15 (Kriminalnovelle) - 2. List

xavia

Mitglied
2. List

Geometrie! Wer braucht denn sowas? Und wofür?? – Aber ihr Lehrer, Herr Doktor Habermaß, der hat Augen wie ein Luchs und Ohren wie eine Fledermaus. Sabrina muss grinsen, weil seine Ohren tatsächlich ziemlich abstehen. Sofort hat er sie im Visier:
[ 5]»Sabrina, wie berechnet man Umfang eines Zylinders?«
[ 5]»Jaaa, also das geht sooo …:« versucht sie, errötend, Zeit zu gewinnen,
» U = ? · d «, liest sie von dem Formelzettel ab, den Sandra ihr herüberschiebt.
[ 5]»Und was sind d und ?
[ 5]»Ähh… d ist der Durchmesser und ? , ähh… « Fieberhaft überlegt sie: »Wie hieß das noch, dieses Dreikomma-eins-vier-Ding?«
[ 5]»Na, so schwierig ist das doch nicht, das haben wir doch schon seit Wochen«, bohrt Doktor Habermaß erbarmungslos nach und wippt auf seinen Füßen, die Hände hinter dem zackig durchgedrückten Rücken.
[ 5]»Kreiszahl«, flüstert Sandra ihr zu.
[ 5]Sabrina braucht es nicht zu wiederholen, der Habermaß hat es auch gehört und nun ist ihre Freundin sein neues Opfer: »Na, das ist ja schön, dass du dich auskennst, Sandra. Dann erzähl' uns doch mal, wie das Volumen einer Halbkugel berechnet wird, damit wir an deinem Wissen teilhaben können.«
[ 5]Natürlich ist es kein Problem, die Formel für das Kugelvolumen durch zwei zu teilen, aber die Art der Frage sorgt dafür, dass Sandra die Nerven verliert: Eine Halbkugel kommt auf dem Formelzettel nicht vor! – Habermaß schenkt ihr ein mitleidiges Lächeln wendet sich Carsten zu, einem der wenigen, die sich nicht gemeldet haben.
[ 5]So geht das ›Verhör‹ weiter und weiter, bis sie endlich Aufgaben rechnen dürfen und damit den Angriffen des Lehrers für ein paar Minuten entkommen. Sabrina hat die Aufgaben schnell erledigt, kann sich kaum auf dem Sitz halten, so aufgeregt ist sie, ihrer Freundin die sensationelle Neuigkeit zu berichten: Frank hat mit ihr gesprochen! Sie sind ein Stück zusammen gegangen, haben auf einer Bank gesessen, er hat ihr erzählt, dass es aus ist mit Jasmin und dann hat er sie gefragt, ob sie am Samstag mit nach Dangast fahren will. Er sagte nicht, wieso es aus ist mit Jasmin und es ist ihr egal. Es ist ihr auch egal, dass er jetzt wahrscheinlich schnell einen Ersatz braucht für die Tour, die wohl schon vor dem Bruch mit Jasmin geplant war. Was zählt ist, dass er sie gefragt hat!
[ 5]Als die Stunde endlich vorbei ist, platzt sie noch im Klassenzimmer damit heraus und all ihre Begeisterung überschwemmt die Freundin, die eigentlich ein Dankeschön für den Vorsage-Versuch oder Mitgefühl für die Situation erwartet hat, in die sie dadurch geraten ist. Sandra ist allerdings eine gutmütige Person, die man nicht so leicht verärgern kann.
[ 5]»Und was hast du geantwortet?« fragt sie gespannt, als sie von der Einladung zur Dangast-Tour hört.
[ 5]»Na ja, dass ich es nicht weiß, dass ich darüber nachdenken muss. Dass ich zu Hause fragen muss.«
[ 5]»Willst du denn mit?«
[ 5]»Ja, natürlich! – Nein, ich weiß nicht …. Was soll ich nur tun? Meine Eltern ….«
[ 5]Auch Sandra ist skeptisch: »Eine ganze Nacht? Was haben die denn da vor? Alkohol? Drogen? Sex?«
[ 5]»Nein, der Frank, der ist in Ordnung, der hat nichts mit Drogen im Sinn, der raucht ja nicht mal. Sein Freund Butch leiht sich einen alten VW-Bus von seinem Opa. Sie fahren nachmittags hin, übernachten in den Strandkörben und fahren am nächsten Vormittag zurück. Sie nehmen ein paar Brote mit und gucken sich den Sonnenuntergang an. Alles ganz harmlos. Aber meine Eltern würden das nie erlauben, ich brauche gar nicht zu fragen. Ich werde ihm morgen sagen, dass ich gefragt habe und nicht mitdarf.
[ 5]»Dann fragt er bestimmt eine andere«, wendet Sandra ein.
[ 5]»Soll er doch, wenn er das will. Ich hab' doch keine Wahl!«
[ 5]»Man hat immer eine Wahl. Du könntest sagen, dass du bei mir übernachtest.«
[ 5]Sabrina ist fassungslos: »Ich soll meine Eltern anlügen und heimlich mitfahren???« In ihrem Kopf überschlagen sich die Gedanken: Einerseits scheint die Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches so nah, andererseits hat sie ihre Eltern noch nie angelogen, jedenfalls nicht in so einer großen Sache. Aber wenn sie mitfahren könnte, mit ihm zusammen sein könnte, eine Nacht unbeschwert und glücklich sein, wäre das nicht jede Strafe wert?
[ 5]Sandra hat schon konkrete Pläne: »So eine Chance bekommst du nicht zweimal. Es ist nicht ohne Risiko, auch für mich, aber wenn du bei den Reitstunden mitmachst, dann werde ich diese Sache für dich deichseln. Ich komme mit zu dir und frage, dann schöpft deine Mutter keinen Verdacht.«
[ 5]In dem Moment erklingt der Gong zur nächsten Stunde und Sabrina kann sich mit der Antwort noch Zeit lassen.
 

FrankK

Mitglied
Hallo, Xavia
In zwei Szenen quält sich Sabrina erst durch den Schultag und schließlich mit einer Einladung herum.
Der Übergang vom vorherigen Kapitel ist Sprunghaft, es bleibt zunächst eine Lücke, in der der Leser nicht erfährt, was Frank am Fahrradständer von ihr gewollt hat. Diese Aufklärung folgt in der zweiten Szene, als sich Sabrina mit ihrer Freundin beratschlagt.

Erzählperspektive:
Fast perfekt „personal auktorial“, Bezugsperson wieder Sabrina, diesmal interagierend mit dem Lehrer und ihrer Freundin Sandra.

Figuren:
Sehr überschaubar, neu hinzugekommen ist nur der Lehrer Herr Doktor Habermaß.

Sprache:
Angemessen, die abgehackte Form des Lehrers wirkt sehr nervtötend aber passend für einen „Quälgeist“.

Spannungsbogen:
Durch den vermeintlichen Cliffhanger aus dem vorigen Kapitel, der in der zweiten Szene aufgelöst wird, entstand ein leichter Spannungsbogen, der durch die Ungewissheit, ob Sabrina der Einladung folgen wird, aufrechterhalten bleibt.

Szenendetails:
+ Szene 1: Geometrieunterricht
Hier habe ich fast das Gefühl, der Leser wird mit voller Absicht auf die Folter gespannt, um den Cliffhanger so lange wie möglich zu nutzen. Allerdings dient diese Szene auch der Darstellung der besonderen Verbundenheit zwischen Sabrina und Sandra.

+ Szene 2: Beratung
Sabrina erzählt ihrer Freundin, was Frank von ihr wollte. Dies erfolgt in einer Rückblende, die Du auf jeden Fall bezüglich der Zeitform noch einmal unter die Lupe nehmen solltest.
Die nachfolgende Besprechung der Möglichkeit, wie Sabrina an diesem Ausflug teilnehmen könnte, habe ich einfach der Szene zugeschlagen, weil sich alles innerhalb eines relativ kurzen Zeitrahmens abspielt und keine besonderen Situationsänderungen eintraten.
Die Erzählperspektive gerät erst ganz am Schluss einmal ins wanken, als Du:
Sandra hat schon konkrete Pläne: »So eine Chance bekommst du nicht zweimal. Es ist nicht ohne Risiko, auch für mich, aber wenn du bei den Reitstunden mitmachst, dann werde ich diese Sache für dich deichseln. Ich komme mit zu dir und frage, dann schöpft deine Mutter keinen Verdacht.«
Dies ist aus der Innenansicht von Sandra geschildert.

Allgemeines:
Dies ist faktisch das Kapitel für Sabrinas Charakter-Bildnis. Hier werden ihre Zurückhaltung und Unsicherheit deutlich offenbart.

Erbsenzählerei:

Geometrie! Wer braucht denn [blue]sowas[/blue]? Und wofür[red]??[/red]
Duden behauptet hartnäckig: „so was“
Mehrfache Fragezeichen (oder später auch Ausrufezeichen) sind nicht notwendig, um eine gewisse „Eindringlichkeit“ zu unterstreichen. Diese sollte viel eher aus dem Kontext hervorgehen. In etwa so, wie es hier bereits funktioniert.
Ich werde diese Positionen später nur noch kennzeichnen.

»Sabrina, wie berechnet man [red]den[/red] Umfang eines Zylinders?«
Hier fehlte ein Wörtchen.

Frank hat mit ihr gesprochen! Sie sind ein Stück zusammen gegangen, haben auf einer Bank gesessen, er hat ihr erzählt, dass es aus ist mit Jasmin und dann hat er sie gefragt, ob sie am Samstag mit nach Dangast fahren will. Er [blue]sagte[/blue] nicht, wieso es aus ist mit Jasmin und es ist ihr egal. Es ist ihr auch egal, dass er jetzt wahrscheinlich schnell einen Ersatz braucht für die Tour, die wohl schon vor dem Bruch mit Jasmin geplant war. Was zählt ist, dass er sie gefragt hat!
Wie oben bereits erwähnt, solltest Du dir in dieser Passage noch einmal ganz genau die verwendeten Zeiten ansehen.

»Ja, natürlich! – Nein, ich weiß nicht [red]….[/red] Was soll ich nur tun? Meine Eltern [red]….[/red]«
Drei Punkte als Auslassungs- oder Pause-Zeichen. Am Ende eines Satzes folgt auf die drei Punkte zwar noch ein Ausrufe- oder Fragezeichen, aber kein Punkt mehr.

Ich werde ihm morgen sagen, dass ich gefragt habe und nicht [blue]mitdarf[/blue].
Duden behauptet hartnäckig: „mit darf“

»Ich soll meine Eltern anlügen und heimlich mitfahren[red]???[/red]«
Mehrfache Satzzeichen.

Auch Sandra [blue]ist skeptisch[/blue]: »Eine ganze ... «
...
Sandra [blue]hat schon konkrete[/blue] Pläne ...
Hier schauen wir in Sandras Kopf, dies ist eine Verletzung der Erzählperspektive. Das erste ließe sich leicht anpassen: Auch Sandra wirkte skeptisch ...
Zur Verdeutlichung der zweiten Aussage sollte es eher aus Sabrinas Blickwinkel erfolgen.
Sabrina schaut ihre Freundin überrascht an, diese schien sich schon einen konkreten Schlachtplan zurecht gelegt zu haben. Gespannt hört sie Sandra zu ...


Grüßend
Frank
 

xavia

Mitglied
2. List

Geometrie! Wer braucht denn das? Und wofür? – Ihr Lehrer, Herr Doktor Habermaß, der hat Augen wie ein Luchs und Ohren wie eine Fledermaus. Sabrina muss grinsen, weil seine Ohren tatsächlich ziemlich abstehen. Sofort hat er sie im Visier:
[ 5]»Sabrina, wie berechnet man den Umfang eines Zylinders?«
[ 5]»Jaaa, also das geht sooo …:« versucht sie, errötend, Zeit zu gewinnen,
» U = ? · d «, liest sie von dem Formelzettel ab, den Sandra ihr herüberschiebt.
[ 5]»Und was sind d und ?
[ 5]»Ähh … d ist der Durchmesser und ? , ähh …« Fieberhaft überlegt sie: »Wie hieß das noch, dieses Dreikomma-eins-vier-Ding?«
[ 5]»Na, so schwierig ist das doch nicht, das haben wir doch schon seit Wochen«, bohrt Doktor Habermaß erbarmungslos nach und wippt auf seinen Füßen, die Hände hinter dem zackig durchgedrückten Rücken.
[ 5]»Kreiszahl«, flüstert Sandra ihr zu.
[ 5]Sabrina braucht es nicht zu wiederholen, der Habermaß hat es auch gehört und nun ist ihre Freundin sein neues Opfer: »Na, das ist ja schön, dass du dich auskennst, Sandra. Dann erzähl' uns doch mal, wie das Volumen einer Halbkugel berechnet wird, damit wir an deinem Wissen teilhaben können.«
[ 5]Natürlich ist es kein Problem, die Formel für das Kugelvolumen durch zwei zu teilen, aber die Art der Frage sorgt dafür, dass Sandra die Nerven verliert: Eine Halbkugel kommt auf dem Formelzettel nicht vor! – Habermaß schenkt ihr ein mitleidiges Lächeln wendet sich Carsten zu, einem der wenigen, die sich nicht gemeldet haben.
[ 5]So geht das ›Verhör‹ weiter und weiter, bis sie endlich Aufgaben rechnen dürfen und damit den Angriffen des Lehrers für ein paar Minuten entkommen. Sabrina hat die Aufgaben schnell erledigt, kann sich kaum auf dem Sitz halten, so aufgeregt ist sie, ihrer Freundin die sensationelle Neuigkeit zu berichten: Frank hat mit ihr gesprochen! Sie sind ein Stück zusammen gegangen, haben auf einer Bank gesessen, er hat ihr erzählt, dass es aus ist mit Jasmin und dann hat er sie gefragt, ob sie am Samstag mit nach Dangast fahren will. Er hat nicht gesagt, wer Schluss gemacht hat und warum und es ist ihr egal. Es ist ihr auch egal, dass er jetzt wahrscheinlich schnell einen Ersatz braucht für die Tour, die wohl schon vor dem Bruch mit Jasmin geplant gewesen ist. Was zählt ist, dass er sie gefragt hat!
[ 5]Als die Stunde endlich vorbei ist, platzt sie noch im Klassenzimmer damit heraus und all ihre Begeisterung überschwemmt die Freundin, die eigentlich ein Dankeschön für den Vorsage-Versuch oder Mitgefühl für die Situation erwartet hat, in die sie dadurch geraten ist. Sandra ist allerdings eine gutmütige Person, die man nicht so leicht verärgern kann.
[ 5]»Und was hast du geantwortet?« fragt sie gespannt, als sie von der Einladung zur Dangast-Tour hört.
[ 5]»Na ja, dass ich es nicht weiß, dass ich darüber nachdenken muss. Dass ich zu Hause fragen muss.«
[ 5]»Willst du denn mit?«
[ 5]»Ja, natürlich! – Nein, ich weiß nicht … Was soll ich nur tun? Meine Eltern …«
[ 5]Auch Sandra wirkt skeptisch: »Eine ganze Nacht? Was haben die denn da vor? Alkohol? Drogen? Sex?«
[ 5]»Nein, der Frank, der ist in Ordnung, der hat nichts mit Drogen im Sinn, der raucht ja nicht mal. Sein Freund Butch leiht sich einen alten VW-Bus von seinem Opa. Sie fahren nachmittags hin, übernachten in den Strandkörben und fahren am nächsten Vormittag zurück. Sie nehmen ein paar Brote mit und gucken sich den Sonnenuntergang an. Alles ganz harmlos. Aber meine Eltern würden das nie erlauben, ich brauche gar nicht zu fragen. Ich werde ihm morgen sagen, dass ich gefragt habe und nicht mitdarf.
[ 5]»Dann fragt er bestimmt eine andere«, wendet Sandra ein.
[ 5]»Soll er doch, wenn er das will. Ich hab' doch keine Wahl!«
[ 5]»Man hat immer eine Wahl. Du könntest sagen, dass du bei mir übernachtest.«
[ 5]Sabrina ist fassungslos: »Ich soll meine Eltern anlügen und heimlich mitfahren?« In ihrem Kopf überschlagen sich die Gedanken: Einerseits scheint die Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches so nah, andererseits hat sie ihre Eltern noch nie angelogen, jedenfalls nicht in so einer großen Sache. – Aber wenn sie mitfahren könnte, mit ihm zusammen sein könnte, eine Nacht unbeschwert und glücklich sein, wäre das nicht jede Strafe wert? -- Ob ihre Freundin, wie so oft, schon einen konkreten Plan im Kopf hat? Mit gemischten Gefühlen hört sie Sandras Angebot:
[ 5]»So eine Chance bekommst du nicht zweimal. Es ist nicht ohne Risiko, auch für mich, aber wenn du bei den Reitstunden mitmachst, dann werde ich diese Sache für dich deichseln. Ich komme mit zu dir und frage, dann schöpft deine Mutter keinen Verdacht.«
[ 5]In dem Moment erklingt der Gong zur nächsten Stunde und Sabrina, die sich von ihrer energischen Freundin ein wenig überfahren fühlt, kann sich mit der Antwort noch Zeit lassen.
 

xavia

Mitglied
Hallo Frank,

mit den Zeiten tu ich mich schwer, habe versucht, die Rückblende zu korrigieren. Hoffentlich ist es mir gelungen. Da das Kapitel in der Gegenwart geschrieben ist, muss alles Vergangene im Perfekt stehen, es sei denn, es ist in der Vergangenheit schon fertig, dann ist es Plusquamperfekt. Und wenn es keine Wirkung auf die Gegenwart hat, dann Präteritum. Puh.

Im Online-Duden habe ich »mitdürfen« zusammen geschrieben gefunden.

Ansonsten habe ich versucht, alles so anzupassen, wie du vorgeschlagen hast. Insbesondere die Erzählperspektive. Das ist noch recht neu für mich (Eisblume sei Dank!) und manchmal passieren mir solche Patzer.

Dankend und grüßend
Xavia.
 



 
Oben Unten