gedanken im neuen jahr, während hoover wäscht

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M

margot

Gast
das neue jahr fängt hässlich an
hoover läuft
hoover ist meine waschmaschine
ich sitze quasi neben mir
immerhin schaffte ich es aus dem bett
silvester in heidelberg an der
alten brücke
das war wie krieg
die fetzen flogen
ich verstehe die menschen jetzt besser
sie müssen in ihrem kurzen leben
ein paarmal die sau rauslassen
der standartspruch eines versoffenen
lagerarbeiters nach feierabend
„komm, wir lassen die kuh fliegen!“
vorher waren wir indisch
essen
das erste mal in meinem leben
zufällig lag ein indisches restaurant
auf unserem weg in die
altstadt
viertel vor zwölf waren wir
rechtzeitig mit dem nachtisch fertig
hoover schleudert mit 1300 umdrehungen
pro minute
und übertönt fast die musik
eine spontane entscheidung
meinen läufer zu waschen
am neckar entkorkte ich die flasche
beaujolais
die knallerei war in vollem gange
und meine freundin zuckte immer wieder
ängstlich zusammen
ich war ziemlich ausgelassen für meine
verhältnisse
normalerweise ignoriere ich silvester
nach einer dreiviertel stunde ebbte das
feuerwerk ab
und wir fanden in einem seitensträßchen
eine kneipe
die nicht überlaufen war
meinen halbleeren beaujolais deponierte
ich hinter dem blumenkübel
am eingang
wenn ich in fahrt komme, braucht meine
freundin eine masse geduld
meine pantasie geht mit mir durch
das neue jahr beginnt einsam
hoover gibt mir das gefühl von aktivität
und gesellschaft
vielleicht verstehe ich irgendwann den sinn
der hinter ritualen steckt
ich stecke selbst mitten in einem
auf dem weg zum parkhaus leerte ich die
weinflasche
bis mich die nacht vollends
umgab
 



 
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