der roman

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Paul

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der roman

so, so, geneigter leser, sie wollen also einen roman haben. aha. nun denn, sollen sie haben, wie sie wünschen. aber ehrlich gesagt bin ich jetzt schon ein wenig erzürnt über sie, dergestalt, dass es mir schwer fällt, ihrem begehr nachzukommen. wiewohl ich wahrlich ihnen wohlwollend gesinnt bin, seien sie gewiß!
„erzürnt, erzürnt, was hat er denn, was hab ich denn getan?“, hör ich sie schon unken, „soll er sich doch seinen roman sonstwohin...“ – hier wollen wir geflissentlich innehalten. schließlich sind wir ja da, um uns ein wenig näher zu kommen und nicht, um uns faule tomaten ins gesicht zu pfeffern, noch bevor wir uns überhaupt beschnuppern konnten.
also von vorn.
sie lesen doch hier mit der gesinnung, einen roman zu durchwaten, geh ich recht? wohlan, ich bin dabei! was mich jedoch anfänglich und immer noch schreckt ist die tatsache, dass sie schon voller wissbegier geradezu danach hecheln „ha, wann geht es endlich los, ich will eine ortsangabe, irgendwo, ganz egal, und eine feine zeit, sagen wir frühling, oder sommer, ein zwei personen dazu, alter, geschlecht auch völlig schnuppe, die sollen dann irgendwas machen oder sagen.“
ZACK.
da haben wir den salat.
sind wir hier denn auf dem kirmes? bin ich hier ihr hansdampf und laß mir irgendwas vorschreiben? wie soll man da denn nicht gleich von vorneweg geradezu wütend sein? richtiggehend stinksauer?
ne, ne, bürschchen, so einfach läuft hier der hase nicht!
das wollen wir gleich einmal als erstes klar stellen: ich bin hier derjenige, der sich hier um kopf und kragen schreibt, ich habe überall tinte an den fingern, muß gucken, dass die kerze stets am leuchten ist, dass genügend holz im ofen ist, ich kümmere mich hier um genügend papier, tabak, alles was man so braucht und obendrein ringe ich nach worten, dass mir der schweiß auf der stirn steht! und sie haben irgendwelche ansprüche? wo kommen wir denn da hin!!!
setzen sie sich jetzt mal ganz ruhig zurück in ihren ohrensessel, schrauben ihre attitüden auf halbacht, halten ein wenig inne, dann werden sie schon sehen. auf jeden fall will ich keinen mucks mehr hören!
lausiges pack!
na ist doch wahr!
ich könnt mich – aber ist schon gut. wir sind ja da, um uns näher zu kommen.
gemach, rappe!

dann wollen wir mal:
(ein drama)
es betrug sich zu keiner zeit und es ward nirgendwo. kein mensch, kein tier, nicht einmal eine laus beherrschte die szenerie, die es in gewissem sinne auch nicht gab. kein laut war zu hören, keine sonne zu sehen, kein kuchen duftete in irgend einem ofen. keine liebe, keine hass, nicht einmal eine einzige träne gab es zu bemerken.
ja, es war schrecklich.
ein wirklicher jammer!

aus.
 

Paul

Mitglied
was ist denn ne gestelzte luftblase? erinnert mich irgendwie an dali...
dein geschmack scheinen luftblasen nicht zu sein, aber du bist ja auch schon müde.
schon mal was von daniil charms gehört? vielleicht kann ich dir den mund ja doch noch wässrig machen. ohne mich vergleichen zu wollen...
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
nee,

den charms kenne ich nicht.
was ich mit gestelzt meine, sind die vielen antiquierten worte und das bei konstanter kleinschreibung, was ja eher eine sehr moderne stilform ist. das paßt irgendwie nicht zusammen. und der inhalt reißt mich auch nicht vom hocker.
lg
 

Paul

Mitglied
oui, der antiquierte stil ist wahrlich nicht nach jedermans gutdünken, sagen wir einfach: geschmacksache.
das mit der kleinschreibung ist rationalismus, immerhin spart man sich einen tastendruck, heißt: ich bin zu faul!
immerhin: ZACK hab ich dafür gänzlich groß geschrieben, keine mühen gescheut...
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ach,

ich mag antiquierten stil. aber nicht in kleinschreibung. da sollte man sich doch n bisschen mehr mühe geben. sind dir deine leser die müh nicht wert?
lg
 
Ich stimme flammarion zu. Ob Kleinschreibung oder nicht, der Grund sollte nicht sein, dass Du zu faul bist. Denn das zeigt nur, wie wichtig Dir Deine Leser sind: nämlich gar nicht.
Es sollte immer einen stilistischen Grund geben.

Marius
 

Paul

Mitglied
ach du schande, die kleinschreibungs-debatte. na gut (seufz). ist eben mein stil. ich schreib immer so. angefangen hat das mit der RAF, aber ich will jetzt wirklich nicht ausholen... -
muß man da wirklich so ein brimbamborium draus machen?
viel mehr geht es mir um den inhalt. ein bischen nihilismus gefällig? nein? ein ad absurdum?
zudem steht da, wenn ich nicht irrrr:
"wiewohl ich wahrlich ihnen wohlwollend gesinnt bin, seien sie gewiß!" lieber leser...
 
Versteh mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen Kleinschreibung. Das kann stilistisch ein Signal und interessant sein. So wie man normalerweise versucht, auch die Rechtschreibung richtig zu haben und nur dann dagegen verstösst, wenn man's nicht weiss und keine Korrektur hat, oder wenn man bewusst z.B. mit Lautmalerei und Wortkreation experimentiert (siehe Arno Schmidt: Zettelstraum, oder James Joyce: Ulysses).

Als einzigen Grund anzugeben, Du wärest zu faul gewesen, zeigt nur wie wurscht Dir Deine Leser sind - und zählt für mich nicht. Dann sage ich Dir: Ok, dann bin ich als Leser zu faul Deinen Text zu lesen und gar noch zu kommentieren.
Wie würdest du reagieren, wenn Du im Theater bist und die Schauspieler lesen den Text von einem Zettel monoton runter, nur weil sie den nicht auswendig lernen wollten?

Marius

PS: ich habe auch nichts gegen einen antiquierten Stil. Gut gemacht liebe ich ihn sogar.
 

Paul

Mitglied
ich erwähnte doch, daß mit der leser nicht wurrrscht ist. das steht doch im text, wenn sie mal mehr auf den inhalt, satirisch wie er ist, denn auf die form achten würden, wertester. und veröffentlichte ich nicht unter "humor und satire"? das misse ich ein wenig in den kommentaren, muß ich gestehen...
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
na,

da haben wir es doch: wenn zwei stilrichtungen vermischt werden, entgeht einem dies oder jenes detail.
lg
 



 
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