Zwischen Nacht und Traum

George Polly

Mitglied
Laß Mondschein durch die Straßen zieh`n
von Haus zu Haus die Schatten flieh`n
auf blauem Kopfsteinpflaster

Durch Häuserzeilen geht der Wind
leis fröstelnd fort und horcht geschwind:
Wer reitet auf dem Pflaster?

Zu guter Nacht ein Kind im Haus
späht heimlich durch das Fenster raus -
der blaue Mond erfaßt es

Dort hinterm Mondesschlummerschein
wird heute Nacht mein Traumbild sein -
im stillen Schnee verblaßt es
 

La Noche

Mitglied
Hallo George,
Ein wirklich schönes Gedicht, besonders die letzte Strophe gefällt mir.
Es ist ein schönes Bild, das du da malst.

LG,
La Noche
 

George Polly

Mitglied
Danke La Noche,
dieses Bild soll ein Antrag an die
Vergänglichkeit sein und auch gleich-
zeitig wieder an ihr Ideal, der Unver-
gänglichkeit.
Oberflächlich steht das Bild, unterschwellig
gibt es etwas anderes: den Reiter, den Schlaf
(Traum), den Tod - Wahrnehmung des Augenblicks,
das Herannahen der Veränderung im Augenblick...

Warum hast du dir den Namen La noche gegeben?
Nachtaktiver Poet oder bedeutet dir die Nacht mehr?

schönen Gruß
Georgie
 

La Noche

Mitglied
Hallo,
Also, ich finde, du hast deine Aussage gut rüber gebracht.

Was meinen Namen betrifft: Also über den hab ich an die zwei Wochen gegrübelt, als ich hier noch stille Bewunderin war. Dann hab ich mich spontan entschieden. Schreiben kann ich eigentlich zu jeder Tageszeit, wenn ich nur inspiriert bin. Damit hat das nichts zu tun. Aber die Nacht hat etwas Geheimnissvolles und viele Schatten zum Verstecken. Das gefällt mir. Und sie gibt nie ihr wahres Ich preis. Dadurch kann sie sehr viele Facetten zeigen...

Ich hoffe, du bist mit meiner Erklärung zufrieden.
Bis dann,
LG von La Noche
 

George Polly

Mitglied
Oh ja, ich bin zufrieden;)
- Nein, im Ernst:
Ich finde auch, dass das Geheimnisvolle
meistens einen unwiderstehlichen Reiz
hat, deshalb schreibe ich auch etwas
mehr über den Tod, als über die Liebe,
was aber nicht heißen soll, dass ich
Liebe nicht auch wichtig fände.

Klar zeigen Bilder und Gedichte
sehr viele Facetten, aber ich finde,
dass sie Facetten unserer Seele
zeigen und nicht verhüllen, eben weil
wir wegen unserer komplexen Gedanken
nach uns selbst in diesen Bildern
suchen müssen.
Deswegen bedeuten uns unsere Werke ja
auch so viel, oder nicht?
 

La Noche

Mitglied
Recht hast du.
Aber immerhin entscheiden wir alle selber, welche dieser Werke wir posten und somit auch, was wir von uns preisgeben.
Für mich ist das schon sehr wichtig.
Geheimnissvoll bedeutet ausserdem ja auch, dass ich die Form und die Worte so wähle, dass ich einen grossen Einfluß auf die Facetten habe. Ich schreibe äußerst selten so, dass man genau das Problem erkennt, mit dem ich mich rumschlage. So kann ich mich ausdrücken und muss trotzdem nie zu viel von mir offenbaren. Und genau das ist es, was ich am schreiben so liebe.

Ganz liebe Grüsse,

La Noche
 

Chrissie

Mitglied
Es ist sehr schwierig, ein Gedicht in Reimen zu schreiben und dabei die Aussage nicht zu verlieren.
Herzlichen Glückwunsch dazu.
Das einzige, was mich im Lesefluss ein wenig stört, ist die Wiederholung des Wortes 'Pflaster' am Ende der 1. und 2. Strophe. Doch fällt mir auch kein passendes Synonym ein, das sich genauso reimen würde.

Liebe Grüße
Chrissie
 

George Polly

Mitglied
Dankesehr -
mir leider auch nicht:
Pflaster
Laster
Kataster
Knaster
passt da

irgendwie nicht

Ich schreibe eigentlich alle Gedichte in Reimen,
weil ich dabei irgendwie eine höhere Ästhetik empfinde.
Dieses ist ja nun eher kurz, da ist es leicht, ein
Bild geschlossen zu vermitteln.

Für La Noche:
Ja, aber ist es nicht auch so, dass die Worte, die du schreibst, selber erst diesen Facettenreichtum entstehen
lassen, oder weißt du im Vorraus immer, was deine
Worte für ein Bild in dir erzeugen?

Mit nettem Gruß
Georgie
 

La Noche

Mitglied
Stimmt

Guten Morgen George,
Damit hast du Recht. Ich bin manchmal selber erstaunt, in welche Richtungen ich denken kann. Aber um so mehr überlege ich mir, ob ich so ein Gedicht dann poste.

LG,
La Noche
 

George Polly

Mitglied
Danke für die Eins - bist du noch Schüler?

Hallo, La Noche,
bei mir ist es so, dass ich prinzipiell
das Bedürfnis habe, verstanden zu werden.
Eben weil aber mein Geist so vielschichtig
ist, muß ich diese Art von Texten schreiben.
Aber alle diese Sachen, wie auch meine Musik
und meine Bilder sind nur ein Teil von mir.
Was gäbe ich darum, genau zu wissen, dass
ich einmal mit meiner ganzen Seele verstanden
wäre - das ist die Tragik des Lebens - man
kann sie auch von der humoristischen Seite
sehen; im Laufe der Zeit muß man es sogar, um nicht
kaputt zu gehen.
Einen sehr freudschaftlichen Gruß
Georgie

Hast du nicht Lust, auch zu boardy.de in Omars
Literaturforum zu kommen - ist ETWAS niveauvoller
als hier?
 

La Noche

Mitglied
Lieber George,
Zuallererst versuche ich mich selbst zu verstehen, dann können sich andere daran versuchen. Manchmal suche ich eine Art "Mystik" in mir selbst, auch wenn das komisch klingt.
Da die meisten mich für berechenbar halten, versuche ich in Gedichten so viel wie möglich herumzuexperimentieren. Ich hab aber lange gebraucht, bis ich mich getraut habe, überhaupt erst einmal ein Gedicht von mir zu veröffentlichen. Damit hab ich jetzt zwar keine Probleme mehr, aber ich passe sehr darauf auf, wie weit ich gehe. Das liegt in der Entwicklung der Dinge.

Was Omars Forum betrifft: Warum eigentlich nicht.

Bis dann, liebe Grüße,
La Noche
 

George Polly

Mitglied
Das verstehe ich.
Du mußt aber wissen, dass die Wahrheit,
mit der andere uns betrachten, nur ein
kleiner Teil der ganzen Wahrheit über uns
ist, und immer nur subjektiv.
Viele Menschen können gar nicht damit fertig
werden, dass es andere Leute gibt, die sie
nicht verstehen können, deshalb müssen sie
sie auf Biegen und Brechen einer Schublade
zuordnen, damit sie sich getrost zurücklehnen
können.
Auch ist Verständnis, das andere von einem Teil
von dir haben immer nur ebenfalls ein kleiner
Teil.
Mit der Dauer ihrer Erfahrung kann er vielleicht
wachsen, wenn jemand offen bleibt.
Die meisten jedoch fahren sich nur in ihren
Meinungen fest.
Da würde ich mir an deiner Stelle nicht allzuviele
Gedanken machen und schon gar nicht deine Kunst
beeinflussen lassen, auch wenn das jetzt leicht
gesagt ist, denn meistens, wenn man aus solch einem
Motiv schöpft, ist die eigene Aussage verkrampft
und allzusehr auf andere gerichtet.
Das mußt du dich auch fragen: ob du frei von allem,
nur von deinem Geist aus, ohne Zwänge aufgeladen zu haben,
schreiben kannst.

Es grüßt dich herzlich
Georgie
 

La Noche

Mitglied
Hallöchen,
Ja, es ist immer so, daß nur ein kleiner Teil eines Menschen sich nach außen hin zeigt und man von außen auch nur durch ihn beurteilt wird. Und ehe der Mensch sich die Mühe macht hinter die Fassaden zu blicken, macht er es sich viel leichter und schiebt andere in Schubladen.
Aber die Erwartungshaltung anderer ist kein Kriterium dafür, ob ich ein Gedicht veröffentliche oder nicht. In meiner Kunst bewege ich mich frei. Es gibt aber Werke, die ich gerne für mich behalten möchte. Und wenn ich so schreiben würde, daß der erste Gedanke die Veröffentlichung wäre, könnte ich gleich aufhören. Das hatte ich einmal in der Schule. Da hatte ich vorher noch nie ein Gedicht von mir veröffentlicht und dann sollte ich eins schreiben und gleich noch interpretieren. Das hat mich sowas von blockiert, daß ich wochenlang überhaupt nichts sinnvolles schreiben konnte.
Da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist sich selber treu zu bleiben und in erster Linie nur für mich zu schreiben und dann übers Posten nachzudenken.

Einen herzlichen Gruß zurück,
La Noche
 



 
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