14.+15.Februar

Wittelsbach

Mitglied
14.Februar
das Mikrofon von Michael Jackson aus seinem Nachlass

Gut, -- mein erster Film für YouTube war nur mit ein paar kleinen Abstrichen als Meisterwerk zu bezeichnen. Alles, was blau war, hatte der Chrome Key der Filmsoftware durchsichtig gemacht. Zum Beispiel meine Augen. Oberhalb des Gardasees wachsen ein paar rote Blumen am Hang. Genau in Kopfhöhe. Immer wenn ich meinen Blick vom Manuskript in die Kamera erhob, starrte der Zuschauer wie gebannt in zwei Zombieaugen. (Oh, - ein Wort mit vier Vokalen hintereinander. Gibt es nicht oft!)

Der Zuschauer starrte auch noch aus einem anderen Grund wie hypnotisiert auf mich.
Unten rum war ich nackt. Also mehr als nackt. Meine Blue Jeans war nicht vorhanden. Ich schwebte quasi als Zombie-Geist über den Gardasee. Keine schöne Urlaubswerbung. Und das lenkte von meinem Vortrag nicht unerheblich ab. Von dem sowieso nicht viel zu verstehen war.
Gut, -- Neffe Carl fragte, ob ich das Mikrofon überhaupt angeschlossen hätte. Doch, ja, -- ich zeigte in die Zimmerecke, die beiden Teile waren einwandfrei verbunden.
Carl fummelte dann am Mikrofon herum, und siehe da, das Batteriefach war leer. Wer hätte aber auch ahnen können, dass in ein Mikrofon eine Batterie gehört!
Zumal es ein sehr teures war. Es ist direkt aus dem Nachlass von Michael Jackson. Jahrelang hat er da hinein gewinselt. Kann sein, dass es bei einem seiner rasanten Tanzschritte mal auf den Boden aufgeschlagen ist, aber es ist ein absolutes Profiteil!
Ich habe es bei EBAY ersteigert. Für 12 Euro 50. Als gerade niemand im Netz war. Heiligabend nach der Nachtmesse um 2 Uhr morgens.
Kurz und gut, beziehungsweise schlecht, -- meine erste Lesung war nur bedingt zu gebrauchen. Zombieaugen, unten nichts und das ganze stumm. Was die Tochter aber nicht so schlimm fand. Dafür musste sie ohne Abendbrot ins Bett (gerade bei einer 18jährigen muss man mit besonders strenger Hand durchgreifen, gerade weil sie von ihren Hormonen jetzt besonders manipuliert werden!)

Bleibt mir gewogen,
Klaus
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15. Februar
der Pizza-Alptraum

Irgendwie habe ich letzte Nacht sauschlecht geschlafen. Und dabei hat die Gattin nicht einmal geschnarcht! Die war gar nicht zu Hause, sie war auf einer ihrer Bandproben. Zwei bis dreimal probt sie mit ihrer Damenband, obwohl es zu Hause so viel gemütlicher ist! Meiner Meinung reicht es völlig, wenn sie in der Küche ein wenig Gitarre spielt oder auf ihrer Querflöte übt. (Die Küche ist schön weit weg vom Wohnzimmer).

Vielleicht war ich einfach zu früh ins Bett gegangen. Um 21 Uhr. Man will ja fit sein für den nächsten Arbeitstag!
Plötzlich wachte ich schweißgebadet aus einem Horror-Alptraum auf. Eine riesige Pizza verfolgte mich und drohte mich rollend platt zu walzen. Dummerweise konnte ich immer nur bergauf flüchten.
Dieser Traum hat mich mindestens drei bis vier Kilogramm gekostet. Was auch der einzige tröstliche Gedanke ist.
Und Durst hatte ich!
Als hätte ich von der Pizza gegessen.
Also erstmal in die Küche.
Danach konnte ich immer noch meinen durchgeschwitzten Schlafanzug wechseln, die Gattin hatte diesen unangenehmen Wechsel schon vor etlicher Zeit terminiert. Aber jeder Leser weiß, dass man erst in gut eingetragenem Schlafanzug so richtig gemütlich schläft.
Aus der Küche schallten mir fremde Stimmen entgegen. Und Licht fiel aus dem Türspalt.
Der Alptraum war noch nicht zu Ende!
Vom Licht geblendet betrat ich meine Küche.
Tochter Tamara saß da am Küchentisch. Und zwei Mädchen. Gegenüber Neffe Carl, eingerahmt von zwei unsympathischen, unrasierten Burschen, denen ich auch ohne Maske jeden Banküberfall zutraute.

Vor ihnen auf dem Tisch lag eine riesige, großflächig angefressene Pizza. Rechteckig, man nennt das Pizzablech, obwohl sie auf einer Pappe daher kommt. Auch meinen Kühlschrank hatten sie geplündert, überall auf dem Tisch stand mein gutes Schwarzbier herum. Und schon wieder lachte die Runde fröhlich auf. Wahrscheinlich über mich.
"Und das ist mein Papa!" stellte mich meine Tochter den Müßiggängern vor. Weiter ging die Vorstellung nicht, macht man heute wohl nicht mehr so.
Dann machte sie noch ein paar Zeichen auf mein Nachthemd. Nun gut, -- es war bei dem Alptraum vielleicht ein wenig zu hoch gerutscht. Aber besser als die Hose zu weit runter.

"Dein Bier schmeckt echt klasse!" meinte einer der Quartalssäufer. "Schwarzbier kannte ich gar nicht, kann man aber gut trinken."
"Das sehe ich!" grunzte ich. Aber noch mit einem halbwegs netten Ton, denn da lagen ein paar lecker Happen auf der Pappe. Ananas mit Hühnchen. Meine Lieblingspizza. Obwohl das alles mögliche sein kann. Zum Beispiel altes englisches Pferdefleisch.
Man konnte sich nur gratulieren, dass mein Bioladner jetzt nicht den Küchentisch sah.
"Setz dich doch, magst du ein Stück? Morgen schmeckt das nicht mehr!" meinte eines der Mädchen mit sehr netter Stimme, gerade als ich zu einer Rede über Nachhaltigkeit und Bodenhaltung ansetzte.
"Aber nur ein kleines Stückchen. Man will die Jugend ja nicht stören!" antwortete ich, während mir die andere Freundin schon eine Gabel in die Hand drückte. Die Mädchen sind oft bei uns, aber ich kann sie nicht auseinander halten. Und ihre Namen kann ich mir schon gar nicht merken.
"Ein Bier dazu?" fragte einer der fremden Jungs und öffnete mein Köstritzer.
Sein Blick fiel auf meine Whisky-Sammlung im Küchenregal. "Schmeckt da nicht einer wie der andere?"
Was für eine dumme Frage!
Die man einem Whisky-Liebhaber nicht stellen darf.
Einige Stunden weiter waren meine neuen, lieben Freunde und ich davon überzeugt, dass jeder Whisky seinen eigenen Charakter hat.
Einen Charakter, den die Gattin vermissen ließ. Als sie von ihrer Bandprobe nach Hause kam, schimpfte sie mit mir, weil ich Jugendliche zum Alkohol verführt hätte. Ich sah das eher umgekehrt. Außerdem wäre es unmöglich, wie ich mich angezogen hätte.

Der Tag heute begann entsprechend etwas ungünstig. Zumal der Wecker gar nicht erst klingelte. Die Batterie hatte so gut in Michael Jacksons Mikrofon gepasst.
Chef fragte, warum ich so desolat aussehen würde. Und überhaupt erst gegen Mittag im Büro eingetrudelt wäre. Ob ich denn nicht mitbekommen hätte, dass Karneval vorbei ist.

Eigentlich trägt dieser Tagebucheintrag nichts zu meinem Lesungs-Projekt bei.
Man erfährt nur, dass mein Mikrofon nun technisch bestens ausgestattet ist. Und kaum noch Schwarzbier im Kühlschrank lagert.

Bleibt mir gewogen,
Klaus
 



 
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