14 Verse ins Stammbuch gejambt.

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Walther

Mitglied
14 Verse ins Stammbuch gejambt
- Für alle Sonetter mit einem Augenzwinkern ;) -

Die schwere Kunst des Schreibens von Sonetten
Treibt Dichter um. Manch einer kann nicht schlafen,
Weil seine Verse nicht die Metrik trafen,
Weil seine Bilder sich nicht schön verketten,

Nein, durcheinanderlaufen wie bei Schafen,
Wenn Hunde sie vor bösen Wölfen retten.
Sie zupfen an den Wörtern mit Pinzetten,
Sie wälzen Bücher, stelzen Paragraphen,

Um zu begründen, dass sie richtig liegen.
Doch ihr Sonettversuch kommt nicht zum Fliegen.
Zum Schluss gibt’s die, die alles besser wissen.

Sie haben viel genörgelt, gern verrissen,
Weil sie die rechte Tradition vermissen:
Das Alte könnte Neues so besiegen.
 
O

orlando

Gast
Lieber Walther,
ich kann dich immer dann am besten leiden, wenn du dich in der Kunst der Selbstironie übst (was andere ja nicht ausschließt ;)).
Dies ist dir hier auf amüsante Art gelungen.
Herzliche Grüße
orlando
 
F

Fettauge

Gast
14 Verse

Hallo Walther,

wenn ich die Prämisse dieses Auch-Sonetts richtig erfasse, so verstehst du dich als die Koryphäe, die weiß, wie man's macht. Und wenn da einer was zu meckern hat, dann ist er sowieso ein notorischer Nörgler. Gebildete Leute sprechen in diesem Fall hinter vorgehaltener Hand von Hybris.

Meiner Einschätzung nach hast du ganz gut die äußere Form des Sonetts begriffen, nicht aber seine "Seele". Dies wird allgemein als Handwerkelei bezeichnet.

Vielleicht hilft dir der alte Goethe, auch er hat sich mal an einem formvollendeten Sonett versucht:

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.

Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
Und wenn wir erst in abgemessnen Stunden
Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.

So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.

Wer Großes will, muss sich zusammenraffen;
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.

Die Terzette, und hier besonders der letzte Vers des zweiten Terzetts, sind, was deine Sonetterei betrifft, vielleicht des Nachdenkens wert.

Womit ich wohl alles zu deinem sogenannten Sonett gesagt haben dürfte.

Gruß, Fettauge
 
Hallo Walther,
ich bin zwar keine Sonett-Freundin, doch dieses gefällt mir ausnehmend gut.
Dabei verweise ich auf den ersten Satz des Kommentares von orlando und auf dein Gedicht „Erfolgsrezept“.

Viele Grüße,
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
hi orlando,

danke für freundliche worte und wertung. in der tat ist die selbstironie des dichters beste "waffe". sie schadet niemandem (außer ihm) und schafft die basis, sich selbst darin wieder zu finden.

lg w.


ach, du liebes fettauge,

du zitierst Goethe, den dichterfürsten, herbei? wäre es nicht besser, du hättest, angesichts deiner stamokap-nostalgien, die du immer wieder präsentierst, den DDR-Staatssonetter Johannes (Ve)R. B(r)echer aufs tapet gerufen?

Goethe würde sich übrigens im grab als hochleistungsturbine betätigen, wüßte er, daß er von dir für deine schlechten argumente mißbraucht wird, da bin ich mir sicher.

lg w.


lb. Bernd,

es freut mich, daß du diesen text so positiv beurteilst. es gibt immer wieder selbst ernannte sonettexperten, die das, was ich schreibe, für unbrauchbar und unterdurchschnittlich halten. da tut es gut, ein kontrastprogramm zu lesen.

danke und lg w.


lb. Marie-Luise,

dem Talmud folgend weiß ich, daß wenn man auf andere weist, drei finger auf einen selbst zeigen. :)

danke für kommentar und wertung!

lg w.
 



 
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