xavia
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10. List
Kaum hat sie diesen Gedanken gedacht, da bekommt sie ihn schon nicht mehr aus dem Kopf: Das wäre doch die Lösung für ihr Problem: Sie schaut mal unbemerkt hinter die Kulissen dieser jungen Liebe und kann sich dann in den Tagen, bis Sina ihr den geheimnisvollen Freund freiwillig präsentiert, als vertrauensvolle Mutter zeigen.
[ 5]Sie braucht eine Verkleidung, damit sie nicht auf den ersten Blick erkannt wird. Auch in diesem Punkt ist das Schicksal auf ihrer Seite, denn vor zwei Jahren hat sie sich zum Karneval als schwarzhaarigen Vamp verkleidet und keine ihrer Freundinnen und Bekannten hat sie wiedererkannt: Glatte schwarze Haare, Netzstrümpfe, schwarzer Mini, tief ausgeschnittenes Top, schwarzer Lackmantel – lauter Kleidungsstücke, die sie preiswert bekommen und seither nicht wieder angezogen hat. Irgendwo in den Tiefen ihres Kleiderschranks werden sie zu finden sein.
[ 5]Allerdings hat sie Angst, in der Nacht allein in einer solchen Aufmachung durch die dunklen Straßen zu gehen. Wenn sie zum Nachtdienst ins Krankenhaus radelt, fühlt sie sich sicher, aber heute hat sie ein mulmiges Gefühl. Sie betrachtet ihr Spiegelbild, strafft die Schultern und sagt sich: »Das ist doch lächerlich, wer will es denn mit mir aufnehmen? Ich kann mich meiner Haut wehren, das habe ich immer gekonnt.« Aber das mulmige Gefühl bleibt und so gräbt sie noch einmal in ihrem Kleiderschrank und findet in einem Karton auf der Hutablage das Schnappmesser, das sie von ihrem Opa bekommen hat. Als sie mit dreizehn den braunen Gürtel errungen hatte, hat er sie liebevoll ›meine kleine Amazone‹ genannt und ihr heimlich sein Messer geschenkt. Das durfte außer ihnen beiden keiner wissen. Sie war damals schrecklich stolz darauf, mehr noch auf sein Vertrauen als auf das Messer, hat es nie jemandem gezeigt und schließlich vergessen, dass sie es besaß. Erst jetzt, wo sie sich im Spiegel als Amazone sieht, erinnert sie sich und findet, eine Waffe passt ganz gut zu ihrem Gefühl der Wehrhaftigkeit. Außerdem versucht sie, wo es geht, ihr ›Bauchgefühl‹ ernst zu nehmen. Schon oft hat ihr das Unannehmlichkeiten erspart. Sie steckt das Messer in die Tasche ihres Lackmantels.
[ 5]Angesichts ihres neuen Selbstbildes und mit der Vorstellung, es könnte einen Kampf geben, entschließt sie sich nun aber zu einer schwarzen Jeggins und Stiefeletten: Wenn schon Amazone, dann richtig! Zufrieden betrachtet sie ihr Spiegelbild: Sie fühlt sich wie eine Superheldin. Hoffentlich ist sie nicht zu auffällig für ihre Mission. Eine kleine schwarze Nickelbrille wäre schön, um die blauen Augen zu verbergen. Oder farbige Kontaktlinsen. Na ja, man kann nich alles haben, da muss sie halt aufpassen. Ein untypisch dunkles Augen-Make-up wird sie schon hinreichend gut maskieren. Sie freut sich darauf, ihrer Freundin von diesem Abenteuer zu berichten, fühlt sich richtig aufgeputscht und beschließt, ein paar Fotos von ihrem neuen ›Look‹ zu machen, bevor sie geht. Irgendwann wird sie es auch Sina beichten, wenn sie beide zusammen – oder alle drei? – darüber lachen können.
Kaum hat sie diesen Gedanken gedacht, da bekommt sie ihn schon nicht mehr aus dem Kopf: Das wäre doch die Lösung für ihr Problem: Sie schaut mal unbemerkt hinter die Kulissen dieser jungen Liebe und kann sich dann in den Tagen, bis Sina ihr den geheimnisvollen Freund freiwillig präsentiert, als vertrauensvolle Mutter zeigen.
[ 5]Sie braucht eine Verkleidung, damit sie nicht auf den ersten Blick erkannt wird. Auch in diesem Punkt ist das Schicksal auf ihrer Seite, denn vor zwei Jahren hat sie sich zum Karneval als schwarzhaarigen Vamp verkleidet und keine ihrer Freundinnen und Bekannten hat sie wiedererkannt: Glatte schwarze Haare, Netzstrümpfe, schwarzer Mini, tief ausgeschnittenes Top, schwarzer Lackmantel – lauter Kleidungsstücke, die sie preiswert bekommen und seither nicht wieder angezogen hat. Irgendwo in den Tiefen ihres Kleiderschranks werden sie zu finden sein.
[ 5]Allerdings hat sie Angst, in der Nacht allein in einer solchen Aufmachung durch die dunklen Straßen zu gehen. Wenn sie zum Nachtdienst ins Krankenhaus radelt, fühlt sie sich sicher, aber heute hat sie ein mulmiges Gefühl. Sie betrachtet ihr Spiegelbild, strafft die Schultern und sagt sich: »Das ist doch lächerlich, wer will es denn mit mir aufnehmen? Ich kann mich meiner Haut wehren, das habe ich immer gekonnt.« Aber das mulmige Gefühl bleibt und so gräbt sie noch einmal in ihrem Kleiderschrank und findet in einem Karton auf der Hutablage das Schnappmesser, das sie von ihrem Opa bekommen hat. Als sie mit dreizehn den braunen Gürtel errungen hatte, hat er sie liebevoll ›meine kleine Amazone‹ genannt und ihr heimlich sein Messer geschenkt. Das durfte außer ihnen beiden keiner wissen. Sie war damals schrecklich stolz darauf, mehr noch auf sein Vertrauen als auf das Messer, hat es nie jemandem gezeigt und schließlich vergessen, dass sie es besaß. Erst jetzt, wo sie sich im Spiegel als Amazone sieht, erinnert sie sich und findet, eine Waffe passt ganz gut zu ihrem Gefühl der Wehrhaftigkeit. Außerdem versucht sie, wo es geht, ihr ›Bauchgefühl‹ ernst zu nehmen. Schon oft hat ihr das Unannehmlichkeiten erspart. Sie steckt das Messer in die Tasche ihres Lackmantels.
[ 5]Angesichts ihres neuen Selbstbildes und mit der Vorstellung, es könnte einen Kampf geben, entschließt sie sich nun aber zu einer schwarzen Jeggins und Stiefeletten: Wenn schon Amazone, dann richtig! Zufrieden betrachtet sie ihr Spiegelbild: Sie fühlt sich wie eine Superheldin. Hoffentlich ist sie nicht zu auffällig für ihre Mission. Eine kleine schwarze Nickelbrille wäre schön, um die blauen Augen zu verbergen. Oder farbige Kontaktlinsen. Na ja, man kann nich alles haben, da muss sie halt aufpassen. Ein untypisch dunkles Augen-Make-up wird sie schon hinreichend gut maskieren. Sie freut sich darauf, ihrer Freundin von diesem Abenteuer zu berichten, fühlt sich richtig aufgeputscht und beschließt, ein paar Fotos von ihrem neuen ›Look‹ zu machen, bevor sie geht. Irgendwann wird sie es auch Sina beichten, wenn sie beide zusammen – oder alle drei? – darüber lachen können.