15 (Kriminalnovelle) - 5. Mütter

xavia

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5. Mütter

Petra mag ihren Namen nicht. Er bedeutet ›Fels‹ und sie wollte nie ein Fels sein. Sie will leicht sein und weiblich. Eine Frau sollte keinen Namen haben, der sie so stabil macht. Petra hat keine Gewichtsprobleme, das nicht. Aber sie würde lieber Jennifer heißen oder Jessika, oder wenigstens Celine.
[ 5]Sie lebt in einem behüteten Elternhaus, wie man so schön sagt, um Reglementierungen und Bevormundung zu beschönigen. Beide Elternteile sind extrem besorgt um ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit: Sie darf nie länger wegbleiben als bis 22 Uhr, wenn überhaupt. Wenn es einmal drei Minuten später wird, sind bereits beide unterwegs um sie zu suchen und sobald sie sie gefunden haben machen sie ihr schlimme Vorwürfe. – Ob die wohl nie jung gewesen sind, nie ihren Spaß gehabt haben?
[ 5]Aber das ist noch nicht das Schlimmste: Sie hat zwei Mütter! Ein eifersüchtiger Vater könnte nicht lästiger sein als diese beiden Mütter: Sie darf ihre Haare nicht wachsen lassen. Sie darf keine schicken Klamotten anziehen. Sie bekommt nur 3 € Taschengeld im Monat. Die beiden sagen, sie würden doch für alles sorgen, was sie brauchte und wenn sie mal mit einer Freundin ins Kino gehen wollte, … – Freundin, ha! Wer will sich denn mit so einem Sonderling abgeben, für den auf den Elternsprechtagen immer zwei Mütter erscheinen, die bereitwillig Funktionen übernehmen, damit auch wirklich jeder mitbekommt, dass sie eine lesbische Beziehung pflegen?
[ 5]Über ihren Vater hat Petra bisher nichts herausfinden können. In ihrer Geburtsurkunde steht ›unbekannt‹ und ihre leibliche Mutter weigert sich, mehr dazu zu sagen. Ob ihre andere Mutter etwas weiß, ist unklar. Auf jeden Fall schweigt die ebenso verbissen wie die andere, weicht ihren Fragen aus, sagt nicht einmal, ob sie etwas weiß. Die beiden sind sich anscheinend einig, dass Männer keinerlei Erwähnung wert sind außer, dass Petra sich vor ihnen in Acht nehmen muss, weil sie hinterlistig sind.
[ 5]Zum Zwecke des ausdrücklichen In-Acht-Nehmens musste sie Jiu Jitsu lernen. Sie betreibt es mit nur mäßiger Begeisterung, hätte lieber Ballettstunden haben wollen, aber immerhin kommt sie beim Training unter Menschen, die sie nicht seltsam finden. Die Anzüge dort sehen alle gleich aus, das Ansehen richtet sich nach dem Ky? und Petra hat bereits den braunen Gürtel erworben, der den höchsten Schülergrad kennzeichnet. Dennoch sehnt sie den Tag herbei, an dem sie ihre eigenen Entscheidungen treffen und eine richtige Frau werden kann, mit langen Haaren, Make-up, lackierten Fingernägeln und Stöckelschuhen. Ihre Zeit wird kommen, das weiß sie.
[ 5]Die Einzige, mit der sie manchmal reden kann und so etwas wie Nähe empfindet, ist Frauke, ein sanftes und übergewichtiges Mädchen. Frauke hat immer ein offenes Ohr für Probleme, versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. Im Grunde ist es unmöglich, Petras Situation zu verstehen, denn dafür müsste man Vergleichbares erlebt haben. Fraukes Mutter ist früh gestorben, ihr Vater ist Busfahrer. Zu sehr umsorgt zu sein ist wahrhaftig nie Fraukes Problem gewesen. Sie war schon früh ein ›Schlüsselkind‹ und hat oft eine sturmfreie Bude, im dritten Stock eines großen Mehrfamilienhauses. Wenn ihr Vater Nachtdienst hat, muss sie tagsüber sehr leise sein. Wenn er nicht da ist, kann sie tun und lassen was sie will, Hauptsache, es gibt etwas im Kühlschrank, das er nach Dienstschluss in die Mikrowelle schieben kann. Da Frauke selbst gern isst, fällt es ihr leicht, dafür zu sorgen.
[ 5]Ebenso wie Petra ist auch Frauke manchmal das Opfer von Spott in der Schule. Aber anders als Petra kann sich die gutmütige Frauke nicht dagegen wehren und so hat Petra schon manchmal eingegriffen, wenn es wieder einmal gegen Frauke ging. Sie selbst hat so viel Wut in ihrem Inneren gesammelt, dass sie manchmal platzen könnte und schreckt nicht davor zurück, handgreiflich zu werden. Mit den meisten Jungs und mit allen Mädchen kann sie es aufnehmen und die Anderen wissen das, haben Angst vor ihr. Sie würden es nicht wagen, in ihrem Beisein über ihre zwei Mütter zu spotten. Aber sie laden sie auch nicht zu ihren Partys ein, auf denen die Jungs mit Frauke ›rummachen‹, wenn der Abend fortgeschritten ist. Dieselben Jungs, die dann am nächsten Morgen in der Schule über sie lästern.
 

FrankK

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Hallo, Xavia
In zwei Szenen erfolgt hier die Einleitung in das zweite Kapitel.

Erzählperspektive:
Konstant „personal auktorial“, die Bezugsperson wechselt nun auf Petra.

Figuren:
Überschaubare Anzahl.
  • Petra – Sabrinas Tochter, 15 Jahre, hellblaue Augen
  • Zwei Mütter – nur als Mütter benannt, die leibliche Mutter wird namentlich gar nicht erwähnt, die andere (Lebensgefährtin) wird es später benannt.
  • Frauke – Petras Freundin, lebenslustig, selbstständig und leicht übergewichtig.

Sprache:
Passender, jugendlicher Stil.
Die Erzählersprache entgleitet Dir hier etwas, sie wirkt recht knapp und eher im Berichtston statt im Erzählton.

Spannungsbogen:
Es beginnt eine neue Erzählstrecke, der Spannungsbogen ist recht flach und niedrig, obgleich die Erwartungshaltung der Leser noch relativ groß ist.

Szenendetails:
+ Szene 1: Grundstimmung
In einem kurzen Abriss wird die familiäre Situation geschildert, Petras Lebensumstände und ihre Unzufriedenheit damit aufgedeckt.

+ Szene 2: Lichtblick
Ebenfalls nur eine kurze aber intensive Charakterbeschreibung der Freundin, Frauke.

Allgemeines:
Konstruktiv hast Du hier die Möglichkeit verpasst, in einer sympathischen Geschichte / Anekdote diese Figuren darzustellen.

Erbsenzählerei:
Wieder nicht viel. ;)
In ihrer Geburtsurkunde steht ›unbekannt‹ und ihre leibliche Mutter weigert sich, mehr dazu zu sagen. [blue]Ob ihre andere Mutter etwas weiß, ist unklar. [strike]Auf jeden Fall schweigt die ebenso verbissen wie die andere, weicht ihren Fragen aus, sagt nicht einmal, ob sie etwas weiß.[/strike][/blue]
Irgendwie ist diese Aussage nicht nur doppelt, sondern nahezu schon dreifach. Die Hälfte ließe sich – ohne Verlust – einfach streichen.

... das Ansehen richtet sich nach dem Ky? und Petra hat bereits den braunen Gürtel erworben ...
Nicht jeder ist mit den Abstufungen innerhalb der Kampfkunst vertraut. Du solltest vielleicht mit einflechten, um welche (weit fortgeschrittene) Rangstufe es sich handelt. Frauke könnte sie in einem Gespräch danach fragen ...


Grüßend
Frank
 

xavia

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5. Mütter

Petra mag ihren Namen nicht. Er bedeutet ›Fels‹ und sie wollte nie ein Fels sein. Sie will leicht sein und weiblich. Eine Frau sollte keinen Namen haben, der sie so stabil macht. Petra hat keine Gewichtsprobleme, das nicht. Aber sie würde lieber Jennifer heißen oder Jessika, oder wenigstens Celine.
[ 5]Sie lebt in einem behüteten Elternhaus, wie man so schön sagt, um Reglementierungen und Bevormundung zu beschönigen. Beide Elternteile sind extrem besorgt um ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit: Sie darf nie länger wegbleiben als bis 22 Uhr, wenn überhaupt. Wenn es einmal drei Minuten später wird, sind bereits beide unterwegs um sie zu suchen und sobald sie sie gefunden haben machen sie ihr schlimme Vorwürfe. – Ob die wohl nie jung gewesen sind, nie ihren Spaß gehabt haben?
[ 5]Aber das ist noch nicht das Schlimmste: Sie hat zwei Mütter! Ein eifersüchtiger Vater könnte nicht lästiger sein als diese beiden Mütter: Sie darf ihre Haare nicht wachsen lassen. Sie darf keine schicken Klamotten anziehen. Sie bekommt nur 2 € Taschengeld in der Woche. Die beiden sagen, sie würden doch für alles sorgen, was sie brauchte und wenn sie mal mit einer Freundin ins Kino gehen wollte, … – Freundin, ha! Wer will sich denn mit so einem Sonderling abgeben, für den auf den Elternsprechtagen immer zwei Mütter erscheinen, die bereitwillig Funktionen übernehmen, damit auch wirklich jeder mitbekommt, dass sie eine lesbische Beziehung pflegen?
[ 5]Über ihren Vater hat Petra bisher nichts herausfinden können. In ihrer Geburtsurkunde steht ›unbekannt‹ und ihre leibliche Mutter weigert sich, mehr dazu zu sagen. Ob ihre andere Mutter etwas weiß, ist unklar. Die beiden sind sich anscheinend einig, dass Männer keinerlei Erwähnung wert sind außer, dass Petra sich vor ihnen in Acht nehmen muss, weil sie hinterlistig sind.
[ 5]Zum Zwecke des ausdrücklichen In-Acht-Nehmens musste sie Jiu Jitsu lernen. Sie betreibt es mit nur mäßiger Begeisterung, hätte lieber Ballettstunden haben wollen, aber immerhin kommt sie beim Training unter Menschen, die sie nicht seltsam finden. Die Anzüge dort sehen alle gleich aus, das Ansehen richtet sich nach dem Ky? und Petra hat bereits den braunen Gürtel erworben, der den höchsten Schülergrad kennzeichnet. Damit steht sie im Verein recht gut da. Dennoch sehnt sie den Tag herbei, an dem sie ihre eigenen Entscheidungen treffen und eine richtige Frau werden kann, mit langen Haaren, Make-up, lackierten Fingernägeln und Stöckelschuhen. Ihre Zeit wird kommen, das weiß sie.
[ 5]Die Einzige, mit der sie manchmal reden kann und so etwas wie Nähe empfindet, ist Frauke, ein sanftes und übergewichtiges Mädchen. Frauke hat immer ein offenes Ohr für Probleme, versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. Im Grunde ist es unmöglich, Petras Situation zu verstehen, denn dafür müsste man Vergleichbares erlebt haben. Fraukes Mutter ist früh gestorben, ihr Vater ist Busfahrer. Zu sehr umsorgt zu sein ist wahrhaftig nie Fraukes Problem gewesen. Sie war schon früh ein ›Schlüsselkind‹ und hat oft eine sturmfreie Bude, im dritten Stock eines großen Mehrfamilienhauses. Wenn ihr Vater Nachtdienst hat, muss sie tagsüber sehr leise sein. Wenn er nicht da ist, kann sie tun und lassen was sie will, Hauptsache, es gibt etwas im Kühlschrank, das er nach Dienstschluss in die Mikrowelle schieben kann. Da Frauke selbst gern isst, fällt es ihr leicht, dafür zu sorgen.
[ 5]Ebenso wie Petra ist auch Frauke manchmal das Opfer von Spott in der Schule. Aber anders als Petra kann sich die gutmütige Frauke nicht dagegen wehren und so hat Petra schon manchmal eingegriffen, wenn es wieder einmal gegen Frauke ging. Sie selbst hat so viel Wut in ihrem Inneren gesammelt, dass sie manchmal platzen könnte und schreckt nicht davor zurück, handgreiflich zu werden. Mit den meisten Jungs und mit allen Mädchen kann sie es aufnehmen und die Anderen wissen das, haben Angst vor ihr. Sie würden es nicht wagen, in ihrem Beisein über ihre zwei Mütter zu spotten. Aber sie laden sie auch nicht zu ihren Partys ein, auf denen die Jungs mit Frauke ›rummachen‹, wenn der Abend fortgeschritten ist. Dieselben Jungs, die dann am nächsten Morgen in der Schule über sie lästern.
 

xavia

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Hallo Frank,

für eine Geschichte oder Anekdote finde ich in diesem Kapitel keinen Raum, es wird ja berichtet, es passiert aktuell nichts. Die Personen lernen wir im nächsten Kapitel dann besser kennen.

Was den Grad beim Jiu Jitsu angeht, setze ich nichts voraus. Wenn da steht, dass sie viel erreicht hat, reicht das doch, oder? Mit Frauke hat Sabrina andere Themen als ihren Sport, da kann ich das schlecht unterbringen. Und wenn sie nach der Prüfung nach Hause käme und eine ihrer Mütter darüber informierte, bekäme das so viel Gewicht, ohne weiter gebraucht zu werden.

Den Doppelmoppel habe ich wie gewünscht gestrichen.

Grüßend und dankend
Xavia.
 

FrankK

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Halt! Stop!
Liebe Xavia,
ich hab dich zu lange "wurschteln" lassen, da wäre doch glatt etwas vergebliche Arbeitsmühe gewesen.

Ich glaube, wir haben uns gründlich missverstanden.
In meinem Kommentar hatte ich angemerkt:
Sprache:
Passender, jugendlicher Stil.
[blue]Die Erzählersprache entgleitet Dir hier etwas, sie wirkt recht knapp und eher im Berichtston[/blue] statt im Erzählton.
...
Allgemeines:
Konstruktiv hast Du hier die Möglichkeit verpasst, in einer [blue]sympathischen Geschichte / Anekdote diese Figuren darzustellen[/blue].
Dies Anmerkungen sollten eigentlich auf das gleiche hinauslaufen.

Hallo Frank,

für eine [blue]Geschichte oder Anekdote finde ich in diesem Kapitel keinen Raum[/blue], es wird ja berichtet, es passiert aktuell nichts.
Wir befinden uns doch innerhalb einer Geschichte, hier hast du, anstatt die Geschichte weiter zu erzählen, eher einen Bericht eingefügt.

In diesem Abschnitt (sowie in "6. List") ist die Erzählsprache so knapp gehalten, dass die Abschnitte eher einem Bericht gleichen als einer (erzählten) Geschichte.
In "1. Frank" ist dir der Erzählton vergleichsweise sehr gut gelungen, ebenso in "9. Erziehung". In diesen (und den dazugehörigen Abschnitten) bin ich als Leser sehr nah an deiner Figur.
Hier hast du Distanz geschaffen, es wirkt fast, als würde mir der Erzähler ein Bild von Petra zeigen und mir lediglich von ihr berichten.
Was macht Petra gerade, steht sie vor einem Spiegel, betrachtet sich kritisch? In welcher Situation steckt sie, während sie über sich nachdenkt? Aus welchem Anlass schwenken ihre Gedanken von den Müttern zu Frauke?

Petra steht vor dem mannshohen Spiegel in ihrem Zimmer. Kritisch betrachtet sie sich. "Petra!", wirft sie ihrem Spiegelbild entgegen, und dann noch: "Fels in der Brandung!"
Ihr Spiegelbild erwidert ihren Blick, ebenso gelangweilt und genervt. Nein, sie mag ihren Namen nicht. Sie wollte nie ein Fels sein, sie wollte leicht sein, lebendig und - weiblich.
Die einfache Kleidung und die kurzen Haare, auf die ihre Mütter bestanden, waren für Petra viel zu Knabenhaft.


Nur mal so, spontan, als Beispiel, wie der Unterschied aussehen könnte. Ich hoffe, du verstehst jetzt besser, was ich meinte.


Noch ein Fehlerteufelchen, ist mir beim letzten Mal durchgeschlüpft:
Du liegst im Erzählrahmen um 1998, kurz vor der Einführung des Euro, sie dürfte also etwa "[blue]4 Mark[/blue] Taschengeld" bekommen.


Herzliche Grüße
Frank
 

xavia

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5. Mütter

Petra mag ihren Namen nicht. Er bedeutet ›Fels‹ und sie wollte nie ein Fels sein. Sie will leicht sein und weiblich. Eine Frau sollte keinen Namen haben, der sie so stabil macht. Petra hat keine Gewichtsprobleme, das nicht. Aber sie würde lieber Jennifer heißen oder Jessika, oder wenigstens Celine.
[ 5]Sie lebt in einem behüteten Elternhaus, wie man so schön sagt, um Reglementierungen und Bevormundung zu beschönigen. Beide Elternteile sind extrem besorgt um ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit: Sie darf nie länger wegbleiben als bis 22 Uhr, wenn überhaupt. Wenn es einmal drei Minuten später wird, sind bereits beide unterwegs um sie zu suchen und sobald sie sie gefunden haben machen sie ihr schlimme Vorwürfe. – Ob die wohl nie jung gewesen sind, nie ihren Spaß gehabt haben?
[ 5]Aber das ist noch nicht das Schlimmste: Sie hat zwei Mütter! Ein eifersüchtiger Vater könnte nicht lästiger sein als diese beiden Mütter: Sie darf ihre Haare nicht wachsen lassen. Sie darf keine schicken Klamotten anziehen. Sie bekommt nur 2 DM Taschengeld in der Woche. Die beiden sagen, sie würden doch für alles sorgen, was sie brauchte und wenn sie mal mit einer Freundin ins Kino gehen wollte, … – Freundin, ha! Wer will sich denn mit so einem Sonderling abgeben, für den auf den Elternsprechtagen immer zwei Mütter erscheinen, die bereitwillig Funktionen übernehmen, damit auch wirklich jeder mitbekommt, dass sie eine lesbische Beziehung pflegen?
[ 5]Über ihren Vater hat Petra bisher nichts herausfinden können. In ihrer Geburtsurkunde steht ›unbekannt‹ und ihre leibliche Mutter weigert sich, mehr dazu zu sagen. Ob ihre andere Mutter etwas weiß, ist unklar. Die beiden sind sich anscheinend einig, dass Männer keinerlei Erwähnung wert sind außer, dass Petra sich vor ihnen in Acht nehmen muss, weil sie hinterlistig sind.
[ 5]Zum Zwecke des ausdrücklichen In-Acht-Nehmens musste sie Jiu Jitsu lernen. Sie betreibt es mit nur mäßiger Begeisterung, hätte lieber Ballettstunden haben wollen, aber immerhin kommt sie beim Training unter Menschen, die sie nicht seltsam finden. Die Anzüge dort sehen alle gleich aus, das Ansehen richtet sich nach dem Ky? und Petra hat bereits den braunen Gürtel erworben, der den höchsten Schülergrad kennzeichnet. Damit steht sie im Verein recht gut da. Dennoch sehnt sie den Tag herbei, an dem sie ihre eigenen Entscheidungen treffen und eine richtige Frau werden kann, mit langen Haaren, Make-up, lackierten Fingernägeln und Stöckelschuhen. Ihre Zeit wird kommen, das weiß sie.
[ 5]Die Einzige, mit der sie manchmal reden kann und so etwas wie Nähe empfindet, ist Frauke, ein sanftes und übergewichtiges Mädchen. Frauke hat immer ein offenes Ohr für Probleme, versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. Im Grunde ist es unmöglich, Petras Situation zu verstehen, denn dafür müsste man Vergleichbares erlebt haben. Fraukes Mutter ist früh gestorben, ihr Vater ist Busfahrer. Zu sehr umsorgt zu sein ist wahrhaftig nie Fraukes Problem gewesen. Sie war schon früh ein ›Schlüsselkind‹ und hat oft eine sturmfreie Bude, im dritten Stock eines großen Mehrfamilienhauses. Wenn ihr Vater Nachtdienst hat, muss sie tagsüber sehr leise sein. Wenn er nicht da ist, kann sie tun und lassen was sie will, Hauptsache, es gibt etwas im Kühlschrank, das er nach Dienstschluss in die Mikrowelle schieben kann. Da Frauke selbst gern isst, fällt es ihr leicht, dafür zu sorgen.
[ 5]Ebenso wie Petra ist auch Frauke manchmal das Opfer von Spott in der Schule. Aber anders als Petra kann sich die gutmütige Frauke nicht dagegen wehren und so hat Petra schon manchmal eingegriffen, wenn es wieder einmal gegen Frauke ging. Sie selbst hat so viel Wut in ihrem Inneren gesammelt, dass sie manchmal platzen könnte und schreckt nicht davor zurück, handgreiflich zu werden. Mit den meisten Jungs und mit allen Mädchen kann sie es aufnehmen und die Anderen wissen das, haben Angst vor ihr. Sie würden es nicht wagen, in ihrem Beisein über ihre zwei Mütter zu spotten. Aber sie laden sie auch nicht zu ihren Partys ein, auf denen die Jungs mit Frauke ›rummachen‹, wenn der Abend fortgeschritten ist. Dieselben Jungs, die dann am nächsten Morgen in der Schule über sie lästern.
 

xavia

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Hallo Frank,

ich werde es versuchen. Ein erster Versuch, das Kapitel durch ein Gespräch der Mütter zu ersetzen, ist gescheitert. Eine weitere Spiegel-Szene (ich habe ja schon eine mit Sabrina) möchte ich auch nicht haben, aber mir wird schon etwas einfallen.

Dankend und grüßend,
Xavia.
 

xavia

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5. Mütter


Böse starrt Petra auf das Blatt Papier, das vor ihr auf dem Schreibtisch liegt. Das bin ich steht darauf, ihr Aufsatzthema. Auf dem Boden liegen diverse zerknüllte Bögen. Das hat meine Mutter aus mir gemacht sollte da stehen, aber dann würde am Montag in der Schule das Urteil lauten: ›Thema verfehlt‹. Es fängt schon mit dem Namen an. Sie hasst ihn. Er bedeutet ›Fels‹ und sie wollte nie ein Fels sein. Sie will leicht sein und weiblich. Eine Frau sollte keinen Namen haben, der sie so stabil macht. Petra hat keine Gewichtsprobleme, das nicht. Aber sie würde lieber Jennifer heißen oder Jessika, oder wenigstens Celine. Das kann sie nicht aufschreiben, das Gelächter wäre unerträglich.

Ich lebe in einem behüteten Elternhaus, wie man so schön sagt, um Reglementierungen und Bevormundung zu beschönigen. Beide Elternteile sind extrem besorgt um mein Wohlergehen und meine Sicherheit: Ich darf nie länger wegbleiben als bis 22 Uhr, wenn überhaupt. Wenn es einmal drei Minuten später wird, sind bereits beide unterwegs um mich zu suchen und sobald sie mich gefunden haben machen sie mir schlimme Vorwürfe. – Ob die wohl nie jung gewesen sind, nie ihren Spaß gehabt haben?
[ 5]Aber das ist noch nicht das Schlimmste: Ich habe zwei Mütter! Ein eifersüchtiger Vater könnte nicht lästiger sein als diese beiden Mütter: Ich darf meine Haare nicht wachsen lassen. Ich darf keine schicken Klamotten anziehen. Ich bekommt nur 2 DM Taschengeld in der Woche. Die beiden sagen, sie würden doch für alles sorgen, was ich brauche und wenn ich mal mit einer Freundin ins Kino gehen will, … – Freundin, ha! Wer will sich denn mit so einem Sonderling abgeben, für den auf den Elternsprechtagen immer zwei Mütter erscheinen, die bereitwillig Funktionen übernehmen, damit auch wirklich jeder mitbekommt, dass sie eine lesbische Beziehung pflegen?


Wieder ist es mit ihr durchgegangen, sie zerknüllt den wütend vollgeschriebenen Zettel und nimmt sich einen neuen, auf den sie schreibt: Das bin ich.

Meine Mutter lebt in einer lesbischen Beziehung mit Carola. Sie legt großen Wert darauf, dass diese Tatsache respektiert wird. Wer mein Vater ist, weiß ich nicht. In meiner Geburtsurkunde steht ›unbekannt‹ und meine leibliche Mutter weigert sich, mehr dazu zu sagen. Ob meine andere Mutter etwas weiß, ist unklar. Die beiden sind sich anscheinend einig, dass Männer keinerlei Erwähnung wert sind außer, dass man sich vor ihnen in Acht nehmen muss, weil sie hinterlistig sind.
[ 5]Zum Zwecke des ausdrücklichen In-Acht-Nehmens musste ich Jiu Jitsu lernen, was ich mit mäßiger Begeisterung und großem Erfolg betreibe. Ich hätte lieber Ballettstunden haben wollen, aber immerhin komme ich beim Training unter Menschen, die mich nicht seltsam finden. Die Anzüge dort sehen alle gleich aus, das Ansehen richtet sich nach dem Ky? und ich habe bereits den braunen Gürtel erworben, der den höchsten Schülergrad kennzeichnet. Damit stehe ich im Verein recht gut da. Dennoch sehne ich mich danach, meine eigenen Entscheidungen treffen zu können und eine richtige Frau zu werden, mit langen Haaren, Make-up, lackierten Fingernägeln und Stöckelschuhen. Meine Zeit wird kommen, das weiß ich.


Ein weiteres zerknülltes Blatt landet auf dem Fußboden. Petra seufzt. Sie würde gerne mit jemandem reden. Sie denkt an Frauke, ihre Mitschülerin. Das ist die Einzige, mit der sie manchmal reden kann und so etwas wie Nähe empfindet. Frauke ist ein sanftes und übergewichtiges Mädchen. Frauke hat immer ein offenes Ohr für Probleme, versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. Im Grunde ist es unmöglich, Petras Situation zu verstehen, denn dafür müsste man Vergleichbares erlebt haben. Fraukes Mutter ist früh gestorben, ihr Vater ist Busfahrer. Zu sehr umsorgt zu sein ist wahrhaftig nie Fraukes Problem gewesen. Sie war schon früh ein ›Schlüsselkind‹ und hat oft eine sturmfreie Bude, im dritten Stock eines großen Mehrfamilienhauses. Wenn ihr Vater Nachtdienst hat, muss sie tagsüber sehr leise sein. Wenn er nicht da ist, kann sie tun und lassen was sie will, Hauptsache, es gibt etwas im Kühlschrank, das er nach Dienstschluss in die Mikrowelle schieben kann. Da Frauke selbst gern isst, fällt es ihr leicht, dafür zu sorgen.
[ 5]Ebenso wie Petra ist auch Frauke manchmal das Opfer von Spott in der Schule. Aber anders als Petra kann sich die gutmütige Frauke nicht dagegen wehren und so hat Petra schon manchmal eingegriffen, wenn es wieder einmal gegen Frauke ging. Sie selbst hat so viel Wut in ihrem Inneren gesammelt, dass sie manchmal platzen könnte und schreckt nicht davor zurück, handgreiflich zu werden. Mit den meisten Jungs und mit allen Mädchen kann sie es aufnehmen und die Anderen wissen das, haben Angst vor ihr. Sie würden es nicht wagen, in ihrem Beisein über ihre zwei Mütter zu spotten. Aber sie laden sie auch nicht zu ihren Partys ein, auf denen die Jungs mit Frauke ›rummachen‹, wenn der Abend fortgeschritten ist. Dieselben Jungs, die dann am nächsten Morgen in der Schule über sie lästern.

Der Aufsatz wird bis morgen warten müssen.
 

FrankK

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Hallo Xavia
Ah, ein Schulaufsatz.

Keine schlechte Idee.


Feinschliff:
Wieder ist es mit ihr durchgegangen, sie [blue]zerknüllt den wütend vollgeschriebenen Zettel[/blue] und nimmt sich einen neuen, auf den sie schreibt:
Hmm, sollte sich das "wütend" nicht eher auf "zerknüllt" beziehen?

Sie denkt an Frauke, ihre Mitschülerin. Das ist die Einzige, mit der sie manchmal reden kann und so etwas wie Nähe empfindet. [blue]Frauke ist[/blue] ein sanftes und übergewichtiges Mädchen. [blue]Frauke hat[/blue] immer ein offenes Ohr für Probleme, versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. [strike]Im Grunde ist es unmöglich, Petras Situation zu verstehen, denn dafür müsste man Vergleichbares erlebt haben.[/strike] [blue]Fraukes Mutter[/blue] ist früh gestorben, ihr Vater ist Busfahrer.
Hier wäre es schön, die Häufung der Fraukes zu reduzieren:
Frauke ist ein sanftes und übergewichtiges Mädchen, hat immer ein offenes Ohr für Probleme, versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. (Schon mal eine weniger ... ;) )
Die Sache mit Petras Situation würde ich hier nicht noch einmal aufgreifen, das ist faktisch eine Widerholung der beiden vorangegangenen Aufsätze, die "unmöglichkeit des Verstehens" wäre in einem der beiden Aufsätze besser untergebracht, denke ich.

Ebenso wie Petra ist auch Frauke [blue]manchmal[/blue] das Opfer von Spott in der Schule. Aber anders als Petra kann sich die gutmütige Frauke nicht dagegen wehren und so hat Petra schon [blue]manchmal[/blue] eingegriffen, wenn es wieder einmal gegen Frauke ging. Sie selbst hat so viel Wut in ihrem Inneren gesammelt, dass sie [blue]manchmal[/blue] platzen könnte und schreckt nicht davor zurück, handgreiflich zu werden.
Du erkennst das Problem? ;)

Mehr ist mir in der ersten Lesung nicht aufgefallen, hier könntest du noch etwas nachbessern.

Wirst du den nächsten Abschnitt auch noch etwas überarbeiten? Lebendiger gestalten?


Abendliche Grüße
Frank
 

xavia

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5. Mütter

Böse starrt Petra auf das Blatt Papier, das vor ihr auf dem Schreibtisch liegt. Das bin ich steht darauf, ihr Aufsatzthema. Auf dem Boden liegen diverse zerknüllte Bögen. Das hat meine Mutter aus mir gemacht sollte da stehen, aber dann würde am Montag in der Schule das Urteil lauten: ›Thema verfehlt‹. Es fängt schon mit dem Namen an. Sie hasst ihn. Er bedeutet ›Fels‹ und sie wollte nie ein Fels sein. Sie will leicht sein und weiblich. Eine Frau sollte keinen Namen haben, der sie so stabil macht. Petra hat keine Gewichtsprobleme, das nicht. Aber sie würde lieber Jennifer heißen oder Jessika, oder wenigstens Celine. Das kann sie nicht aufschreiben, das Gelächter wäre unerträglich.

Ich lebe in einem behüteten Elternhaus, wie man so schön sagt, um Reglementierungen und Bevormundung zu beschönigen. Beide Elternteile sind extrem besorgt um mein Wohlergehen und meine Sicherheit: Ich darf nie länger wegbleiben als bis 22 Uhr, wenn überhaupt. Wenn es einmal drei Minuten später wird, sind bereits beide unterwegs um mich zu suchen und sobald sie mich gefunden haben machen sie mir schlimme Vorwürfe. – Ob die wohl nie jung gewesen sind, nie ihren Spaß gehabt haben?
[ 5]Aber das ist noch nicht das Schlimmste: Ich habe zwei Mütter! Ein eifersüchtiger Vater könnte nicht lästiger sein als diese beiden Mütter: Ich darf meine Haare nicht wachsen lassen. Ich darf keine schicken Klamotten anziehen. Ich bekommt nur 2 DM Taschengeld in der Woche. Die beiden sagen, sie würden doch für alles sorgen, was ich brauche und wenn ich mal mit einer Freundin ins Kino gehen will, … – Freundin, ha! Wer will sich denn mit so einem Sonderling abgeben, für den auf den Elternsprechtagen immer zwei Mütter erscheinen, die bereitwillig Funktionen übernehmen, damit auch wirklich jeder mitbekommt, dass sie eine lesbische Beziehung pflegen?


Wieder ist es mit ihr durchgegangen, wütend zerknüllt sie den vollgeschriebenen Zettel und nimmt sich einen neuen, auf den sie schreibt: Das bin ich.

Meine Mutter lebt in einer lesbischen Beziehung mit Carola. Sie legt großen Wert darauf, dass diese Tatsache respektiert wird. Wer mein Vater ist, weiß ich nicht. In meiner Geburtsurkunde steht ›unbekannt‹ und meine leibliche Mutter weigert sich, mehr dazu zu sagen. Ob meine andere Mutter etwas weiß, ist unklar. Die beiden sind sich anscheinend einig, dass Männer keinerlei Erwähnung wert sind außer, dass man sich vor ihnen in Acht nehmen muss, weil sie hinterlistig sind.
[ 5]Zum Zwecke des ausdrücklichen In-Acht-Nehmens musste ich Jiu Jitsu lernen, was ich mit mäßiger Begeisterung und großem Erfolg betreibe. Ich hätte lieber Ballettstunden haben wollen, aber immerhin komme ich beim Training unter Menschen, die mich nicht seltsam finden. Die Anzüge dort sehen alle gleich aus, das Ansehen richtet sich nach dem Ky? und ich habe bereits den braunen Gürtel erworben, der den höchsten Schülergrad kennzeichnet. Damit stehe ich im Verein recht gut da. Dennoch sehne ich mich danach, meine eigenen Entscheidungen treffen zu können und eine richtige Frau zu werden, mit langen Haaren, Make-up, lackierten Fingernägeln und Stöckelschuhen. Meine Zeit wird kommen, das weiß ich.


Ein weiteres zerknülltes Blatt landet auf dem Fußboden. Petra seufzt. Sie würde gerne mit jemandem reden. Sie denkt an Frauke, ihre Mitschülerin. Das ist die Einzige, mit der sie manchmal reden kann und so etwas wie Nähe empfindet, ein sanftes und übergewichtiges Mädchen, das immer ein offenes Ohr für Probleme hat, sie versteht oder weiß zumindest den Eindruck zu erwecken. Im Grunde ist es unmöglich, Petras Situation zu verstehen, denn dafür müsste man Vergleichbares erlebt haben. Fraukes Mutter ist früh gestorben, ihr Vater ist Busfahrer. Zu sehr umsorgt zu sein ist wahrhaftig nie Fraukes Problem gewesen. Sie war schon früh ein ›Schlüsselkind‹ und hat oft eine sturmfreie Bude, im dritten Stock eines großen Mehrfamilienhauses. Wenn ihr Vater Nachtdienst hat, muss sie tagsüber sehr leise sein. Wenn er nicht da ist, kann sie tun und lassen was sie will, Hauptsache, es gibt etwas im Kühlschrank, das er nach Dienstschluss in die Mikrowelle schieben kann. Da Frauke selbst gern isst, fällt es ihr leicht, dafür zu sorgen.
[ 5]Ebenso wie Petra ist auch Frauke zuweilen das Opfer von Spott in der Schule. Aber anders als Petra kann sich die gutmütige Frauke nicht dagegen wehren und so hat Petra schon manchmal eingegriffen, wenn es wieder einmal gegen Frauke ging. Sie selbst hat so viel Wut in ihrem Inneren gesammelt, dass sie platzen könnte und schreckt nicht davor zurück, handgreiflich zu werden. Mit den meisten Jungs und mit allen Mädchen kann sie es aufnehmen und die Anderen wissen das, haben Angst vor ihr. Sie würden es nicht wagen, in ihrem Beisein über ihre zwei Mütter zu spotten. Aber sie laden sie auch nicht zu ihren Partys ein, auf denen die Jungs mit Frauke ›rummachen‹, wenn der Abend fortgeschritten ist. Dieselben Jungs, die dann am nächsten Morgen in der Schule über sie lästern.

Der Aufsatz wird bis morgen warten müssen.
 

xavia

Mitglied
Hallo Frank,

was habe ich für ein Glück, einen so aufmerksamen Leser zu haben! Ich hoffe, dass ich die Fehler zufriedenstellend korrigiert habe. Die Wiederholung des Nicht-Verstanden-Werdens finde ich wichtig, weil Jugendliche sich so oft nicht verstanden fühlen. Sie schreibt es und sie denkt es, es beschäftigt sie sehr.

Du hast den Abschnitt 6. schon mehrfach in puncto Unlebendigkeit erwähnt und ich habe ihn daraufhin mehrfach gelesen, sehe aber leider nicht, was du meinst. Kannst du mir auf die Sprünge helfen?

Dankend und grüßend
Xavia.
 



 
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