weltensegler

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Perry

Mitglied
weltensegler


passt die stadt noch ins schema
als wir nester in den türmen bauten
lag frühling in der luft

nun herrscht auf dem markt
ausverkauf in den schaufenstern
trägt man schwarzseidiges

die glocken schlagen dunkler
gespreizt sind die flügel der jungen
wir sollten aufbrechen
 

revilo

Mitglied
wieso findet dieser wirklich gute Text keine Beachtung???????
Perry lässt den Leser mit seiner Frage nach dem Aufbrechen allein....sollen wir oder sollen wir nicht?....die Unschlüssigkeit ist m.E. beabsichtigt....aber Vorsicht....bevor Du gehst, solltest Du wissen, dass die Glocken dunkler schlagen........
dingdongrevilo
 
A

Architheutis

Gast
Hallo Perry,

in der Tat ein paar schöne Verse von dir.


als wir nester in den türmen bauten
lag frühling in der luft
Nester, Frühling. Schöne Metaphern für Aufbruch, Neuanfang.


nun herrscht auf dem markt
ausverkauf in den schaufenstern
trägt man schwarzseidiges
Die Strophe gefällt mir besonders gut. Ich lese sie wie folgt:

- nun herrscht auf dem markt
ausverkauf

- ausverkauf in den schaufenstern

- in den schaufenstern
trägt man schwarzseidiges

Wenn es Absicht war, ist die Verwebung der einzelnen Sätze echt gut gemacht. Ich hätte mir diesen "Kunstgriff" für die beiden anderen Strophen auch gewünscht. Ansatzweise ist das zwar auch dort zu lesen, aber längst nicht so schön. Für ne gute Bewertung reicht es meiner Meinung nach trotzdem.

Sehr schön.

@revilo

wieso findet dieser wirklich gute Text keine Beachtung???????
Das liegt wohl an der allzu hohen Auswurfrate. Für meinen Geschmack veröffentlichen einige hier zu oft (du bist nicht gemeint). Da kann leicht ein Text untergehen, auch ein guter.

aber Vorsicht....bevor Du gehst, solltest Du wissen, dass die Glocken dunkler schlagen
Ich denke, dass das dunkle Schlagen der Glocken ein Bild für den Grund des Aufbruchs sein soll. Die Zeiten sind schwer (= die Glocken schlagen dunkel), also lasst uns gehen. Mir gefällt das Bild aber auch sehr gut.

Der Autor mag weitere Erhellung ins Glockenspiel bringen. :)

Gruß,
Archi
 

revilo

Mitglied
Hallo Archi.....ich interpretiere das Bild mit den Glocken ähnlich.....es ist so eine Art versteckter Warnruf, das man gehen soll.......oder auch nicht......
LG revilo
 

Perry

Mitglied
Hallo Revilo,
ja es geht um eine Art Analogie des "Gehens" der Zugvögel (hier der Mauersegler) und des Menschen, was ja auch in den (scheinbar) dunkler klingenden Glockenschlägen mitschwingt.
Danke fürs Interesse und Hineinspüren.
LG
Manfred

Hallo Archi,
danke für dein wertschätzendes Lesen.
Zeilenübergreifendes Lesen ist ein beim Vers libre gern genommenens Stilmittel, man sollte es aber nicht überstrapazieren, denn dann wirkt es schnell konstruiert.
LG
Manfred
 

Perry

Mitglied
Hallo rogathe,

wenn du über die erste Zeile gestolpert bist, dann hat sie ihren Zweck erfüllt, nämlich, dass sich der Leser fragt, von welcher Stadt bzw. welchem Schema ist hier die Rede.
Solche scheinbar beiläufigen Wendungen sind für mich das Salz in der Lyriksuppe, denn sie locken und provozieren den Leser gleichermaßen.
Mit der Stadt ist im übertragenen Sinn das Leben an sich gemeint und mit dem Schema unser Alltagsleben, dass irgendwann seinen Sinn verliert, nämlich dann, wenn wir den "Zugvogelinstinkt" bzw. den Ruf des Jenseits verspüren.

Ich hoffe, diese Sichtweise hilft dir ein wenig weiter.
LG
Manfred
 



 
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