marmor (haiku)

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich denke, es ist eher ein Senryu, als ein Haiku. (Bezieht sich auf die erste Fassung.) http://www.leselupe.de/lw/zeigepost.php?postid=582352
Und es zeigt eher Metaphern (also Bilder im übertragenen Sinn) als konkrete Bilder. Das erscheint mir typischer für Westliche Betrachtungsweisen.

"Gleißendes Weiß im Auge" entzieht sich merkwürdig dem Konkreten.
Man hat das Bild der Sonne im Auge, die blendet, bis fast zum Erblinden.
Das Gedicht verkörpert Bewegung, einen endlosen Weg, bis endlich Carrara kommt, kaum noch erwartet.
 

laudabilis

Mitglied
danke für die einschätzung. aber ich muss dir widersprechen. carrara liegt nur drei kilometer von meinem lieblingsurlaubsort entfernt. hast du mal vor oder in den marmorsteinbrüchen gestanden, wenn die sonne auf die wände scheint? es ist ein gleißendes weiß, das im auge geradezu schmerzen kann. von daher halte ich aus eigener erfahrung das ganze für ein sehr konkretes bild
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mich stört nicht das gleißende Weiß, sondern das gleißende Weiß im Auge.
Gleißendes Weiß ist ein Naturbild. Gleißendes Weiß im Auge ist diffus. Es kann sein: 1. das Weiß des Augapfels, das Licht reflektiert. 2. metaphorisch für Wahrnehmung gleißenden Weißes, 3. metaphorisch für eine Augenverletzung
Der Zusammenhang gibt es wenig her.

Der Eindruck von Bösartig-Bedrohlichem und von Flucht aus der Ferne wird durch das Wort "endlich" erzeugt.


Für mich ist "gleißendes weiß im auge" bedrohlich. Ich kann ihm nur entfliehen, [ 2] w e n n [ 2] ich Carrera erreiche. Es ist mir am Schluss endlich gelungen.


---

Warum nicht konkret:

Gleißendes Weiß der Steine/des Steinbruchs/des Sandsteins
?
 

laudabilis

Mitglied
hallo bernd,

ich kann deine einschätzungen und die darin enthaltene kritik an diesem text und seiner einordnung hier durchaus ein stück weit nachvollziehen, nachdem du sie näher erläutert hast und ich habe begonnen, über eine änderung des textes nachzudenken. gib mir doch bitte einen rat. was würdest du von "gleißendes weiß in der wand" halten?
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Gleißendes Weiß in der Wand" ist besser, vielleicht aber "Gleißendes Weiß der Felswand"?

die straße am strand
gleißendes weiß der Felswand
nahe carrara

"Nahe" ist statischer, es gibt eher den Eindruck "in der Nähe", statt Flucht: "endlich habe ich Carrara erreicht".

Das ist ein Beispiel, es gibt sicher Verbesserungen.

Viele Grüße von Bernd
 

laudabilis

Mitglied
ich danke dir sehr. ich habe deine änderungen nicht 1:1 übernommen, aber du hast mir einen wichtigen anstoß gegeben und meine hirnwindungen in schwingungen versetzt. ich schicke diesen text an dich jetzt ab und werde dann den ursprungstext ändern. und wäre froh, wenn du mir deine ansicht zur neuen version mitteilen würdest.

gruß,
laudabilis
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich denke, so ist es gelungen und in sich konsistent.

Es ist jetzt ein Naturbild für sich selbst statt einer Interpretation.
 

Walther

Mitglied
Hallo Bernd & laudabilis,

das

die straße am strand
gleißendes weiß der felswand
nahe carrara

erschien mir in sich flüssiger.

LG W.
 
A

AchterZwerg

Gast
Da gebe ich Walther vollkommen Recht. Hör doch mal, Eberhard, wie das schon klingt
Ein tönernes Juwel!
Aber ich will nicht "undankbar" sein :D;) , denn ich finde, dass sich der Text gut entwickelt hat. :)
Ich habe übrigens selber mehrfach über den Ort geschrieben und kann es mir nun nicht verkneifen, eine kleine Kostprobe zu geben (nicht böse sein):
Carrara

Die Hand eines Stümpers -

Aus Tiefen gebrochen
hadert der Stein

© Heidrun Dehnhardt 11/2010
Ist natürlich k e i n Haiku.
Euch allen liebe Grüße
Heidrun
 
A

AchterZwerg

Gast
Ich bin es nochmal, Eberhard ;)
Es ist grundsätzlich hilfreich, wenn du deine Texte am Ende nochmal auf ihre Laute hin überprüfst; das gilt natürlich besondes bei Kurztexten. Gut machen sich kurze und lange Vokale in Abfolge, wie es bei cararra der Fall ist und noch schöner bei "nahe carrara." Freut mich, dass du ein Gefühl dafür hast. - Denn ohne guten Klang ist die ganze Lyrik nix, hat sie sich doch aus der Musik entwickelt.
Dir einen herzlichen Gruß
Heidrun
 

laudabilis

Mitglied
danke für deine anerkennung, beba.
ich habe mir gerade vom 8. zwerg mitteilen lassen, dass du ein besonderer fachmensch in sachen haiku bist. umso wertvoller ist mir diese anerkennung von dir.

lg, laudabilis
 



 
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