Zeit

4,70 Stern(e) 3 Bewertungen

Joh

Mitglied
.


Zeit


Ich habe Zeit
verloren
Tage zu Stunden
Minuten Sekunden
mit Zeigern zerhackt
dabei ist sie mir
abhanden gekommen

schrillt der Wecker gequält
um die vertane Nacht
fülle ich hektisch
jeden neuen Tag
um mich nicht
zu verpassen

suche immer nach Zeit
und finde in
endloser Stundenschnur
keine Spur von ihr

Manchmal stehle ich sie
erbitte von Fremden Minuten
in denen ich um das trauere
was ich verloren hab

und plötzlich
bleibt sie stehen
und es beginnt
ewige Zeit



Johanna Pless
10.2008


.
 

Leise Wege

Mitglied
Gut und nachvollziehbar ge- und beschrieben, liebe Johanna.
Etwas dichter könnte sie liegen, die Zeit, dann käme die Aussage noch besser durch, denke ich.
S1Z3 - Tage "an" Stunden?
Auf Z6 würde ich ganz verzichten.
Insgesammt ein bissel abknappsen, dann wirds noch mehr.
Trotzdem - auch so: ansprechend!
Lg Moni
 

Joh

Mitglied
Hallo moni,
danke, auch für den Kommentar. Deinen Vorschlag verstehe ich nicht so ganz, ich stehe wohl ein bißchen auf der Leitung ;) Mit dem einkürzen tue ich mich etwas schwer, ich warte noch einmal auf andere Stimmen, falls sie noch kommen sollten ;)

LG Johanna
 

Leise Wege

Mitglied
Den Vorschlag mal schnell erklärt:
Ich fände gut, wenn sich das Bild zunächst am verloren orientiert.
Und man kann durchaus Tage an die Stunden verlieren...
und dann als Knaller in Z5: Mit Zeigern zerhackt. (das ist sowieso ganz ganz klasse!)
In S2 benutzt Du 2mal um, - ist etwas störend.
Aber klar, - warte erstmal, vielleicht gehts mir ja allein so, dass ich es gern etwas dichter hätte.
Lieben Gruß
Moni
 
H

Heidrun D.

Gast
Diesmal möchte ich Moni widersprechen; ich finde das Gedicht makellos und kann nichts Überflüssiges endecken.

Die Bilder sind gelungen und anrührend, die Stundenschnur und die zerhackenden Zeiger ...

Liebe Grüße
Heidrun
 

Joh

Mitglied
Hallo Moni,

danke noch einmal für Dein Lob, freut mich immer ;) Jetzt ist mir klar was Du meinst, doch ich würde ungern kürzen, und da ich noch von Heidrun Rückenstärkung bekommen habe, lasse ich es lieber in dieser Form.

liebe Grüße, Johanna


Hallo Heidrun,

ich kann es nur wiederholen, es ist schön zu wissen, daß auch dieses Gedicht dich wieder so angesprochen hat. Ich danke auch Dir für dein Lob.

liebe grüße, Johanna
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Johanna,

wenn das Leben so hektisch ist, dass man keine Möglichkeit mehr findet, das Erlebte zu verarbeiten und sich auf diese Weise "selbst verpasst", oder wenn so vieles Wünschenswerte nicht wahr genommen werden kann, ist es ein gewaltiger Bruch, wenn plötzlich viel Zeit da ist, durch welche Umstände auch immer.

Wie Du die Hektik in Deinen Text hineinbekommen hast, gefällt mir gut, und ich würde nichts kürzen, weil hier eine gewisse Atemlosigkeit ausgedrückt ist.

Der Schluss kann Zweierlei bedeuten. 1. das durch den Tod ein anderes Empfinden von Zeit aufkommt und 2. dass jemand aus dem Berufsleben ausscheidet und dadurch endlich Herr über seine zeitlichen Pläne wird.

Letzteres ist nicht einfach, weil dieses Gefühl von Etwas-tun-müssen nur allmählich entschwindet.

Ich finde es gut, dass dem Leser überlassen bleibt, wie er sich den Schluss interpretieren möchte. Ich persönlich neige zu Punkt 2.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Joh

Mitglied
Danke Vera-Lena - und auch für die intensive Beschäftigung mit dem Text, Deine Interpretation trifft es genau auf den Punkt.

Ich habe das Ende bewußt offen gelassen, denn es gibt meines Erachtens immer die Wahl sich zu besinnen, ergreift man sie zu spät, steht man ebenfalls vor der Unendlichkeit.

liebe Grüße, Johanna
 



 
Oben Unten