eine Tierfabel

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Fellmuthow

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Der falsche Hahn
Fellmuthow, im Jahr 1987

Auf einem Bauernhof draußen vor dem Dorf, lebt der stolze Hahn zusammen mit seinen Hühnern. In seinen frühen Jahren bemühte er sich um sie, warnte sie vor Feinden und verteidigte sie in der Not. Doch als er älter wurde vernachlässigte er seine Pflichten. Er zog es vor hoch oben auf einem Baum zu sitzen, erfreute sich an seinem glänzenden Gefieder und krähte der Sonne entgegen.
Nur hin und wieder kam der Bauer vorbei, um Futter zu bringen, nach dem rechten zu sehen und die Eier zu holen. So ging eine ganze Weile.
Eines Tages, als der Hahn wieder von hohem Sitz auf sein Hühnervolk herunterblickte, da kamen ihm gar seltsame Gedanken. »Sind die nicht klein und grau, diese Hühner? Ich dagegen, wie nahe bin ich der Sonne!« Er blähte sich auf und krähte. Fortan setzte er seinen Willen durch, ohne auf die Hühner zu hören. Sie durften dieses nicht mehr, und sie durften jenes nicht mehr.
Nun sind Hühner geduldige Wesen, auch durch das Futtersuchen stark beschäftigt. Lange ertrugen sie Herrschaft des Hahnes. Doch schließlich legten sie kleinere Eier und die waren auch nicht mehr so schön bunt. Das kam davon, dass sie sich ärgerten, über den Hahn. Schließlich verloren sie die Lust ganz, am Futtersuchen und am Eierlegen.
Der erfahrene Bauer merkte gar bald, dass da etwas nicht in der Ordnung war. Er beobachtete die Hühner und den Hahn, der wieder hoch oben auf dem Baum saß und krähte. Schließlich verstand er, was da geschehen war. Er fing den stolzen Hahn, schlug ihm den Kopf ab und holte einen anderen, einen besseren. Denn ihm war nicht so sehr am Krähen des Hahnes gelegen, als vielmehr an den Eiern der Hühner.
Deshalb merkt euch ihr Hähne, die ihr da auf den Bäumen sitzt und kräht: Wenn ihr überleben wollt, dann tut alles, dass die Hühner ihre Eier legen!
 

gareth

Mitglied
Lieber Fellmuthow,

was mir gut gefallen hat an der kleinen Geschichte, ist die Lehre, dass wir alle eingeordnet sind in andere und weitergehende Interessensphären, oft ohne es zu wissen. So glauben wir häufig, wir könnten ja wohl mit unseren Hühnern machen was wir wollen, aber eine höhere Ordnung belehrt uns dann häufig eines besseren und meist nicht gerade zimperlich, wie man hier sieht:

Der erfahrene Bauer merkte gar bald, dass da etwas nicht in der Ordnung war [...] Er fing den stolzen Hahn, schlug ihm den Kopf ab [...] Denn ihm war nicht so sehr am Krähen des Hahnes gelegen, als vielmehr an den Eiern der Hühner.

Sehr lehrreich :eek:)

Grüße
gareth
 



 
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