13. Ariste

Amadis

Mitglied
Seherin achte das Buch und fühle
das Apaethon. Entdecke die Rückkehrer
und schütze das Kind.
(Buch der Prophezeiung)


Ariste strich dem kleinen blonden Jungen die Schweiß nassen Haare aus der Stirn. Dann tauchte sie das Tuch wieder in die kleine Schüssel mit kaltem Wasser ein und kühlte die angeschwollene Oberlippe ihres Schützlings.
Der Junge wirkte verletzlich, wie er so dalag, und genau das hatte die Seherin in einer Vision vor nun über acht Jahren gesehen. Deswegen war sie schon vor einigen Jahren in das Dorf Silmara gekommen und hatte sich am Waldrand unweit der Ortschaft ein Haus gebaut. In Silmara und Umgebung war sie als Heilerin bekannt und geachtet.
Nur einen kurzen Fußmarsch von ihrer Behausung entfernt war, wie in der Vision vorausgesagt, der kleine Junge im Wald erschienen. Ariste nahm ihn auf ihre Arme und brachte ihn zu ihrem Haus, wo er seit dem schlief.
Die Seherin setzte sich wieder auf den hölzernen Schemel, der neben dem Bett stand, und sah in das kleine blasse Gesicht. Sie wirkte mit ihren langen, pechschwarzen Haaren jünger als sie wirklich war. Seherinnen alterten langsamer als gewöhnliche Sterbliche. Ihr Gesicht war fein gezeichnet, mit einem dunklen, mediterranen Teint. Sie hatte große braune Augen mit einer warmen, freundlichen Ausstrahlung.
Ihr Schützling bewegte sich unruhig im Schlaf und Ariste schaute mit einem liebevollen Lächeln in sein Gesicht. Schon als sie ihn draußen im Wald aufgehoben hatte und sie seinen kleinen Kopf an ihrer Schulter spürte, war ein warmes Gefühl tiefer Zuneigung in ihr entstanden. Das war unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass sie wusste, was diesem kleinen Jungen bevorstand. Deswegen war sie hier. Er war der Schwächste der Vier – zumindest bisher noch – und brauchte ihren Beistand am meisten.
Ariste hatte nach seiner Ankunft sofort eine Nachricht an Harbon geschickt. Der Zauberer hatte ihr gestern mitgeteilt, „sein“ Ankömmling sei zur vorher gesagten Zeit eingetroffen. Die Seherin kommunizierte mit dem Zauberer aus Torfing über das Apaethon, eine Art Energiefeld, aus dem sowohl Zauberer als auch Seher ihre Kraft bezogen und das ihnen erlaubte, blitzschnell Informationen auszutauschen. Allerdings war es nicht ganz ungefährlich, über das Apaethon Nachrichten zu übermitteln, denn jeder andere Zauberer oder Seher konnte die Nachricht zufällig oder absichtlich „abhören“. Daher hatte Ariste schon vor vielen Jahren mit Harbon und einigen anderen einen Code vereinbart, den sie für sicher hielten.
Der Junge wurde jetzt unruhig, wälzte sich auf die Seite, dann wieder auf den Rücken und schlug die Augen auf. Sie waren von einem leuchtenden blau, wie es Ariste nie zuvor gesehen hatte. Er erschrak sichtlich, als er seine Umgebung wahrnahm, schob sich soweit er konnte in die Ecke des Raumes.
„Hab keine Angst“, versuchte Ariste ihn zu beruhigen. „Du bist in Sicherheit!“
„Wer ...? Wo bin ich?“
Seine Augen waren Schreck geweitet.
„Bitte fürchte dich nicht!“ Ariste legte alle Wärme in ihrer Worte, derer sie fähig war. „Ich werde dir alles erklären.“
Der Junge überlegte einen Moment und nickte dann zögernd.
Ariste lächelte.
„Verrätst du mir deinen Namen?“, fragte sie sanft.
„Mickel“, gab er zurück und räusperte sich trocken.
„Du hast bestimmt Durst, Mickel!“
Die Seherin stand auf und ging durch den Raum zu einem Schrank, aus dem Sie eine kleine Flasche mit Kräuterlimonade nahm. Sie goss von dem Getränk in ein Glas, das sie zu Mickel hinüber brachte. Der Junge trank in großen Schlücken, ließ keinen Tropfen übrig. Als er ausgetrunken hatte, reichte er das Glas an Ariste zurück.
„Setzen wir uns an den Tisch? Da können wir uns besser unterhalten“, bot Ariste an.
Mickel nickte und stand auf. Er schwankte etwas und fasste sich an den Kopf.
„Stimmt etwas nicht?“, erkundigte sich die Seherin besorgt.
„Ich hab Kopfschmerzen“, klagte Mickel und setzte sich auf einen der Stühle, die an dem grob gezimmerten Holztisch standen. Ariste ging wieder zu ihrem Vorratsschrank hinüber, entnahm ihm ein kleines Fläschchen und ließ einige Tropfen daraus in die Limonadenflasche fallen. Dann goss sie Mickel etwas in sein Glas.
„Trink noch etwas, dann wird es gleich besser“, forderte sie ihren Schützling auf. Mickel trank gehorsam das Glas leer und schaute Ariste danach fragend an.
„Oh, ich bin unhöflich!“, lachte die Seherin. „Mein Name ist Ariste und du bist hier in meinem Haus.“
„Komischer Name“, meinte Mickel.
Ariste lachte hell auf.
„Das ist er wohl“, gab sie zu.
„Sagen Sie mir, wo ich bin?“, fragte Mickel vorsichtig.
„Natürlich, ich werde dir alles erzählen. Vieles wird dir seltsam vorkommen, aber ich schwöre dir, dass alles der Wahrheit entspricht.“
Damit begann sie ihm die Geschichte vom Alten Geschlecht und von Trimandar zu erzählen. Mickel unterbrach sie nicht und als sie geendet hatte, sah er sie eine Weile schweigend an.
„Und sie sind eine Seherin?“, fragte er dann mit großen Augen. „Wissen sie alles, was passieren wird?“
Ariste lachte.
„Nein, leider nicht“, gab sie zu. „Ich habe nur manchmal Visionen von zukünftigen Ereignissen. So habe ich auch deine Ankunft vorher gesehen und die der drei anderen.“
„Wo sind diese drei?“, fragte der Junge. Sein Magen knurrte vernehmlich.
„Das weiß ich nicht, zumindest nicht von allen. Aber ich denke, jetzt solltest du zunächst einmal etwas essen. Was hältst du von frischem Brot und Konfitüre?“
Mickel nickte begeistert.
„Bekomme ich auch noch etwas Limonade?“
Ariste nickte lächelnd. Es machte ihr Spaß, den Jungen zu bewirten.
„Was müssen wir jetzt tun?“, erkundigte sich Mickel, als er sich satt und mit von Waldfruchtgelee klebrigen Fingern auf seinem Stuhl zurück lehnte.
„Zuerst einmal solltest du dir deine Hände waschen, sonst bleiben die Möbel daran kleben!“ Sie deutete auf die Schüssel mit Wasser, die auf einem Schemel in der Ecke stand. Mickel grinste, stand auf und ging zur Waschschüssel hinüber.
„Wir müssen uns mit den anderen treffen“, erklärte Ariste, als der Junge wieder am Tisch saß. „Sobald ich die Nachricht bekomme, dass alle eingetroffen sind, werden wir einen Treffpunkt vereinbaren. Danach müssen wir euch in Sicherheit bringen.“
„Wird uns jemand helfen?“, fragte Mickel unsicher.
„Keine Angst, ein paar Freunde haben wir schon. Einige davon besitzen eine gewisse Macht. Du wirst schon sehen!“ Sie lächelte ermutigend. „Außerdem sind Reas Fei und seine Leute nicht sehr beliebt in Trimandar. Man wird uns helfen, da kannst du sicher sein!“
Mickel grinste breit, verzog aber dann schmerzerfüllt das Gesicht und fasste sich an die Lippe.
„Tut es noch weh?“, erkundigte sich die Seherin. „Wie ist das eigentlich passiert?“
„Ooch ...“ Mickel zögerte. „Ein paar von den großen Jungs im Heim haben mich ... verhauen!“ Er zuckte die Schultern.
„Wir haben Zeit“, meinte Ariste. „Erzähl mir, woher du kommst.“
Sie schaute Mickel herausfordernd an. Nach einer Weile nickte der Junge und begann, seine Geschichte zu erzählen.
 

flammarion

Foren-Redakteur
nun

haben sich ein paar fehlerchen eingeschlichen.
Aristide legte alle Wärme in ihrer Worte . . .
Die Seherin ging zu einem Schrank, aus dem Sie . . . (sie muss klein geschrieben werden)
Und sie sind Seherin - hier muss "sie" groß geschrieben werden.
ansonsten - spannend bis zum letzten buchstaben.
lg
 
Obwohl noch jemand Neues auftaucht (Ariste), wird nun deutlich, wie die Vier zusammen finden werden. Außerdem würde mich jetzt doch mal interessieren, wie sich Mickel und Ariste verstehen können. Kann Ariste Dänisch weil sie Seherin ist, oder versteht Mickel sie, weil in Trimandar nur eine Sprache gesprochen wird, die er automatisch kann?
Dann ist da noch die Szene mit dem Händewaschen. Trimandar wirkt auf mich wie eine mittelalterliche Welt und da (frisches) Wasser damals ein kostbares Gut gewesen ist, finde ich die Händewaschszene nicht ganz so glaubwürdig, aber das ist nur meine Meinung.

Hier noch ein paar Anmerkungen:
Ariste strich dem kleinen blonden Jungen die Schweiß nassen Haare aus der Stirn.
schweißnass ist ein Wort.

'Bitte fürchte dich nicht!' Ariste legte alle Wärme in ihrer Worte, derer sie fähig war.
Das muss hier in ihre Worte heißen.

Der Junge trank in großen Schlücken, ließ keinen Tropfen übrig. Als er ausgetrunken hatte, reichte er das Glas an Ariste zurück.
Die Stelle finde ich etwas holprig konstruiert. Streich doch ließ keinen Tropfen übrig und schreib dafür reichte er das leere Glas an Ariste zurück.

Zwischen
Es machte ihr Spaß, den Jungen zu bewirten.
und
'Was müssen wir jetzt tun?'
würde ich einen Zeilenumbruch einbauen. Immerhin springst Du innerhalb der Szene ;)

Und weiter geht's :D
 

FrankK

Mitglied
Hallo, Amadis

Erste Auffälligkeit: Dieses Kapitel hat wieder ein Intro.

Zweite Erbsenzählung:

Ariste strich dem [blue]kleinen[/blue] blonden Jungen die [blue]Schweiß nassen[/blue] Haare aus der Stirn. Dann tauchte sie das Tuch wieder in die [blue]kleine[/blue] Schüssel mit kaltem Wasser ein und kühlte die angeschwollene Oberlippe ihres Schützlings.
Korrektur: schweißnassen
Zweimal „klein“ dicht beisammen, mindestens eines davon kann entfallen, eigentlich sogar beides.

Der Zauberer hatte ihr gestern mitgeteilt, „sein“ Ankömmling sei [blue](ebenfalls?)[/blue] zur [blue]vorher gesagten[/blue] Zeit eingetroffen.
Korrektur: vorhergesagten, oder vielleicht besser „voraussagten“
Ebenso vielleicht die markierte Ergänzung.

Seine Augen waren [blue]Schreck geweitet[/blue].
Korrektur: schreckgeweitet

Ariste legte alle Wärme in ihrer Worte, derer sie fähig war.
So klingt es nach: Die Worte, derer sie fähig war. Umgestellt etwas eingängiger:
„Ariste legte alle Wärme, derer sie fähig war, in ihre Worte.“

... als er sich satt und mit von Waldfruchtgelee klebrigen Fingern auf seinem Stuhl [blue]zurück lehnte[/blue].
Korrektur: zurücklehnte

„Und [blue]sie[/blue] sind eine Seherin?“
„Wissen [blue]sie[/blue] alles, was passieren wird?“
Großschreibung


So, Mickel ist angekommen, die Seherin (für meinen Geschmack mit wenigen Sätzen ausreichend und sympatisch Charakterisiert) kümmert sich fürsorglich um ihn.


Grüße aus Westfalen
Frank
 



 
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