspektivisch“ konstruiert habe.
Zunächst soll das eine Satire sein und kein alberner Humor (Humor und Satire als eine Gattung in der LL finde ich sowieso unglücklich). Mir ging es um die Wortschöpfung „Neue deutsche Willkommenskultur“ ein in diesen Begriff gegossenes kollektives Schulterklopfen das m.E. suggerieren soll, hier sei plötzlich eine völlig neue und vorher nicht gekannte deutsche Tugend erwacht. Um das zu persiflieren habe ich den Ich Erzähler gewählt, eine Person die sich umgangssprachlich ausdrückt. Vielleicht hätte ich sie zu Beginn Herr Wedemeyer nennen sollen, dann wäre es für sie vielleicht besser zu verstehen gewesen. So blieb es nur bei dem Hinweis durch den kurzen Satz am Ende.
Natürlich weiß auch ich, dass bei Aldi überwiegend strebsames und fleißiges Personal arbeitet. Was hätte ich sonst aber (politically correct) wählen dürfen? Lidl, Netto oder Penny?
Mathematik ist die einzige unanfechtbare Wahrheit sagt die Philosophie. Wenn ich hier zwischen Komma, Punkt. und Leerzeile eins und eins zusammenrechne, dann kommt mir da ein ganz anderer Verdacht als Anlass für diesen Verriss.
In der Hoffnung, Sie nicht weiter zu verärgern und mit meinerseits freundlichen Grüßen,
JW
 
G

Gelöschtes Mitglied 17359

Gast
Hallo Jon!

Ich finde deinen Text witzig. Habe an mehreren Stellen schmunzeln müssen (" ...und frag nach Milde Sorte".)
Manche Wortwechsel erinnern mich an Anekdoten aus der ehem. DDR, z. B.

"Ham wer nich!"
"Hattense denn welche?"
"Nee!"
"Und? ... Kriegense auch nich mehr rein?"

Nett!

Die Tippfehler sind schnell behoben, der Perspektivwechsel leicht korrigiert.

Was mich ein wenig stört, ist, dass der Arme, der doch nur Kaffee kaufen wollte, so schnell zwangsbetäubt und abgeführt wird. Entweder hättest du die Geschichte noch weiter eskalieren lassen müssen, so dass solch drastische Maßnahmen gerechtfertigt erscheinen, oder aber ein weniger spektakuläres Ende wählen müssen, etwa durch eine wie auch immer geartete Aufklärung des Missverständnisses.

Egal: Ich habe die kleine Satire auf die "Willkommenskultur" gern gelesen.

Gruß, Hyazinthe
 
John Wein, mir imponiert schon dein Mut, den Stoff überhaupt angefasst zu haben. Wenn ich vergleiche, wie rege das Thema in den Kommentarspalten großer Zeitungen (ZEIT, Welt u.a.) diskutiert wird und wie still es hier in der Leselupe ist, wo allenfalls einige wenige eitle Schwätzer die "Debatte" bestimmen dürfen, dann schwanke ich zwischen Zorn und Scham.

Dein Text ist noch zu behutsam angesichts der realen Lage, im Übrigen jedoch handwerklich nicht zu bemängeln.

Arno Abendschön
 

John Wein

Mitglied
Liebe Hyazinthe,
Ich danke dir für den fairen und unbeeinflussten Kommentar. Die Redeweise „ham wer nich…“ usw. gab es auch im Westen, aber ich denke sie hatte eine mindere Qualität als die im Osten und war weniger perspektivlos.
Insbesondere in dem Zusammenhang mit meiner Satire erinnere ich mich jetzt an die jenseitigen ehemaligen Aufmarsch Jubelfeiern mit allem Brimbamborium.
Einigkeit und Recht und Freiheit gegenüber Einigkeit in Recht und Freiheit: ein unbedeutendes Wörtchen nur liegt dazwischen, aber es ist eine ganze Welt. Man hat aus Einigkeit die Einheit erschaffen, die sich später in einem Parteinamen manifestierte.
Natürlich hätte ich auch die Geschichte weiterspinnen können, dann wäre es aber keine Satire mehr gewesen. Satire muss ja kurz und bissig sein und nicht ins „Banale“ verwässern.
Die Fehler (meine) werde ich zwar nicht ausmerzen aber tilgen und deinen Fehler in meinem Nick freundlich übersehen. Meine Schulzeit liegt äonenweit hinter der Rechtschreibreform (oder Rechtsschreibreform??) zurück, da genehmige ich mir großzügig die eine oder andere Nachlässigkeit, kommt es doch in erster Linie auf den Inhalt eines Werkes an. Mehr überlasse ich den Lektoren.
Dir eine schöne Zeit,
John Wein
 

John Wein

Mitglied
Lieber Arno,
Ich glaube du verstehst den Text so, wie ich ihn meine und eine Meinung zu haben kann heutzutage schon ein mutiges Bekenntnis sein, insbesondere wenn sie abweichend ist und vom „Mainstream“ in Gesinnungshaft genommen wird. Ich habe auch keinen Mut, ich habe höchstens manchmal Unmut aber mutlos bin ich auch noch nicht.
Wir alle haben doch längst die Schere im Kopf und sprechen nicht mehr so wie uns „der Schnabel“ gewachsen ist. Political Correctness, Gender Mainstreaming, selbstauferlegte Verhaltenskodexe und was da nicht noch alles im süßen Brei der Gleichmacherei und Rücksichtnahme erstickt wird, manchmal bricht es eben aus einem heraus. Mir beispielsweise geht das Geschwafel über eine „Neue deutsche Willkommenskultur“ und das damit einhergehende sich selbst bauchpinselnde des Guten Deutschen auf allen Kanälen über die Hutschnur. Was soll diese Bezeichnung anderes suggerieren als schaut her, wir sind neu und anders, wir sind die Guten, alle anderen sind mindestens weniger gut und wenn sie nicht unserer Meinung sind, dann sind sie gar rechter Gesinnung.

Früher, du erinnerst dich sicher, gab es einmal ein Magazin das hieß Titanic. Vielleicht gibt es das ja sogar heute noch (ich muss mal gugeln). Aber es bestimmt ist nicht annähernd mehr so bissig wie damals. Heute wird der Bürger angepasst, er hinterfragt nichts mehr, er ist tolerant bis zur Gesichtslosigkeit. In dieser Bequemlichkeit kann er sich gut einrichten, alle Ecken und Kanten sind eingeschliffen und Strukturen im Süßen Brei verwässert. Man könnte das auch Merkelismus nennen.
Meinungen haben immer ein gewisses Spektrum. Heute erkennt der hinterfragende Mensch deutlich die Intoleranz der durch Politik und Medien gesellschaftlich formatierten Geisteshaltung. Aber das Gesetz verlangt vom Bürger keine Gesinnungen, sondern rechtskonformes (legales; nachweisbares) Verhalten und solange man sich daran hält ist in Wort und Tat allen völlig zureichend gedient.
Danke Arno
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Unterdurchschnittlich, albern, extrem störend, willkürlich, fehlerhaft, sind aber nicht sehr freundliche Attribute werter Jon.
Verstehe. Nenn mir doch bitte die Worte, die freundlicher sind, aber die selben Schwachstellen benennen!

Zunächst soll das eine Satire sein und kein alberner Humor (Humor und Satire als eine Gattung in der LL finde ich sowieso unglücklich).
Was das sollte, hab ich schon verstanden. Nur ist es das m. E. nicht geworden.

Mir ging es um die Wortschöpfung „Neue deutsche Willkommenskultur“
Danke, dass du mich für so doof hältst, etwas derart Offensichtliches erklären zu müssen. Das räumt mir eine gewisse Narrenfreiheit ein.

Was hätte ich sonst aber (politically correct) wählen dürfen? Lidl, Netto oder Penny?
Dass dich die Worte oben stören – na gut. Aber was an „Fast, weil der Schwenk zu Aldi ganz ok ist … - von "sowas" hätte mehr drin sein können.“ stört dich? (PS: Falls du immer noch „konstruktive Kritik“ suchst: Hier ist ein Beispiel.)
Seit wann sind Satiren politisch korrekt? Dass meine Erfahrung nicht mit deiner übereinstimmt, hat mit der Güte des Textes nur am Rande zu tun.
Diesen Rand allerdings gibt es: Über etwas herzuziehen (und sei es in bester Absicht) entfaltet nur dann Wirkung (also die Art Wirkung, die den Unterschied zwischen simplem Humor und Satire ausmacht), wenn etwa als „ist tatsächlich so“ empfunden wird. Sich über die Tollpatschigkeit von karierten Elefanten auszuschütten, mag einen komischen Text ergeben, ist aber – es sei denn, die karierten Elefanten sind vorher als Metapher für etwas/jemand Reales eingeführt worden – nicht satirisch.
Aber das ist wirklich nur ein Randgedanke, die Güte des Textes wird durch ganz andere Dinge viel stärker beeinträchtigt.

Wenn ich hier zwischen Komma, Punkt. und Leerzeile eins und eins zusammenrechne, dann kommt mir da ein ganz anderer Verdacht als Anlass für diesen Verriss.
Stimmt: Wenn ein Text als handwerklich nicht gut gemacht bezeichnet wird, dann kann das niemals daran liegen, dass er handwerklich nicht gut gemacht ist, sondern nur daran, dass dem Kritiker die Aussage (oder der Stoff oder was weiß ich) nicht gefällt. – Kommt gleich in meine Liste der häufigsten Ausreden für schlechte Schreib-Arbeit.


Da du aus der Nennung der Probleme nicht selbst „diese Probleme beheben“ ablesen kannst, liste ich die „konstruktiven Vorschläge“ gern nochmal extra auf: Korrigiere Zeichensetzung, Leerzeilen-Durcheinander und überarbeite die Konstruktion hinsichtlich der Perspektive (die Idee mit dem Ich-Erzähler ist gut, nur das Ende passt da überhaupt nicht)! Und wenn du noch ein paar Ideen mehr einfließen lassen könntest, wäre das schön – das würde die Satire „dichter“ machen.
 

John Wein

Mitglied
Ok und Danke für die Rückmeldung. Ich werde mich dann einmal aufmachen und mich mit dem Text auseinandersetzen.
Gruß, JW
 



 
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