kritikers brief an den lektor

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
ghasele

[ 4]kritikers brief an den lektor


bist denn du der bei allen verhaßte
kritikaster der kritikerkaste

oder läßt deine spott sau du raus
auf die perlen (in silbern gefaßte)

die vor maul klauen füß ich dir warf
die du erbtest von mir der erblaßte

und als färbfasser erblasser derb
übern tisch dich zog – der geschaßte

asi stenz der dir alles vermacht
aber du der das alles verpraßte

und die reste dem zensor zum fraß
vorgeschmissen dem wärter im knaste

hast den killeranwalt mies bezahlt
ihn bekränzt mit boh aah! nacktem baste

und den gutachten siebensex teen
gutenachtkuß den der dir verpaßte

kaum verwunden du knickeri knie
kritikaster der kritikerkaste
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein wunderschön verzwirbeltes Gedicht mit Anspielungen auf Redewendungen und Sprichwörtern und in sich verschlungenen Wortspielen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, richtig beschrieben, genau getroffen, Bernd,

"verzwirbelt": paralogisch, wie vielleicht bei Walther von der Vogelweide "dieb stal diebe / drô têt liebe" - nein schlimmer, in kubistischer Multiperspektive und hyperbolischer Widersinnigkeit. Oder wie bei einem Wimmelbild: "Wer ist der Mörder?"

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich überlege, lieber Leser,

ob ich den Titel ändern sollte.

Ob ich ihn beschränken (also in der Adresse erweitern) sollte:
"brief an den lektor" oder noch kürzer:
"an den lektor"?

Dann wird es offener für die Lesart, daß der Autor sich beklagt, und der angesprochene "kritikaster" ist vielleicht eher Teil der "kritikerkaste" (genetivus partitivus), als daß er ein Kritiker an der Kritiker-Elite ist, die ihn verrissen hat.

Das würde die Mehrdeutigkeit vielleicht auch offenhalten und die merkwürdige Märtyrerrolle des mimosenhaften Lyri mit seiner "Sänger"-Funktion (eben nicht "Kritiker"-Rolle) besser in Einklang bringen, oder?

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]brief an den lektor


bist denn du der bei allen verhaßte
kritikaster der kritikerkaste

oder läßt deine spott sau du raus
auf die perlen (in silbern gefaßte)

die vor maul klauen füß ich dir warf
die du erbtest von mir der erblaßte

und als färbfasser erblasser derb
übern tisch dich zog – der geschaßte

asi stenz der dir alles vermacht
aber du der das alles verpraßte

und die reste dem zensor zum fraß
vorgeschmissen dem wärter im knaste

hast den killeranwalt mies bezahlt
ihn bekränzt mit boh aah! nacktem baste

und den gutachten siebensex teen
gutenachtkuß den der dir verpaßte

kaum verwunden du knickeri knie
kritikaster der kritikerkaste
 

Tula

Mitglied
Hallo Mondnein

Der Witz einiger Stellen ging mir in der Tat erst bei mehrmaligem Lesen auf.

So schmiert er (d.h. mit der Taste)
akribisch die Kritikerpaste.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Wenn er denn, Tula,
überhaupt "witzig" ist, bei seiner chaotischen Ungezieltheit; kann ja auch als spontaner Ausbruch von Aggressionslust, Enttäuschung und mafiöser Verstrickung gesehen werden.

Was sich so in der Seele eines Autors tummelt, dessen Schubladen so überlaufen wie unsere Werk- (aber nicht Leser-) zahlen und Archive.

grusz,hansz
 



 
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