an der Wiege der Nation (Ballade)

Tula

Mitglied
An der Wiege der Nation
(Guimarães)


Einst war Heinrich von Burgund
leider letzter aller Erben.
Wollte, ohne Schloss und Grund,
daher auf dem Schlachtfeld sterben.

Zog mit Alfons aus León
in den Krieg, den bösen Mohren
schlug der Ritter aus Dijon
nicht nur Senf um ihre Ohren.

Heinrich, wacker und loyal,
gab der Alfons von Kastilien
dann die Grafschaft Portugal,
ganz gewiss mit Immobilien,

und Teresa's zarte Hand,
seiner Tochter, denn 'vermehren'
war im alten Ritterstand
eine Pflicht von höchsten Ehren.

So geschah's, dass nach der Schar
von fünf Kindern - sei's gepriesen (!) -
sie ein sechstes noch gebar:
Alfons nannte man auch diesen.

Kaum war der drei Jahre alt,
da verstarb der Papa Heinrich.
Mama aber nahm alsbald
einen andern - ziemlich peinlich ...

Schlimmer noch: sie wollte mehr,
und vor allem eine Krone.
Das verärgerte dann schwer
manchen Bischof und den Sohne.

Ganz besonderer Natur
war da noch die Schwesternliebe.
Mit Urraca gab es nur
ewig Streit und Seitenhiebe,

manche Schliche, manche Schlacht.
Jene schien dann zu gewinnen.
Irgendwann in stiller Nacht,
musste sie ihr gar entrinnen.

Schließlich kam Gevatter Tod,
das Gezanke zu beenden;
nahm die Schwester, und so bot
sich die Chance, das Blatt zu wenden.

Leere Hoffnung, die zerschellt';
das Tereschen hatt' vergessen:
Wer von einem Stammbaum fällt,
der ist auch von Macht besessen.

Alfons kam mit seinem Heer,
stellte sie bei São Mamede.
Mama weinte bitter-sehr,
denn es war die letzte Fehde.

Alfons überlegte kurz:
Nur Vasall-sein ist zum Stöhnen!
Gab' Kastilien einen Furz
und ließ sich zum König krönen.

Guimarães hat sich gefreut,
dass er sie zum Sitz erkoren.
An den Mauern liest man heut':
„Hier wurd' Portugal geboren!“


PS: das Gedicht ist Teil einer Sammlung und lyrischen Begegnung mit Land und Kultur. Zum Hintergrund https://lyrischereiseportugal.wordpress.com/an-der-wiege-der-nation/
 



 
Oben Unten